„Finden Sie das normal, dass eine Frau solch ein Amt ausüben kann?“, fragt ein Fernsehreporter die Grünen-Politikerin Christa Nickels, was nur eine von unzähligen Archivaufnahmen ist, mit der Regisseur Torsten Körner belegt, wie es lange um die Gleichbehandlung von Frauen in der Politik stand: Sie galten in der Bonner Republik als unnatürliches Kuriosum, dem man mit Misstrauen begegnen musste. Der vorbildlich recherchierte Dokumentarfilmsetzt all diesen „Unbeugsamen“ ein Denkmal, die bis in die 1990er-Jahre hinein beinahe täglich unverblümtem Sexismus ausgesetzt waren, nur weil sie es wagten, bei politischen Entscheidungsfindungen mitreden zu wollen, vom ersten Feminat der Grünen, der ersten Bundesministerin Elisabeth Schwarzhaupt oder der SPD-Abgeordneten Lenelotte von Bothmer, die 1970 erstmals mit beigefarbenen Hosen im Bundestag erschien.
Schlagfertig und von robuster Natur
Flankiert werden die historischen Aufnahmen von aktuellen Interviews mit den betroffenen Jahrgängen, von Ingrid Matthäus-Maier über Renate Schmidt bis zu Rita Süssmuth. Sie berichten von einer Männer-Generation, die sich im Bundestag über die BHs der Kolleginnen ausließ, ihre äußere Erscheinung kommentierte und körperliche Übergriffe ins Lächerliche zog – oder die Empfehlung gab, „derartige Konflikte menschlich zu lösen, etwa mit einer Ohrfeige“. Je länger man diesen haarsträubenden Geschichten aus den Untiefen eines selbstherrlichen Patriarchats zuhört, desto mehr wächst der Respekt vor der rhetorischen Schlagfertigkeit und diplomatischer Ausdauer der meisten Politikerinnen dieser Zeit, die nicht nur über eine dicke Haut verfügen mussten, um etwa den Spießrutenlauf um die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen oder die Bestrafung der Vergewaltigung in der Ehe durchzustehen.
Ihre Reden wurden regelmäßig mit postpubertärem Grölen und Schenkelklopfen übertönt, jede unliebsame politische Meinung mit einer persönlichen Herabsetzung quittiert, oder einem Spruch wie „Hexe, so was hätte man früher verbrannt“.
Adenauers „Meine Herren“
Einzelne Kapitel fokussieren auf chronologisch abgehandelte Entwicklungen, handeln mal von Adenauers ausgeprägter Misogynie, wenn er trotz der Anwesenheit einer weiblichen Ministerin seine Regierungsmitglieder ausschließlich mit „Meine Herren“ ansprach, mal vom Gegensatzpaar Petra Kelly und Hannelore Kohl, deren beider Biografien in einem vom Ehemann mitbeeinflussten Drama endeten.
Die vielen aus heutiger Sicht tragikomischen Erinnerungen formen sich zu einem Gesamtbild einer Ära, die bis heute noch in so mancher machtbewussten Männer-Psyche nachwirkt. Die „MeToo“-Bewegung erscheint da nur als ein Revival der alten Geschlechterkämpfe, ein Wiederaufbäumen vor dem nächsten Backclash, der den Widerspruch von Frauen aus allen politischen Lagern zum Fehltritt unattraktiver Männerhasserinnen deklariert.
In der Männer-Republik
Dank der geschmeidigen Montage sorgt der Film für einen fortwirkenden Spannungsbogen zwischen Fassungslosigkeit und Erleichterung darüber, dass derart selbstverständlich diskriminierende Tumulte in der Berliner Republik nicht mehr möglich wären. „Die Unbeugsamen“ ist die filmische Fortsetzung von Torsten Körners Buch „In der Männer-Republik: Wie Frauen die Politik eroberten“ (2020). Zusammen mit der filmischen Aufarbeitung ergibt sich daraus ein lehrreiches Panorama über den dornenreichen Aufstieg in einer gar nicht so demokratischen Männer-Republik.