Street Style
Drama | USA 2004 | 95 Minuten
Regie: Christopher B. Stokes
Filmdaten
- Originaltitel
- YOU GOT SERVED
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2004
- Produktionsfirma
- Gotta Dance/Melee Entertainment/Screen Gems/Ultimate Group
- Regie
- Christopher B. Stokes
- Buch
- Christopher B. Stokes
- Kamera
- David Hennings
- Musik
- Tyler Bates · Max Gousse
- Schnitt
- Earl Watson
- Darsteller
- Omari Grandberry (David) · Marques Houston (Elgin) · Jennifer Freeman (Liyah) · Jarell Houston (Rico) · Dreux Frederic (Rashann)
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama | Musikfilm | Tanzfilm
- Externe Links
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Heimkino
So beginnt „Street Style“ mit einem überzeugenden akustischen und visuellen Konzept, in dem Straßenkämpfe ästhetisch abstrahiert auf den Dancefloor übertragen werden. Damit folgt der Film konsequent dem von B2K skandierten Soundtrack-Song „Take it to the Dancefloor“. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die leidenschaftlichen Street Dancer Elgin und David. Ihre Crew gehört zu den besten in einem nicht weiter spezifizierten Viertel von Los Angeles. Ihre Freundschaft wird allerdings durch verschiedene Umstände auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Zuerst verlieren sie ein wichtiges Tanzduell gegen eine Gruppe von arroganten weißen Außenseitern, bei dem viel (geborgtes) Geld auf dem Spiel stand. Außerdem hat Elgin etwas dagegen, dass David Gefühle für seine jüngere Schwester Liyah entwickelt. Doch damit nicht genug, schlägt die Beziehung in offene Feindschaft um, als Elgin bei einem Drogenkurierdienst schwer verletzt wird. Nun schuldet er einem kaltblütigen Drogenboss 20.000 Dollar – eine Summe, die er nur mit dem Gewinn des von MTV gesponserten landesweiten Wettbewerbs „The Big Bounce“ begleichen kann – doch ohne David stehen die Chancen schlecht.
Die Handlung des Films wirkt unbeholfen und konstruiert. Um Konflikte jenseits der Tanzduelle in den sozialen Verhältnissen zu spiegeln, greift Stokes wiederholt auf einen Deus ex machina zurück. So erfährt David just in dem Moment, in dem seine Schulden ihn vor unlösbare Aufgaben stellen, von dem Geldsegen, der dem Gewinner des „Big Bounce“ winkt. Ein unerwarteter Mord an jenem Jungen, der als Maskottchen der Crew fungierte, macht schließlich den Weg frei für die Versöhnung der beiden Protagonisten kurz vor dem musikalischen Höhepunkt. Unverhohlen bedient sich der Film fragwürdiger Stereotypen, in denen die weißen Tanzgegner als humorlos, reich und arrogant charakterisiert werden. Stokes führt die Praxis des lukrativen Nebenverdienstes mit Drogengeld zunächst als Milieudarstellung ein, ohne allerdings auf die Gefahren der Illegalität und Fragen der Abhängigkeit einzugehen.
Wie so oft bei Musikfilmen, schwebte dem Regisseur eine funkende audiovisuelle Idee vor, die schließlich durch Handlung und Dialoge mehr schlecht als recht auf Spielfilmlänge gedehnt wurde: die begabtesten Hip- Hop-Tänzer mit ihren von Schwerkraft und Körpergelenken entgrenzten Pops, Locks, Flips, Freezes, Tickings und Wavings zu aktueller Musik in Szene zu setzen. Dies gelingt Stokes bravourös. Schnell geschnitten, aber kameratechnisch nicht selbstverliebt, bleibt die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf den Tänzern. Stokes versammelt mehr als 30 mitreißende Songs aus der HipHop, R&B- und Rap-Szene auf der Tonspur. Durch einen ausgeklügelten Sound-Mix verbinden sich die Beats und Sounds der Tänzer mit einem dreidimensionalen Raum von johlenden Zuschauern. Die Charaktere entstammen fast ausschließlich dem afroamerikanischen Milieu von L.A. Diesem sind auch die Dialoge mit ihren Idiomen aus der Umgangssprache und den codierten Slangs der Tänzer verpflichtet. Dabei kommt es zu unfreiwilliger Komik, wenn die hilflos agierenden Schauspieler die angestrebte Authentizität unterlaufen. Gleiches gilt für Gastauftritte von MTV-Moderatorin La La oder der als „Ringrichterin“ agierenden Rapperin Kimberly „Lil’ Kim“ Jones. Der Film scheitert nicht nur an seiner Handlung sondern auch an dem Umstand, dass die Darsteller eigentlich Musiker bzw. Tänzer sind. Angesichts des enttäuschenden Gesamteindrucks wäre die Entscheidung für einen Dokumentarfilm die bessere Lösung gewesen. So hätte die unoriginelle Handlung minimiert und Konzessionen an schnelle Schnittfolgen, die letztlich der akrobatischen Leistung der Tänzer entgegenwirken, vermieden werden können.
Bei Brecht werden Elemente des Boxsports zitiert, um sie als authentischen Mikrokosmos einer kapitalistischen Gesellschaftsshow und ihrer Vermarktungsstrategien zu instrumentalisieren. „Street Style“ nimmt zwar thematisch, visuell und akustisch Anleihen beim Boxen, wird aber schon nach kurzer Zeit Opfer eines auf finanziellen Erfolg getrimmten Handlungskorsetts. Der im Siegestaumel von David skandierte Originaltitel „You Got Served“ bedeutet so viel wie „Du bist besiegt und erniedrigt worden“. Das betretene Gefühl der Enttäuschung werden auch diejenigen teilen, die von „Street Style“ mehr als eine halbe Stunde ambitionierte Tanzsequenzen erwarten.