Wolfwalkers
Animation | Irland/Luxemburg/Frankreich 2020 | 103 Minuten
Regie: Tomm Moore
Filmdaten
- Originaltitel
- WOLFWALKERS
- Produktionsland
- Irland/Luxemburg/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2020
- Produktionsfirma
- Apple Original Films/Cartoon Saloon/Mélusine Productions
- Regie
- Tomm Moore · Ross Stewart
- Buch
- Will Collins · Tomm Moore · Ross Stewart
- Musik
- Bruno Coulais
- Länge
- 103 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 8.
- Genre
- Animation
- Externe Links
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Außergewöhnlicher Animationsfilm über zwei Mädchen und ihre Sehnsucht nach einem freien, ungebundenen Leben, der visuell und erzählerisch glänzend mit irischer Geschichte und Folklore spielt.
Falsche Perspektiven können so schön sein! Schon in „Das Geheimnis von Kells“ verzichtete Regisseur Tomm Moore auf realitätsnahe Sichtweisen und zeichnete eine flächige Welt, die aus kunstvollen Spiralen und Kreismotiven bestand. Sein animierter Debütfilm war so überraschend eigenwillig wie klug, imitierte er mit dem grafischen Stil doch die Ästhetik des Buches, dem die Geschichte über einen jungen Büchermaler im 9. Jahrhundert Tribut zollte. Auch Moores neuer Film „Wolfwalkers“, bei dem er sich die Regie mit Ross Stewart geteilt hat, sucht die Nähe zur irischen Kunst und Vergangenheit.
Diesmal stand die Ästhetik von Holzschnitten aus dem 17. Jahrhundert Pate für einen neuerlich flächigen Look, während die Handlung vor dem Hintergrund einschneidender Ereignisse der irischen Geschichte spielt. Im Jahr 1650, inmitten der irischen Konföderationskriege, ächzt das Land unter der Rückeroberung der Insel durch Oliver Cromwell und dem Kampf überzeugter Christen gegen „Heiden“; zudem machen Wölfe den Bauern zu schaffen.
Ebenso unbeliebt wie die Wölfe sind die Jäger aus England, die nach Irland gebracht wurden, um die wilden Tiere auszurotten. Diese Ablehnung bekommt vor allem Robyn zu spüren, die Tochter eines der Jäger. Die anderen Kinder machen sich über sie lustig; sie darf das Haus nicht verlassen, weil dies zu gefährlich ist. Robyn fühlt sich wie in einem Käfig. Doch weil sie wild und frei sein will, folgt sie ihrem Vater eines Tages in den Wald.
Der Wolf im Mädchen
Wie der Protagonist Brendan in „Das Geheimnis von Kells“ lernt auch Robyn in „Wolfwalkers“ im Wald ein magisches Geschöpf kennen: die etwa gleichaltrige Mebh, die ihren Geist in den Körper eines Wolfs verwandeln kann, während sie selbst schläft. Seitdem ihre ebenfalls mit dieser Gabe ausgestattete Mutter nicht mehr aus dem tiefen Schlaf erwacht ist, leitet Mebh als Anführerin das Wolfsrudel. Als sie in ihrer Wolfsgestalt Robyn versehentlich beißt, gerät diese in Schwierigkeiten, weil nun auch Robyn zu einem jener sagenumwobenen Wolfwalker wird. Zugleich aber ist die Verwandlung für das Mädchen auch ein Befreiungsschlag. Endlich kann sie die Freiheit und Lebensfreude spüren, die ihr so lange vorenthalten war.
Vom Leben zwischen den Fronten handelt der ausdrucksstark als Zeichentrick animierte Film, von der Engstirnigkeit der Menschen mit ihren eckigen Köpfen und dem Freiheitsdrang von Mebh mit dem runden Kopf und Körper. Alles, was hier erzählt wird, ist stets aufs Engste mit dem Design der Figuren und der Welt verknüpft. Moore und Stewart verstehen es meisterhaft, Form und Inhalt miteinander in Bezug zu setzen. Den Regisseuren gelingt es, weder die komplexen Hintergründe noch die konzeptionellen Ideen allzu sehr in den Vordergrund zu rücken, sondern sich auf die Geschichten zu konzentrieren, in deren Mittelpunkt spannende Kinderfiguren und universelle Themen stehen.
Eine vielschichtige Frauenfreundschaft
Die Geschichte der Freundschaft zweier Mädchen, die durch ihre Wildheit, ihren Mut und Zusammenhalt wunderbare Identifikationsfiguren darstellen, richtet sich an ein junges Publikum, setzt sich aber auch - ganz auf der Höhe der Zeit - für den Schutz der Umwelt ein. Als politische Fabel funktioniert der Film auch deshalb, weil er von einem fanatischen religiösen Herrscher erzählt, der seine Aufgabe darin sieht, mit aller Macht die Natur und das vermeintlich „Wilde“ auszulöschen. Dass diese Figur nur als Lordprotektor bezeichnet wird, nicht aber den Namen von Oliver Cromwell trägt, an dessen Rolle sie sich orientiert, ist nur konsequent: Moore und Stewart haben sie auch als Wiedergänger gegenwärtiger Diktatoren angelegt.
Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass gleich zu Beginn von „Wolfwalkers“ eine Einstellung zu sehen ist, die einen stolzen Hirsch inmitten eines Waldes zeigt und Erinnerungen an ein ganz ähnliches Bild aus „Prinzessin Mononoke“ von Hayao Miyazaki weckt. Denn trotz ihrer ästhetischen Unterschiede stehen die Filme des irischen Animationsstudios Cartoon Saloon den Werken aus dem japanischen Studio Ghibli sehr nahe. Im europäischen Kontext leisten Tomm Moore und Ross Stewart das, was Isao Takahata und Hayao Miyazaki mit ihren Filmen für Ghibli geschaffen haben: Sie verbinden konkrete lokale Tradition, Mythologie und Folklore sowohl erzählerisch als auch ästhetisch mit aktuellen moralisch-ethischen Geschichten. Ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit viel Herz.