The Bear: King of the Kitchen
Drama | USA 2022 | 247 (1. Staffel: 8 Folgen) Minuten
Regie: Christopher Storer
Filmdaten
- Originaltitel
- THE BEAR: KING OF THE KITCHEN
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2022
- Produktionsfirma
- FX Prod./Super Frog
- Regie
- Christopher Storer · Joanna Calo · Ramy Youssef · Ayo Edebiri · Duccio Fabbri
- Buch
- Christopher Storer · Karen Joseph Adcock · Sofya Levitsky-Weitz · Joanna Calo · Rene Gube
- Kamera
- Andrew Wehde · Adam Newport-Berra · Chloe Weaver
- Musik
- J.A.Q.
- Schnitt
- Joanna Naugle · Adam Epstein · Nia Imani · Megan Mancini
- Darsteller
- Jeremy Allen White (Carmen "Carmy" Berzatto) · Ebon Moss-Bachrach (Richard "Richie" Jerimovich) · Ayo Edebiri (Sydney Adamu) · Lionel Boyce (Marcus) · Liza Colón-Zayas (Tina)
- Länge
- 247 (1. Staffel: 8 Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Drama | Serie
- Externe Links
- IMDb | JustWatch
Serie um einen jungen Spitzenkoch, der einen familieneigenen Sandwichladen in Chicago übernimmt und wieder auf Vordermann bringen will.
Staffel 1
Am Anfang schreckt Carmen „Carmy“ Berzatto (Jeremy Allen White) aus einem Albtraum auf, in dem er sich auf einer Brücke Aug in Aug mit einem Bären befindet. Der Adrenalinpegel des jungen Kochs scheint aber auch im Wachzustand niemals zu sinken. Das hat nicht nur mit den Arbeitsbedingungen in der Gastro-Branche im Allgemeinen zu tun, sondern im Besonderen mit einer Lebensentscheidung, die er nach dem Selbstmord seines älteren Bruders getroffen hat: Er hat seine Karriere als Spitzenkoch auf Eis gelegt, um sich um den Familienbetrieb zu kümmern, den der Bruder führte. Einen Imbiss mit dem Namen „The Original Beef of Chicagoland“, in dem der Berzatto-Clan seit Jahrzehnten die Nachbarschaft mit Rindfleisch-Sandwiches und italienischer Hausmannskost versorgte. Der Haken daran ist, dass der verstorbene Michael (Jon Bernthal) eine charismatische Persönlichkeit, aber ein miserabler Geschäftsführer war; entsprechend marode ist der Betrieb.
Neuer Chef vs. alte Crew
Der Spitzenkoch hat sich zum Ziel gesetzt, den Laden mit seinem Know-how wieder auf Vordermann zu bringen. Doch er sieht sich von lauter Angestellten umgeben, die wenig Bereitschaft signalisieren, sich ins Zeug zu legen und etwas zu verändern. Bei Richard (Ebon Moss-Bachrach), Michaels bestem Freund und Geschäftspartner, spielt dabei wohl auch die Trauer um den Bruder und das Festhalten-Wollen eine Rolle; bei den anderen, die schlecht bezahlt sind und ohnehin ständig am Limit ihrer Kräfte arbeiten, fehlt eher schlicht die Energie. Eine Verbündete findet Carmen zunächst nur in einer jungen Frau, die er selbst einstellt: Sydney (Ayo Edebiri) verfügt noch nicht über viel Erfahrung, bringt aber umso mehr Talent, Engagement und auch geschäftliche Kreativität mit in die Küche.
Sozialrealismus mit Actionfilm-Feeling
„The Bear – King of the Kitchen“ folgt Carmens Kampf darum, aus diesem Haufen, in dem zwei Fraktionen in verschiedene Richtungen ziehen und höchst unterschiedliche Charaktere aufeinanderprallen, ein Team zu machen. Die Serie hat sich in den USA sehr schnell zum Phänomen entwickelt, und man braucht nicht lange, um zu verstehen, woran das liegt. Serienschöpfer Christopher Storer erzählt eine sozialrealistische, lebensnahe Story aus der Arbeitswelt mit einem Gestus, der die meisten Actionfilme wie lahme Enten wirken lässt. Die acht Episoden sind eine unwiderstehliche Tour de Force, angetrieben von der schnellen Montage, die ständig zwischen den Figuren und unterschiedlichen Arbeitsprozessen hin- und herwechselt, begleitet von einer wahren Kakophonie durcheinanderredender, sich oft auch anbrüllender Stimmen, dem Klirren von Geschirr, zischendem Bratfett und dem Sound der Stadt. Der Dauerstress schlaucht einen als Zuschauer so sehr, dass man nach jeder Episode das Gefühl hat, sich erstmal eine Stunde hinlegen zu müssen; doch die Sensualität, mit der die Inszenierung in diesen Kosmos eintaucht, und die Anziehungskraft der authentischen Figuren, deren Hintergründe und Motivationen erst nach und nach preisgegeben werden, halten einen bei der Stange, sodass man sich doch eher fürs Bingewatchen entscheidet.
„The Bear“ entfaltet sich als teils dramatischer, teils absurd-humoristischer Survival-Thriller eines Kleinunternehmens aus der schnelllebigen Gastro-Branche, in der nach Corona – auch das wird in der Serie erwähnt – selbst bei solideren Betrieben kaum noch ein finanzielles Polster vorhanden ist. Dass das „Original Beef of Chicagoland“ überhaupt noch existiert, verdankt es dem Geld eines Onkels (Oliver Platt); die Schulden bei ihm, etwa 300 000 Dollar, hat Carmen mitgeerbt.
Trotz aller Schärfe ein süßes Finish
Warum er dieses Erbe dennoch angetreten hat, ahnt man, wenn die Familiengeschichte der Berzattos nach und nach Kontur annimmt und neben vielen Reibungen und manchen Verletzungen eine tiefe Verbundenheit zu Tage tritt.
Und natürlich geht es auch ums Kulinarische, um die Passion für Lebensmittel und ihre Zubereitung, die sich manche Protagonist:innen trotz der Belastung ihres Arbeitsalltags bewahrt haben, andere neu entdecken, wenn die Aktivitäten von Carmen und Sydney allmählich zu fruchten beginnen und etwas mehr Flow in die Organisation der Arbeitsabläufe kommt. Zur veritablen „Feel-Good“-Kost à la „Foodie Love“ wird „The Bear“ aber nie; dazu sind die Charaktere zu kantig. Außerdem bleiben die Episoden zu nahe an den ökonomischen Gegebenheiten. Allenfalls am Ende, wenn Christopher Storer den Figuren eine fast märchenhafte Wendung zuteilwerden lässt, erhält die Schärfe ein süßes Finish, das locker mit den Donuts und Schokoladenkuchen mithalten kann, an deren Rezeptur der Dessertspezialist Marcus (Lionel Boyce) herumexperimentiert. Erst dann liefert „The Bear – King of the Kitchen“ ein Stückchen „American Dream“ – in einer Welt, in der vor lauter sozialem Überlebenskampf für Träume höchstens dann noch ein Raum ist, wenn man bereit ist, mit Zähnen und Klauen darum zu kämpfen. Wie ein Bär.
Staffel 2
„Every Second counts“, jede Sekunde zählt: Dieses hektische Motto zieht sich als eine Art roter Faden durch die zweite Staffel von „The Bear“. Die Zeit ist knapp für Carmen „Carmy“ Berzatto (Jeremy Allen White) und sein Team vom „The Original Beef of Chicagoland“. Nachdem der Spitzenkoch in Staffel 1 seine Karriere auf Eis gelegt hat, um den Chicagoer Traditions-Diner seiner Familie zu übernehmen und den maroden Betrieb nach dem Selbstmord seines Bruders wieder flottzukriegen, steht in Staffel 2 die Komplettrenovierung und Neueröffnung eines gehobenen Restaurants namens „The Bear“ an.
Von der Sanierung der Räumlichkeiten bis zur Kreation des Speisenangebots ist dabei jede Menge zu tun. Der Termin für die Wiedereröffnung rückt unerbittlich nähert und kann auch nicht hinausgezögert werden, denn trotz des unerwarteten Geldfundes am Ende von Staffel 1 und eines neuerlichen Darlehens von Onkel Jimmy (Oliver Platt) sind die Ressourcen knapp. Wie bei einem Countdown werden am Beginn der zehn neuen Episoden jeweils die Tage bis zur Opening Night heruntergezählt.
Auf was kommt es an?
Obwohl also auch in der Fortsetzung Muster einer Thriller-Dramaturgie greifen, kehrt doch etwas mehr Ruhe ein, gibt es mehr kontemplative Momente. Die Stresskurve der Figuren schlägt zwar auch in Staffel 2 immer wieder nach oben aus, doch bleibt ihnen zwischendurch mehr Zeit, sich zu orientieren und/oder die Sinnfrage zu stellen: Wenn jede Sekunde zählt – wie nutzt man dann die Zeit, von der es immer zu wenig zu geben scheint? Auf was kommt es an?
Für das Autorenteam um Christopher Storer ist dies eine Steilvorlage, um die lebensnahen Figuren weiter auszuloten, die die Zuschauer in Staffel 1 bei aller Rauheit unwiderstehlich in ihren Bann gezogen haben. Dazu trägt auch eine Erzählstruktur bei, die etwas mehr auf die Individuen und weniger auf das Team ausgerichtet ist. Während man sich in Staffel 1 meist mitten im Getümmel der Küche befand, umtost von Geklapper, Klirren, Brutzeln und dem Gewitter hektischer Zurufe und lautstarker Wortgefechte, erweitert sich nun der Radius, wenn nach und nach das Personal ausschwärmt, um seinen Horizont zu erweitern.
Tina (Liza Colón-Zayas) und Ebrahim (Edwin Lee Gibson) werden zu einer Fortbildung geschickt, was allerdings nur Tina als Chance begreift, während Ebrahim sich latent überfordert fühlt. Sydney (Ayo Edebiri) lässt sich eine Episode lang auf der Suche nach kulinarischer Inspiration kreuz und quer durch die Gastro-Szene von Chicago treiben. Marcus (Lionel Boyce), der Spezialist für Spüßes, reist (in einer von Ramy Youssef inszenierten Episode, während ansonsten erneut Christopher Storer und Joanna Calo Regie führen) bis nach Kopenhagen, um einem britischen Chef über die Schulter zu schauen. Und Nenn-Cousin Ritchie (Ebon Moss-Bacharach), der sperrigste, aber neben Carmy faszinierendste Charakterkopf im Team, den der Veränderungsprozess einmal mehr zutiefst verunsichert, findet unerwartete neue Perspektiven, als er ein Zwischenspiel in einem der gefragtesten Restaurants Chicagos gibt, wo er vom Gabelpolieren an aufwärts das Kellnern in der Spitzengastronomie studiert.
Wenn sich die Sinnfragen stellen
Jenseits des Gruppenpalavers finden sich nun auch verstärkt Szenen, in denen man intimen Zwiegesprächen zwischen zwei Figuren beiwohnt. Bei diesem Austausch geht es keineswegs nur um die Frage, wie sich das gewagte Unternehmen einer Restauranteröffnung in einer Stadt organisieren und zum Erfolg führen lässt, in der Gastro-Betriebe reihenweise dichtmachen müssen. Sondern auch darum, was die Arbeit für die einzelnen Figuren bedeutet und wie sich der Job zum Rest des Lebens verhält.
Für Carmen etwa ist der Anlass dafür, auf dem vorher so fokussiert eingeschlagenen Weg zu zaudern, die Wiederbegegnung mit einer alten Bekannten namens Claire (Molly Gordon), mit der ihn eine unterdrückte Zuneigung und bald auch die Möglichkeit einer neuen Liebesbeziehung verbindet. Die Gefühle sind da, doch kann und will Carmy dieser Liebe den Platz in seinem Leben einräumen, den sie braucht? Oder lässt sich das mit dem Traum vom eigenen Restaurant nicht vereinbaren?
Einmal mehr verbindet die Serie sozialrealistische Einblicke in die Post-Corona-Kämpfe der Gastro-Branche mit packenden Charakterstudien und einem guten Instinkt für Spannungsdramaturgie, während der Countdown zur Eröffnung unerbittlich tickt und bei der Renovierung des „Beef“ von Schimmel in den Wänden bis zu Problemen mit der Gasleitung so ziemlich alles schief zu gehen droht, was schiefgehen kann.
Fesselnde Charakterstudien
Ein Highlight der Staffel ist Episode 6, die sich Zeit für eine lange Rückblende nimmt und damit Einblicke in Carmys und Ritchies Hintergründe gewährt. Sie versetzt die Zuschauer mitten hinein in einen Weihnachtsabend im Domizil der Großfamilie Berzatto noch zu Lebzeiten von Carmys Bruder Michael (Jon Bernthal) und verfolgt die unerbittliche Implosion eines festlichen Dinners, dessen von Carmys Mutter kreiierter Gerichte-Overkill als Kitt für die angespannten Familienbande dienen soll, sich dann aber eher als Katalysators fürs Überkochen der Gefühle entpuppt – ein atemberaubend hochtouriges Drama, neben dem sich selbst eine Puccini-Oper wie ein Ausbund kühler Nüchternheit ausnimmt, gekrönt von einem markerschütternden Auftritt von Jamie Lee Curtis als labile Mutter des Berzatto-Clans
Die enorme Strahlkraft von Staffel 1 lässt sich auch daran ablesen, dass die Macher offensichtlich keine Schwierigkeiten hatten, Nebenfiguren durch Stars wie Jamie Lee Curtis, Sarah Paulson oder Olivia Colman zu besetzen. Den Fokus auf das zentrale Team verliert die Fortsetzung darüber aber nie aus den Augen. So gelingt das Kunststück, die Serie in Staffel 2 sogar noch ein Stückchen intensiver fortzusetzen - gerade durch die leiseren, umso eindringlicheren Töne.
Staffel 3
Das „Streben nach Exzellenz“ steht ziemlich weit oben auf einer Liste, in der Chefkoch Carmen „Carmy“ Berzatto (Jeremy Allen White) die „nicht verhandelbaren Spielregeln“ vermerkt, die für sein in Staffel 2 eröffnetes Restaurant „The Bear“ gelten sollen. Für Carmy ist es offensichtlich eher zweitrangig, das neue Lokal bei der Kundschaft zu etablieren und dafür zu sorgen, dass es sich wirtschaftlich trägt. Sein wichtigstes Ziel: Michelin-Sterne!
Dass es etwas Obsessives hat, wie Carmy dieses Ziel verfolgen wird, ahnt man schon in der ersten Episode der neuen Staffel, einem furiosen Auftakt, in dem Showrunner Christopher Storer einmal mehr dramaturgischen Wagemut beweist. Die Folge schließt nicht einfach ans Finale von Staffel 2 an (zur Erinnerung: Staffel 2 endete mit der erfolgreichen Eröffnung des „The Bear“, die Carmy indes versäumt, weil er sich versehentlich in der Kühlkammer einschließt, angesichts der erzwungenen Pause darin zum Nachdenken kommt, sich selbst in Frage zu stellen beginnt und als Folge davon die aufkeimende Beziehung zu seiner Liebsten Claire an die Wand fährt). Das Intro von Staffel 3 ist vielmehr eher eine Reflexion denn eine klassische Erzählung; eine von einem melancholisch-sphärischen Klangteppich getragene Abfolge von Vignetten, die in Carmys Erinnerungen eintauchen und seine ambivalente Beziehung zu seinem Beruf offenlegen. Die Welt der Spitzenküche: Das war für ihn einst ein Zufluchtsort, um dem (Gefühls-)Chaos im Berzatto-Haushalt zu entkommen. Doch der brutale Druck, der hier herrscht, birgt eigene Verletzungsgefahren. Sie wird für ihn zu einer Passion - innig geliebt, aber auch Narben hinterlassend, äußerlich wie die Brandwunde auf der Handfläche, die er in einer der Szenen nachdenklich betrachtet, aber auch innerlich.
Der Zusammenhalt des Teams ist bedroht
Bis es Carmy dämmert, dass er mit dieser Passion, die sich seit der Eröffnung des „The Bear“ ungebremst austobt, den mühsam kultivierten Zusammenhalt seines Teams, aber auch seine eigenen Glücksmöglichkeiten sabotiert, dauert es. Zuvor verfolgt die dritte Staffel in zehn Folgen, wie diverse Figuren mit den „nicht verhandelbaren“ Anforderungen umgehen. Nicht zuletzt erweist sich der Anspruch, jeden Tag das Speisenangebot komplett zu ändern, als kritischer Punkt. Am meisten aber stört, dass Carmy seinen Mitarbeiter:innen kaum Entfaltungsmöglichkeiten einräumt, woran sich vor allem Sydney (Ayo Edebiri) stößt, seine eventuell baldige Geschäftspartnerin, aber auch Richie (Ebon Moss-Bacharach), der eigentlich den Gastraum managen sollte, von Carmy aber ständig dazwischen gefunkt bekommt.
Showrunner Christopher Storer und die Autoren bewegen sich dabei auch jenseits der ersten Folge dramaturgisch recht freihändig, denn im Unterschied zu Staffel 2, wo der Countdown bis zur Neueröffnung des „Bear“ als Leitlinie und Spannungsmotor funktionierte, bleibt jetzt länger unklar, worauf die Handlung hinausläuft. Die Macher verlassen sich darauf, dass die Faszination für die kantigen, vielschichtigen Figuren das Publikum in Bann schlägt. Und damit haben sie vollkommen recht.
Was die Arbeit für Menschen bedeutet
So ist beispielsweise Folge 6 der neuen Staffel – übrigens das Regiedebüt der Schauspielerin Ayo Edebiri, während die anderen Folgen vor allem Christopher Storer und Joanna Calo inszeniert sind – für die Handlung zwar eher unwichtig, aber dennoch ein Highlight. Sie beleuchtet die Vorgeschichte einer der Köchinnen, Tina (Liza Colón-Zayas), bis zu ihrem beruflichen Einstieg in das damals noch von Carmys Bruder Michael geführte „Original Beef“, und konterkariert das Ringen um Exzellenz im „Bear“ mit einem anderen Blickwinkel auf das, was Arbeit für einen Menschen bedeuten kann.
Herzstück dieser Folge ist ein langes Gespräch von Tina mit Michael (Jon Bernthal), in dem noch einmal deutlich wird, was dessen Qualitäten jenseits seiner geschäftlichen Unfähigkeit als Leiter eines Restaurants ausmachte (und Carmy gerade auf fatale Weise abhanden zu kommen droht): die Liebe zur Interaktion mit anderen Menschen. Wie schon in Staffel 2 sind solche ruhigen Zwiegespräche neben allem Wirbel, Stress und den Turbulenzen in der quirligen Restaurantküche eine zentrale Stärke der dritten Staffel. Auf sehr praxisnahe, nicht philosophisch abgehobene Weise geht es dabei immer wieder um nichts Geringeres als den Sinn des Lebens. Um die Rolle des Arbeitens im Spannungsfeld zwischen Selbstverwirklichung und Existenzsicherung, und um die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen im Lavieren zwischen Abgrenzung und die Suche nach Nähe und Gemeinschaft.
Ein klärendes Gespräch
Dass die Serie bei der Emmy-Verleihung hartnäckig in der Kategorie „Comedy“ geführt wird, ist einigermaßen absurd. Zwar gibt es tatsächlich immer wieder komische Momente, nicht zuletzt dankt den Brüdern Neil und Theodore Flak (Matty Matheson & Ricky Staffieri), die sich im „Bear“ ums Handwerklich-Grobe kümmern und in Staffel 3 in einer Folge von John Cena ergänzt werden; doch im Grunde ist die Serie waschechtes Drama mit jeder Menge bewegender Szenen. Etwa wenn in Staffel 3 Richie (Ebon Moss-Bachrach) nicht nur mit seiner Position im „The Bear“ kämpft, sondern auch mit seiner Position als Vater seiner kleinen Tochter, als seine Ex-Frau wieder heiraten will. Oder wenn bei Carmys Schwester Natalie (Abby Elliott) endlich die Wehen einsetzen, im Krankenhaus zunächst nur ihre Mutter (Jamie Lee-Curtis) an ihrer Seite ist und die beiden endlich ihr problematisches Verhältnis klären können.
Kombiniert mit einer Bildsprache, die für Nuancen im Spiel der Protagonisten ebenso viel Sensus hat wie für die Sinnlichkeit des Koch-Sujets und die Metropole Chicago als pulsierenden, rauen Schauplatz, sowie einem Soundtrack, der kongenial immer den richtigen Song oder die richtig Musik zu finden scheint, um die emotionale Tonlage auf den Punkt zu bringen, hält die dritte Staffel dabei durchweg den Energie-Level, den die beiden Vorgängerstaffel vorgegeben haben – bis zu einer letzten Folge, die an Fulminanz dem Staffelauftakt in nichts nachsteht.