Tanz in die Freiheit

Drama | Irland/Großbritannien/USA 1997 | 95 Minuten

Regie: Pat O'Connor

Irland im Sommer 1936. Die Rückkehr ihres Bruders, der 25 Jahre lang als Missionar in Afrika gelebt hat, fördert im Zusammenleben von fünf Schwestern auf einem abgelegenen Hof Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zu Tage, die durch den Besuch des Liebhabers einer der Frauen noch verstärkt werden. Diese kleinen Veränderungen und zunehmender sozialer Druck führen am Ende zur Trennung der Familie. Die gelungene Filmadaption eines Theaterstücks wirft einen wehmütigen Rückblick auf Glück und Verlust des familiären Zusammenhalts. Glänzend gespielt und fotografiert. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
DANCING AT LUGHNASA
Produktionsland
Irland/Großbritannien/USA
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
Capitol Films/Sony Pictures Classics/Channel Four Films/Ferndale Films
Regie
Pat O'Connor
Buch
Frank McGuinness
Kamera
Kenneth MacMillan
Musik
Bill Whelan
Schnitt
Humphrey Dixon
Darsteller
Meryl Streep (Kate Mundy) · Michael Gambon (Jack Mundy) · Catherine McCormack (Christina Mundy) · Kathy Burke (Maggie Mundy) · Sophie Thompson (Rose Mundy)
Länge
95 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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Heimkino

Verleih DVD
e-m-s (FF, DD5.1 dt.) Studiocanal
Verleih Blu-ray
Studiocanal
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Diskussion

Regisseur Pat O’Connor findet ein stimmiges Motiv als Rahmen für die Filmerzählung: Ein Achtjähriger läuft über eine Wiese, seinen Drachen in der Hand und ein glückliches Lächeln auf dem Gesicht. Dann ein Stolpern, das Spielzeug macht sich selbständig, und dem Jungen bleibt nur der traurig-melancholische Blick auf das, was er eben noch sein eigen nannte. „Ein Sommer und eine Nacht“ erzählt von der Magie des Augenblicks und vom Verlust desselben. Von Träumen, die an der Realität des Alltags viel zu oft ihre Grenzen finden, von familiären Zwängen und Zwistigkeiten, aber auch von den kleinen Momenten unbeschwerten Glücks und bedingungsloser Solidarität.

Eine Familiensaga rund um fünf starke Frauen

Sommer 1936: Die fünf Mundy-Schwestern leben auf einem kleinen abgelegenen Hof in Irland. Die strenge Lehrerin Kate (Meryl Streep), die lebensfroh-pragmatische Maggie (Kathy Burke), die geistig ein Kind gebliebene Rose (Sophie Thompson), die verträumte Agnes (Brid Brennan) und die unkonventionelle Christina (Catherine McCormack), alleinerziehende Mutter des jungen Michael. Die Erzählung beginnt mit dem Tag, an dem ein weiteres Familienmitglied eintrifft: Nach 25 Jahren als Missionar in Afrika kehrt der katholische Priester Jack (Michael Gambon) zurück. Dass die Zeit ihren Tribut gefordert hat, wird auf den ersten Blick deutlich; der ältere Herr wirkt verlebt, ein wenig ungepflegt, und auch sein Geist scheint stets unentschlossen, ob er sich nun in Afrika oder Irland befindet.

Jack ist ein Pflegefall, und wo sein allgemeiner Zustand die Contenance der Schwestern nicht erschüttern kann, so tun es doch seine ungewöhnlichen Ansichten. In kindlicher Begeisterung schwärmt er von den Zeremonien des „schwarzen Kontinents“, von Geisterbeschwörungen und rituellen Tänzen – und von dem Glück des jungen Michael, als „Kind der Liebe“ mit gleich fünf Müttern aufzuwachsen. Die Mischung aus bemutternder Nachsicht und schulmeisterlicher Zurechtweisung, mit der Kate dererlei Extravaganzen in den Griff zu bekommen versucht, führt zu Meinungsverschiedenheiten und Spannungen in der Familie. Unterdrückte Wünsche kommen plötzlich zur Sprache, führen zu Auseinandersetzungen und (zunächst noch gedanklichen) Alleingängen.

Musik als zentrales Element

Immer wieder spielt die Musik, spielt der Tanz eine entscheidende Rolle bei diesen Standortbestimmungen. Das Radio etwa, dessen Klänge Jack als Wunder, Kate als „Naturwissenschaft“ betrachtet. Über Agnes’ Plan, die Schwestern zum Erntedankfest einzuladen, kommt es dann folgerichtig zur offenen Auseinandersetzung. Zwar kann Kate eine solche „Verschwendung“ noch einmal verhindern, doch lässt sich ein gewisses Aufbegehren nicht länger unterdrücken. Bei Agnes wächst der Wille zum Ausbruch, und ausgerechnet Rose wird auf eigene Faust an Lughnasa – einem durch und durch heidnischen Fest zu Ehren des Lichtgottes Lugh – tanzen.

Zum zweiten „Katalysator“ des Geschehens wird Gerry (Rhys Ifans), Christinas große Liebe und Michaels Vater. Er, der sprunghafte Abenteurer, will im Anschluß an seinen alljährlichen Besuch in den spanischen Bürgerkrieg aufbrechen und als Kämpfer zu seiner Bestimmung finden. Einstweilen aber wecken die Tage seiner Anwesenheit ganz unterschiedliche Emotionen: die Ablehnung der sittenstrengen Kate, den romantischen Neid der übrigen Schwestern und die Sehnsucht Christinas und Michaels nach einem „richtigen“, sprich anwesenden Vater. Und nicht zuletzt findet Jack endlich ein Gegenüber, das auch seinen afrikanischen Ritualen unbefangene Neugierde entgegenbringt. Gerry ist es auch, der irgendwann die Antenne des Radios repariert und so für jenen „zeitlosen“ Moment sorgt, in dem die Schwestern ein letztes Mal zusammenfinden, im ausgelassenen Tanz, ehe unwiderrufliche Veränderungen ihren Lauf nehmen.

Die gelungene Filmadaption eines Theaterstoffs

Auf den ersten (und vielleicht auch den zweiten) Blick mag es verwundern, dass Pat O’Connors Film auf einem Theaterstück basiert. Zum einen scheinen die Figuren, ihre Bewegungen, ja selbst ihr Denken so fest in dieser weiten und einsamen irischen Landschaft verwurzelt, dass man sich das Geschehen schwer auf einer Bühne vorstellen kann. Zum anderen kommen die Konflikte zwischen und in den Figuren dermaßen „undramatisch“ daher, als habe der Autor nie anderes im Sinne gehabt, als die Gefühlsregungen und subtilen inneren Verwandlungen in den Großaufnahmen der Gesichter einzufangen. Das ganze „äußere“ soziale Drama der Familie – immerhin verliert Kate, wohl wegen der afrikanischen, „unkatholischen“ Eskapaden Jacks, ihre Stellung, und eine Wollfabrik raubt auch den Schwestern die dringend benötigten Nebenverdienste – wird nur beiläufig dargestellt, steht niemals im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ganz offensichtlich verfügt Brian Friels Theaterstück über eine ganz bemerkenswerte Substanz und innere Balance, die O’Connor und seinem Drehbuchautor Frank McGuinness alle Freiheiten läßt, wirklich „filmisch“ zu arbeiten. Dabei leisten dann vor allem die Darstellerinnen Großes, wobei die – anfangs zur Orientierung ganz hilfreiche – Typisierung der Schwestern mehr und mehr einem nuancierten Blick weicht: Jede erfüllt zunächst mit ihrer Rolle, ihrem Typ eine Funktion fürs Ganze, aber nach und nach kommen immer deutlicher auch die individuellen, die ungelebten Anteile jeder Persönlichkeit zum Vorschein. Ein falscher Ton, eine schauspielerische Eitelkeit hätte diese wunderbare Ensembleleistung zum Kippen bringen können.

 

Der Film liegt seit 23.5.2019 auf BD vor. (Anbieter: Studiocanal)

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