The Electric State
Action | USA 2025 | 125 Minuten
Regie: Anthony Russo
Filmdaten
- Originaltitel
- THE ELECTRIC STATE
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- AGBO/Skybound Ent./Double Dream
- Regie
- Anthony Russo · Joe Russo
- Buch
- Christopher Markus · Stephen McFeely
- Kamera
- Stephen F. Windon
- Musik
- Alan Silvestri
- Schnitt
- Jeffrey Ford
- Darsteller
- Millie Bobby Brown (Michelle) · Chris Pratt (Keats) · Ke Huy Quan (Dr. Amherst) · Giancarlo Esposito (Colonel Bradbury) · Stanley Tucci (Ethan Skate)
- Länge
- 125 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Action | Comicverfilmung | Komödie | Science-Fiction
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
In einer retro-futuristischen Version der 1990er-Jahre, in der Roboter seit einem gescheiterten Aufstand gegen die Menschen im Exil leben, startet eine Teenagerin mit einem drollig aussehenden Maschinenwesen auf eine abenteuerliche Suche.
Ein Buch ist ein Buch und ein Film ist ein Film. Aber wenn eine Buchvorlage schon mit dermaßen filmischen, teils fotorealistischen Illustrationen aufwartet wie „The Electric State“ von Simon Stålenhag, sich irgendwo zwischen Coffee-Table-Book, Roman und Graphic Novel bewegt und eigentlich schon perfekte Mood Boards oder Konzeptskizzen enthält, dann lassen sich diese bei einer Verfilmung nur schwer ausblenden. Das Regie-Gespann Joe Russo und Anthony Russo, bekannt unter anderem durch seine „Avengers“-Filme, hat sich nun für Netflix an einer Adaption des Werkes versucht. Immer wieder mal streift ihr Film Gemälde und visuelle Motive aus Stålenhags Buch. Aber die Bilder wirken im Film ganz anders. Sie sind nur eine Randbemerkung, huschen vorbei und können die bedrohlich-düstere Grundstimmung nicht behalten.
Und sie stehen nicht im Kontext der vielen anderen digitalen Filmbilder, die eine Welt am Abgrund zeigen, zwar angesiedelt in den 1990er-Jahren, aber einer alternativen Version davon. Die Russo-Brüder haben sich aus Stålenhags Bilderschatz einzelne Fragmente herausgepickt, vornehmlich Roboter, die im Buch irgendwie niedlich, aber – weil sie dem Verfall anheimgegeben wurden – vor allem auch sehr gruselig aussehen. Bei den Russos fehlt diese Doppeldeutigkeit. Hier sind sie einfach nur putzig, aber nicht mehr unheimlich. So wie hier eigentlich gar nichts mehr unheimlich ist und gar nichts mehr einen doppelten Boden hat.
Ein Roboter bringt eine junge Frau auf die Spur ihres verlorenen Bruders
Mitte der 1990er-Jahre sind in den USA noch die Folgen eines großen Kriegs gegen die Roboter zu spüren. Als die zunehmend intelligenter gewordenen Maschinen mehr Rechte wollten, kam es erst zu kleinen Widerstandsbewegungen und schließlich zu offenen Gefechten. Nur dank einer neuen Erfindung, die es den Menschen erlaubte, Drohnensoldaten über ein Netzwerk fernzusteuern, konnte das Blatt gewendet werden. Seither leben die letzten verbliebenen Roboter im Exil in einer Wüste. Deswegen staunt die Teenagerin Michelle (Millie Bobby Brown) nicht schlecht, als eines Tages ein Roboter, der der Trickfilmfigur aus einer Kinderfernsehserie nachempfunden ist, in ihrem Gartenschuppen auftaucht.
Mit ein paar Gesten und einem alten Familienfoto ist schnell geklärt, dass das künstliche Wesen offenbar von ihrem jüngeren Bruder Christopher ferngesteuert wird, der vermeintlich vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Irgendwo also befindet sich noch der leibliche Körper von Christopher. Um diesen zu finden, muss Michelle einer Spur folgen, die sie zunächst ins Roboter-Exil führt.
Mehr MCU als Stålenhag
Was darauf folgt, ist eine Art Schnitzeljagd mit hanebüchenen Hinweisen, die am Rande die uramerikanischen Genres des Road Movies und des Westerns streift und in regelmäßigen Abständen von mehr oder minder motivierten Actionszenen durchbrochen wird. Ein Gauner, gespielt von Chris Pratt, der mit einem Roboter-Kumpel unterwegs ist, wird Michelle als Sidekick zur Seite gestellt; einen großen Beitrag zum Fortgang der Handlung oder der Figurenentwicklung leistet er nicht. Vielmehr wirkt die Figur wie ein Wiedergänger von Chris Pratts Star Lord aus den „Guardians of the Galaxy“-Filmen – so wie insgesamt vieles in diesem Film so wirkt, als habe man sich in Bezug auf Inszenierungsstil, Dialogbuch und Atmosphäre mehr an den Filmen aus dem Marvel Cinematic Universe orientiert als an der dystopischen, gespenstisch-kryptischen Vorlage von Stålenhag.
Unentschlossen zwischen Family Entertainment, Actionspektakel und Sozialkritik
Die Drehbuchautoren Stephen McFeely und Christopher Marcus, die zuvor eine ganze Reihe von MCU-Filmen und -Serien geschrieben haben, setzen auf lockere Sprüche, eine familiengerechte Sprache, viele Erklärszenen – die wichtigste Enthüllung des Buchs wird gleich in den ersten Szenen gespoilert – und kurios-knuffige Roboter. Die ebenfalls MCU-erfahrenen Russo-Brüder übersetzen diese dann in einen Science-Fiction-Film, der sich nicht so recht entscheiden kann, ob er nun effektgeladenes Family-Entertainment im Stil von „Real Steel“, Actionspektakel oder Technologie- und Sozialkritik sein will. Unentschlossen schwankt er zwischen Komik und Ernsthaftigkeit, lässt mal Marky Marks „Good Vibrations“ ertönen – selbstironisch natürlich –, und mal Gloria Gaynors „I Will Survive“ – dummerweise auch selbstironisch.
Kaum etwas ist übrig geblieben von der Geschichte von Michelle, von ihrem Roadtrip durch ein Land, das von einem Konzern gesteuert wird, von der Kritik am Leben in falschen virtuellen Welten, von dem beängstigenden Blick auf die Symbiose von Mensch und Maschine.
Das einzig Relevante dieser missglückten Verfilmung eines starken Buchs ist womöglich sein Blick auf die Rolle eines Tech-Oligarchen, der heimlich, still und leise durch die Bereitstellung neuer Technologien die Macht an sich gerissen und das Verhalten vieler Menschen beeinflusst hat. In dieser Hinsicht, und leider nur in dieser, erweist sich „The Electric State“ tatsächlich als ein bisschen visionär.