Irgendwann implodiert die Geschichte von "Trespass", die Gewalt, die sich in ihr angestaut hat, und das ist ganz zwangsläufig. Mit dem Vorspann allein ist die ganze Vorgeschichte erzählt, alles, was man wissen muß, um die Ereignisse eines Tages zu verstehen. Und an diesem einen Tag verlangsamt sich der Fluß der Zeit mit mörderischer Trägheit auf diesen einen Punkt hin, auf den großen Knall. Ort der Handlung: ein leerstehender Bau in den Slums von East St. Louis. Mitwirkende: Vince und Don, zwei Feuerwehrleute aus der Provinz, auf der Suche nach einem Schatz, der Beute aus einem Jahrzehnte zurückliegenden Kirchenraub; der schwarze Drogendealer King James und seine Gang, die ausgerechnet hier und jetzt dringende Geschäfte zu erledigen hat; Bradlee, Obdachloser, ebenfalls schwarz und empfindlich in seiner Ruhe gestört. Bevor Don und Vince überhaupt den Schatz gefunden haben, werden sie Zeugen eines Bandenmordes, das kompliziert die Sachlage. Allein die Tatsache, daß sie Lucky, den süchtigen jüngeren Bruder von King James, als Geisel in ihr Versteck nehmen, bewahrt sie vor einem schnellen Aus. In der Folgezeit sinnen die Schatzsucher drinnen über mögliche Fluchtwege nach, während die Belagerer draußen kräftig aufrüsten und über das weitere Vorgehen streiten - nicht alle befürworten die "weiche Linie", die ihr Boß mit Rücksicht auf seinen Bruder fährt. Aber auch die weißen Eindringlinge sind sich längst nicht mehr einig; der jüngere Vince stößt mit seinen Skrupeln bei dem gierigen Don auf wenig Verständnis. Als Lucky sich befreien kann und in die Kugel eines Belagerers läuft, erübrigt sich alles weitere Taktieren. Nur weiß inzwischen keiner mehr, wen er noch auf seiner Seite hat.Jeder kocht hier sein eigenes Süppchen. Eine solche Versammlung mieser Typen kennt man am ehesten noch aus französischen Gangsterfilmen der 60er Jahre. Gewiß, Hill ist kein Melville, und "Trespass" hat nicht die tödliche Konsequenz der "Reservoir Dogs". Aber der Action-Spezialist zeigt hier mehr als nur sauberes Handwerk. Das begrenzte Figurenarsenal, die Statik des Schauplatzes, die Zeit, die quasi nicht verstreichen will (der Germanist würde jetzt sagen, die erzählte Zeit tendiert zu einem l: 1-Verhältnis mit der Erzählzeit), das ist Herausforderung wie Möglichkeit. Hill nutzt sie. Er konfrontiert hysterische weiße Landratten, denen die Situation entschieden eine Nummer zu groß ist, mit schwarzen Männern (adäquat besetzt mit den Rap-Stars Ice T und Ice Cube), die hier ein Heimspiel haben, cool bis ans Herz, bewaffnet bis an die Zähne, aber nicht weniger hilflos im Umgang mit einem unberechenbaren Gegner. Er macht das Haus zum Handlungsträger, das Vordach gegenüber, gerade nah genug, daß es zum Springen verlockt, den Kamin, Ausweg und Falle zugleich. Er bremst die Action mit Suspense, läßt unvermittelt den Streifenwagen auftauchen, von dem die Weißen die ganze Zeit träumen - und ihn ebenso unvermittelt verschwinden. Er sorgt für einen Hauch von Reality-TV, wenn er einen aus der Gang mit einer Videokamera ausstattet, die den Hauptdarstellern bis zum Überdruß im Nacken sitzt (und dem Zuschauer mit ihrem Timecode nebenbei verrät, wie viel bzw. wie wenig Zeit vergangen ist). Er zeigt, daß ein Drogendealer, wenn schon kein Herz, dann wenigstens ein Funktelefon hat, über das er immer zur Unzeit von einem gewissen Marvin in geschäftliche Unterredungen verwickelt wird. Erst ganz zum Schluß gehen Hill die Pferde durch, dann werden Feuersbrunst und Kugelhagel zu einem Großreinemachen, bei dem Logik, Stringenz und Witz weitgehend auf der Strecke bleiben. Was am Ende bleibt, ist ein Meer von Flammen und ein heiseres Lachen. Und das Erstaunen über einen erstaunlich gut gelungenen Action-Thriller.