Siam Diary - Ein Film über das Reisen

Dokumentarfilm | Österreich 2025 | 95 Minuten

Regie: Walter Größbauer

Ein geduldig erzählter und poetisch in Szene gesetzter Dokumentarfilm über eine Reise durch Thailand, der sich für das Land und seine Bewohner interessiert und nicht davor zurückschreckt, auch widersprüchliche Facetten zu thematisieren. Das collageartige Reisetagebuch wirft sorgfältige Schlaglichter auf Postkarten- wie Hinterhofansichten von Thailand, mit modernen urbanen Zentren und abgehängten Provinzen, Reichtum und bitterer Armut, religiöser Ekstase und neokolonialistischem Pauschaltourismus. Bei alldem wahrt der Film stets eine gewisse Distanz und reflektiert über das Reisen an sich. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SIAM DIARY
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2025
Produktionsfirma
FORTUNAMedia
Regie
Walter Größbauer
Buch
Walter Größbauer
Kamera
David Found · Walter Größbauer
Musik
Erich Pochendorfer
Schnitt
Walter Größbauer
Länge
95 Minuten
Kinostart
10.04.2025
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm

Eine ästhetisch reflektierte und sorgfältig in Szene gesetzte Reisedokumentation durch Thailand.

Aktualisiert am
09.04.2025 - 23:15:13
Diskussion

Warum der österreichische Filmemacher Walter Größbauer seine Reisedokumentation über Thailand mit „Siam Diary“ betitelt, verrät er in seinem Filmtagebuch nicht. Eine Reise in die Vergangenheit des Landes, das sich zeitweise deutlich über sein heutiges Staatsgebiet hinaus ausdehnte, ist der Film jedenfalls nicht. Ebenso wenig ist der Blickwinkel auf Land und Leute nostalgisch. Bewusst thematisiert Größbauer die Schattenseiten, den politischen Protest und die Repression in Thailand. Er zeigt Armut und Prostitution in Bangkok, fotografiert die Umweltverschmutzung oder geht den Folgen des Tsunamis aus dem Jahr 2004 nach, bei dem in dem kleinen Örtchen Ban Nam Khem von 500 Häusern nur zehn verschont blieben.

Eine essayhafte Collage

Die essayhafte Collage fängt schlaglichtartig die widersprüchlichen Facetten der Region ein: mit der urbanen Moderne, einer selbstbewussten queeren Community oder dem gehandicapten, mit den Füßen spielenden Bassisten und Sänger Jeffrey Marshall. Dazu kommen die Massenzeremonien meditierender Buddhisten und Buddhistinnen, die den Visak-Tag oder das Geisterfest von Dan Sai begehen. Und die Menschen in den abgelegenen, kaum entwickelten Landstrichen. Aber auch ein pensionierter Österreicher, der eine junge Thailänderin geheiratet hat und mit ihr und ihrem gemeinsamen Sohn mittlerweile in Udon Thani lebt und Bilder malt.

Der Titel „Siam Diary“ hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass die Thailand-Reportage dadurch geheimnisvoller und poetischer klingt. Auf die ästhetische Gestaltung des Films legt Größbauer erkennbar großen Wert. So rigide und auch ein wenig selbstgerecht er den oberflächlich-ignoranten, neokolonialistischen Pauschal- und Instagram-Tourismus anprangert, so sehr hebt sich sein Film von den mit Drohnenbildern aufgehübschten Digicam-Berichten ab, mit denen Backpacker-Pärchen oder Alleinreisende ihre Selbsterfahrung crowdfinanzieren.

Im Geist der Beat-Generation

Die Aufnahmen werden visuell sorgsam in Szene gesetzt, fein austariert und kadriert. Und das Voice-Over ahmt den lyrischen Tonfall der Beat-Generation nach. So entstehen behutsam ausgeleuchtete, überwältigend schöne Gemälde, selbst wenn es neben traumhaften Stränden auch der pandemisch angespülte Plastikmüll ist, der das Bild füllt. Statt Tage oder Kilometer zu zählen, lässt der Filmemacher die Impressionen scheinbar sprunghaft und assoziativ ineinander übergehen: Trainingscamps für Thaiboxen, Elefanten fütternde Touristinnen, überdimensionierte goldene Buddhastatuen, Marktstände im Regen.

„Siam Diary“ zählt nicht zu den Reisedokumentationen, bei denen man das Gefühl hat, unmittelbar dabei zu sein und quasi mitzureisen oder die ein solches Fernweh entfachen, dass man innerlich schon die Koffer packt. Es ist ein Film „über das Reisen“, der bewusst Distanz wahrt und gerade daraus eine eigene künstlerische Kraft schöpft.

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