Wo anfangen? Beim sprühenden Wortwitz? Dem Slapstick? Bei wunderbaren Bildideen wie dem zu klassischer Musik inszenierten Ballett der Fließbänder, Thunfischdosen und Makrelenkonserven in der Fischfabrik? Der souveränen feministischen Haltung? Oder den drei umwerfend komischen Hauptdarstellerinnen? „Rebellinnen“ ist eine grandios gelungene Krimikomödie und ein Buddy-Movie zugleich, nur eben mit Frauen.
Und nicht nur das. Die schwarzhumorige, höchst vergnügliche Produktion ist zudem ein Debütfilm: der erste Langfilm, den Regisseur Allan Mauduit alleine verantwortet. Mauduit, der zusammen mit Jérémie Guez auch das Drehbuch schrieb, erzählt von der toughen, aber auch etwas verbitterten Sandra, der „Miss Nord Pas de Calais 2005“, wie es immer wieder anerkennend heißt, die nach einer gescheiterten Modelkarriere und Jahren an der Côte d’Azur wieder in ihre triste Heimat im Norden Frankreichs zurückkehrt. Die leicht verblühte Provinzschönheit im Leopardenfellmantel zieht in den Trailer ihrer Mutter, die einen Campingplatz namens „Eden“ betreibt. Und sie sucht sich einen Job in der örtlichen Fischkonservenfabrik.
Eine große Menge Eigensinn
Aus diesen Elementen könnte ein sozialkritisches Drama aus dem Arbeitermilieu im Stil der Dardennes werden. Doch die Vorbilder von Mauduit heißen eher Ken Loach oder Stephen Frears, deren Stil aus den Arbeiterkomödien wie „Riff-Raff“ oder „The Snapper“ er um eine gute Prise Tarantino sowie eine große Menge Eigensinn ergänzt.
Dementsprechend überschlagen sich die Geschehnisse schon bald. Bei einer Abendschicht wird Sandra von ihrem schmierigen Chef Jean-Mi fast vergewaltigt – und tötet ihn bei der Gegenwehr mehr oder weniger aus Versehen. Da Jean-Mi eine Tasche voller Bargeld dabei hat, werden Sandra und ihre Kolleginnen Nadine und Marilyn schnell zu Komplizinnen. Die Frauen wollen das Geld teilen und die Leiche verschwinden zu lassen. Das ist ein ziemlich unappetitliches, zugleich aber extrem komisches Unterfangen. Und da die Frauen, vor allem die mit einem phlegmatischen Mann gestrafte Nadine und die leicht hysterische Marilyn, keine abgebrühten Gangsterinnen sind, haben sie bald eine Truppe belgischer Gangster an den Hacken, die das Geld aus ihrem Deal mit Jean-Mi zurückhaben wollen.
Drahtzieher auf französischer Seite ist Simon Bénéké, ein halbseidener, ziemlich brutaler Typ. Die Ex-Miss scheint er jedoch seltsamerweise zu schonen. Beide verbindet eine Geschichte, von der Sandra bislang allerdings noch nichts weiß.
Witzig-raue Dialoge
Mit präzisem Gespür für Rhythmus, Timing und Slapstick setzt Mauduit das furiose Drehbuch mit den (im französischen Original) echten, rauen und witzigen Dialogen in Szene, weshalb auch so gut wie jede Pointe sitzt. Die Inszenierung zieht dabei die Schrauben immer weiter an. So entwickelt sich die Handlung immer noch ein wenig absurder und abgründiger, verliert aber dennoch nicht ihre Bodenhaftung. Dazu gestattet sich der Regisseur ein paar selbstbewusste Verbeugungen Richtung Tarantino, wenn Nadine die Reifen ihrer Verfolger kaputtschießt und dazu aus dem Off der „Kill Bill“-Song „Bang Bang (My Baby Shot Me Down)“ zu hören ist. Eine Reverenz ist auch der abwegig-spektakuläre Showdown in Nadines Wohnzimmer, an dem zahlreiche Menschen und Waffen beteiligt sind.
All dies aber wäre nichts ohne die drei Hauptdarstellerinnen Cécile de France, Yolande Moreau und Audrey Lamy, die sich perfekt ergänzen. Vor allem de France spielt eine Rolle mit vielen Facetten und großem Entwicklungspotenzial. Eine Frau, die sich einst etwas zu sehr auf ihr gutes Aussehen verlassen hat, nun aber, nicht mehr ganz jung und um ein paar Lebensträume ärmer, ihrer Umgebung mit Arroganz und leiser Verbitterung begegnet. Doch auch die Frau, die (fast zu spät) den Wert von Freundschaft und Loyalität entdeckt, nimmt man ihr ohne Zögern ab. Ähnlich großartig sind Moreau und Lamy, die ihre Figuren mit wunderbar unterspieltem trockenem Humor interpretieren. Wie schön, dass man mit „französischer Komödie“ auch noch etwas anderes als die ewigen Feelgood-Culture-Clash-Komödien à la „Monsieur Claude“ & Co. verbinden kann.