Sisters in Law

Dokumentarfilm | Großbritannien/Kamerun 2005 | 104 Minuten

Regie: Florence Ayisi

Eine Staatsanwältin und eine Richterin aus Kamerun setzen sich in ihrem Land für die Rechte von Frauen ein. Nüchtern und unsentimental im Stil des Direct Cinema begleitet der engagierte Dokumentarfilm mehrere Beispielfälle, an denen die beiden Juristinnen resolut und offensiv, ohne je verbittert zu wirken, arbeiten, und zeigt, wie die "Sisters in Law" gegen Missstände im Umgang mit Frauen vorgehen. Eine Einordnung der gezeigten Fälle in die allgemeine Situation des Landes wird dabei nicht geleistet; dafür vermitteln die geschilderten Erfolge im Kampf um mehr Frauenrechte klare optimistische Signale. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SISTERS IN LAW
Produktionsland
Großbritannien/Kamerun
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Vixen Film/Film Four
Regie
Florence Ayisi · Kim Longinotto
Kamera
Kim Longinotto
Musik
D'Gary
Schnitt
Oliver Huddleston
Länge
104 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Während in der westlichen Welt das Modell der „Sisterhood“, das den Feminismus der 1970er-Jahre wesentlich bestimmte, fast schon vergessen ist, erscheint es in patriarchalischen Gesellschaften umso aktueller. Angesichts von Geschlechterverhältnissen, die von Ungleichheit und Repression gekennzeichnet sind, ist die Vorstellung eines gemeinsamen „Wir“ sowie die Forderung nach Solidarität unter Frauen essenziell. Der kämpferische Impetus des Begriffs „Sisterhood“ bestimmt auch den Dokumentarfilm der britischen Regisseurinnen Florence Ayisi und Kim Longinotto. In Kumba, einem Dorf im Westen Kameruns, vertreten die beiden Protagonistinnen des Films, die Staatsanwältin Vera Ngassa und die Richterin Beatrice Ntaba, die Interessen von Frauen, die Opfer von Gewalttaten wurden, und unterstützen sie bei ihrem mühsamen Weg zur Selbstbestimmung. „Sisters in Law“ dokumentiert dabei über drei Monate hinweg drei Gerichtsfälle, von der Anklage bis hin zum Urteilsspruch. „We’ve been suffering in silence“, beschreiben die Frauen rückblickend ihre Situation des Ausgeliefertseins, die sie für Normalität hielten. Da ist zum einen Amina, eine muslimische Frau, die jahrelang von ihrem Ehemann körperlich misshandelt und sexuell missbraucht wurde. Jetzt verklagt sie ihn – unter dem islamischen Recht der Sharia im Grunde ein Ding der Unmöglichkeit. Aminas Fall soll traditionellerweise gar nicht den Weg vor ein Gericht finden, und so wird die Frau von den männlichen Familienmitgliedern unter Druck gesetzt, ihre Anklage zurückzuziehen und die Angelegenheit abseits der Öffentlichkeit zu regeln. Amina bleibt trotz des Widerstands der Familie beharrlich und fordert sogar die Scheidung. Am Schluss stellt ihr Schicksal einen Präzedenzfall dar, der Frauen in einer vergleichbaren Situation Mut machen wird. Denn zum ersten Mal seit 17 Jahren ist es überhaupt zu einer Verurteilung wegen Missbrauchs und Gewalt in der Ehe gekommen. In einem zweiten Fall geht es um Sunita, ein zehnjähriges Mädchen, das von einem Mann aus der Nachbarschaft vergewaltigt wurde. Als der Angeklagte, der dem Gericht eine erbärmliche Verteidigungsgeschichte auftischt, während der Verhandlung das junge Mädchen durch heftiges Gestikulieren einzuschüchtern versucht, platzt der Richterin auch mal der Kragen. Für einen kurzen Moment legt sie ihre amtliche Haltung ab: Wenn er nicht sofort damit aufhöre, würde sie ihn von ihren Leuten verprügeln lassen. Beatrice Ntaba und Vera Ngassa beeindrucken durch ihr Mitgefühl mit den Opfern und ihre klugen und spitzfindigen Befragungen. Sie sind resolut und offensiv, ohne je verbittert zu wirken. Im Gegenteil überraschen sie immer wieder durch ihren lakonischen Humor. Dass sie gewalttätigen Frauen mit ebensolcher Härte begegnen wie Männern, zeigt der Fall der sechsjährigen Manka. Sie wurde von ihrer Tante misshandelt, ihr Körper ist mit schweren Narben übersät. Die Angeklagte bittet um Verständnis und wendet sich mit der Anrede „Sister“ Mitleid suchend an die Richterin. Daraufhin weist sie Beatrice Ntaba entschieden zurecht: „Don’t you sister me!“ Mit dem Prozessverlauf lässt sich ganz nebenbei auch die Entwicklung der Personen beobachten. Die traumatisierte Manka erlangt in ihrer Pflegefamilie das Leben und ihr Lachen zurück, und Amina, die anfangs völlig eingeschüchtert und ängstlich auftritt, gewinnt zunehmend an Selbstvertrauen. Am Schluss tritt sie sogar mit den „Sisters in Law“ gemeinsam vor eine Klasse von Jura-Studentinnen. Die Richterinnen feiern Amina als Erfolg, machen aber unmissverständlich klar, dass sich hinter ihrem privaten Schicksal eine gesellschaftliche Situation verbirgt. Der Film schildert die Gerichtsfälle nüchtern und unsentimental, in einem einfachen und schmucklosen Stil, der dem Gestus des Direct Cinema verpflichtet ist. Die Täter werden nicht dämonisiert, das Augenmerk liegt ganz klar auf den Opfern, wobei „Sisters in Law“ konsequent jede Sensationalisierung vermeidet. Allerdings vermisst man eine Kontextualisierung der Ereignisse. Es gibt keinerlei Hinweise, inwieweit die drei ausgesuchten Fälle repräsentativen Charakter haben. Sind in Kamerun Frauen tatsächlich derart stark im Justizsystem vertreten? Erst sehr spät wird die „Women Lawyer’s Association“ erwähnt, und man würde gern mehr wissen über diese Organisation und darüber, unter welchen Umständen die porträtierten Frauen sich an sie gewendet haben. Man fragt sich zwangsläufig, ob es sich bei den dargestellten Beispielen nicht vielleicht doch um Ausnahmefälle handelt. Insofern folgt der Film mit seinen „Erfolgsgeschichten“ ganz klar dem Auftrag, mehr Frauen für den Widerstand gegen Unterdrückung und Gewalt zu mobilisieren. Geeignetere Heldenfiguren als die „Sisters in Law“ hätte man dafür kaum finden können.
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