Lars von Trier und sein Musical „Dancer in the Dark“
Eine Frau in der Isolationshaft. Selma weiß, dass sie zum Tode verurteilt ist, und leidet unter einem schrecklichen Dilemma. Entweder benutzt sie ihr schwer verdientes Geld für die Augenoperation ihres Sohnes oder sie bezahlt damit einen Anwalt, der das Berufungsverfahren einleitet. Es gibt keine Lösung für diesen Zwiespalt. Doch am meisten leidet Selma in ihrer Zelle unter der Abwesenheit von Geräuschen. Sie selbst ist fast erblindet, und das Einzige, was ihr bleibt, ist die Musik des Alltags, sind Geräusche und Rhythmen. Sie klammert sich am Gitter des Lüftungsschachts fest und lauscht gierig nach Lebenszeichen von anderen Gefangenen. Leise beginnt sie zu singen.
Das musikalische Leitmotiv von „Dancer in the Dark“ (Kritik in dieser Ausgabe) zerfällt in Einzelstücke, doch die Montage führt die Fragmente wieder zusammen: Beine, Körper, Kopf, Hände und Gegenstände gleiten aufeinander zu. Der musikalische Tanz der Bilder versucht, die existenzielle Not aufzufangen. Die isländische Sängerin Björk ist identisch mit Selma, mit ihrem Leiden, eine Tänzerin im Dunkel der Seele.