Serie: House of the Dragon - Staffel 2

Die zweite Staffel der "Game of Thrones"-Vorgeschichte: In acht Episoden geht es in der Saga ums Machtgerangel im Herrscherhaus Targaryen um die emotionalen, strategischen und diplomatischen Zwischentöne, an denen die Figuren reifen.

Veröffentlicht am
28. August 2024
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Das Wettrüsten der Grünen und der Schwarzen hat begonnen. Während Jungkönig Aegon Targaryen (Tom Glynn-Carney) versucht, neben getreuen Vasallen auch die Ratsmitglieder von seinen Fähigkeiten als Regent zu überzeugen, fordert Rhaenyra Targaryen (Emma D’Arcy) zwei Dinge ein: den rechtmäßig ihr zustehenden Thron sowie Rache für ihren getöteten Sohn Lucerys. Einen offenen Krieg aber will keine Seite riskieren. Doch für das Schicksal, das die Spielfiguren in dieser verzwickten Partie hin und her schiebt, ist ein Remis keine Option.

Dass der Fantasy-Serienableger „House of the Dragon“ einen fulminanten Start erleben würde, bezweifelte im Produktionsteam um Showrunner Ryan J. Condal anscheinend niemand. Denn keine zwei Monate nach Ende der Dreharbeiten bestätigte Condal bereits, dass die Drehbücher für eine zweite Staffel größtenteils schon geschrieben seien. Ein Detail ließ dabei aufhorchen: Die kommende Staffel sollte nur noch acht Episoden umfassen, zwei weniger als die erste. Für viele Fans schien das ein Frevel an ihrem Sehvergnügen zu sein. Doch im Rückblick erweist sich dies als weitsichtige Entscheidung. Denn vor allem ihre Kompaktheit verleiht der zweiten Staffel eine große Qualität.

Unüberwindbare Gräben

Nach dem Tod ihres geliebten Sohnes verfällt Rhaenyra in Lethargie. Der Rat auf Drachenstein wirkt ohne seine Königin ziemlich kopflos. Rhaenyras Blick schweift statt über taktische Stellungen und Bündnispläne lieber über die raue See, so als hoffte sie, am Horizont plötzlich einen braungelockter jungen Drachenreiter auf weiten Schwingen zu erspähen. Doch die zerfetzten Überreste des Drachen Arrax, die Fischer aus dem Meer ziehen, konfrontieren die geflohene Königstochter mit der unumstößlichen Gewissheit: Lucerys ist tot.

Die zweite Staffel spinnt die schicksalhaft verbundenen Geschichten der Frauen in Westeros weiter, die durch die patriarchalischen Strukturen der Königshäuser zu stillem Leiden verdammt waren. Eine Aussöhnung zwischen der Königinmutter Alicent Hohenturm (Olivia Cooke) und der Thronaspirantin Rhaenyra (Emma D’Arcy) scheint unmöglich, die Gräben zwischen den Freundinnen aus Kindheitstagen viel zu tief.

Wo die erste Staffel durch zahlreiche Zeitsprünge und forcierte Szenen noch hektisch bis abrupt wirkte, folgen nun acht Episoden mit einem ruhigeren, jedoch nicht minder spannenden Erzählrhythmus. Im Taumeln des zu allem entschlossenen, jedoch unerfahrenen Kindkönigs Aegon, in Rhaenyras Infragestellung durch ihren heißblütigen Gemahl Daemon und in der unstillbaren Gier des sinistren Prinzen Aemond nach Blut und Gewalt wird spürbar, wie sich jeder Schritt, jede Tat und jedes Zögern auf das komplexe Schicksalsgeflecht in Westeros auswirkt. Doch auch wenn man mit jeder Episode dem legendären „Tanz der Drachen“, einem der größten Massaker in der fiktiven Geschichte von Westeros, näherkommt, das zur Staffelmitte bereits einen bittersüßen Vorgeschmack erahnen lässt, halten sich die Macher vor Schnellschüssen zurück. Denn trotz aller Drohgebärden, Diffamierungen und Machtdemonstrationen wissen die streitenden Parteien, dass ein offener Krieg große Verluste nach sich ziehen würde und deshalb um jeden Preis vermieden werden muss.

Das Herzstück: Drei mächtige Frauen

Die Entscheidung, diesen Abschnitt der Geschichte in acht Episoden zu erzählen, war unabhängig davon, ob dies dramaturgischen oder budgetären Gründen folgt, richtig. Die zweite Staffel widmet sich fast durchgängig den emotionalen, strategischen und diplomatischen Zwischentönen, an denen die Figuren reifen. Insbesondere das Verhältnis der drei mächtigen Frauen – Rhaenyra, Alicent und die gescholtene „Königin, die nie eine war“, Rhaenys (Eve Best), entfaltet dadurch eine Nahbarkeit, die auf einem verbindenden Grundmotiv fußt: Sie alle sind Mütter.

Das mag zunächst eindimensional wirken. Doch die Autoren verstehen es, die Vielschichtigkeit des Mutterseins geschickt zu entblättern und das Dilemma der Frauen zu verdeutlichen, die sich in einer Welt behaupten müssen, in der nur die Blutlinie und das Erbe zählen. So kommt selbst das unbändige Verlangen Rhaenyras in Schwanken, auf ihren Drachen zu steigen und als Vergeltung für ihren Sohn Königsmunds dem Erdboden gleichzumachen, als sie den Schutz ihrer verbliebenen Familie über ihre Rachegelüste stellt. Und in einem Schlüsselmoment, als sich Rhaenyra und Alicent bei einem geheimen Treffen gegenüberstehen und trotz ihrer gegenseitigen Verachtung ihre Verbindung als Mütter erkennen, offenbart die Serie ihre clevere, weil empathische Stärke.

Einziger Schwachpunkt: Daemon Targaryen

Unfreiwillig komisch wirkt hingegen der Erzählstrang, der dem wilden, eitlen Daemon Targaryen (Matt Smith) folgt. Den Heißsporn mit der animalischen Körpersprache verschlägt es von Drachenstein nach Harrenhal, der steingewordenen Megalonie eines paranoiden Königs, wo er weitere Vasallen aus den Flußlanden rekrutieren will. Hier wird Daemon fast die gesamte Staffel über mit drolligen Hausverwaltern sowie seinen Fieberträumen eingesperrt. Dass Daemon sich seinem Schicksal ergeben und Rhaenyras Rolle, die er mit Wort und Tat stets in Zweifel zog, akzeptieren lernen muss, erscheint logisch. Diese Epiphanie verliert jedoch angesichts der ulkigen Geisterhaus-Atmosphäre im Vergleich zum ernsthaften Grundton der Staffel deutlich an Stimmigkeit. Doch angesichts der stark ausdifferenzierten anderen Figuren lässt sich das verkraften.

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