Zwei Familien auf Weltreise

Martin Schröder | 28.04.2019

"Bedenklicher aber als der Umstand, dass bei dieser Weltreise ganze Kontinente unter den Tisch fallen [...]" Ich kann nicht erkennen, was "bedenklich" daran sein soll, nicht alle Kontinente zu bereisen. Dass die Reise dann vielleicht nicht den Titel "Weltreise" verdient sondern vielleicht besser "Asienreise" heißen sollte: geschenkt. Auch dass, "alles Negative, alle Konflikte und Kriege oder die Armut [...] ausgeblendet bleiben", empfinde ich als eine Nachvollziehbare Entscheidung. Kaum ein Zuschauer wird so naiv sein, die soziale oder politische Situation der bereisten Länder nicht zu kennen, so dass aus meiner Sicht nichts dagegen spricht, einen Film über andere Aspekte zu erstellen, nämlich halt über das Reisen an sich und über die Veränderungen, die das Reisen dem Reisenden selbst bringen. Was mich an dem Film dann aber doch massiv gestört hat ist das Gefühl, dass die Reisenden eigentlich zu keiner Zeit wirklich "vor Ort" waren. Als schon beim Abflug aus Deutschland zum ersten Mal im Off-Kommentar ein Youtube-Kanal erwähnt wurde, ahnte ich ja schon Schlimmes. Später hieß es sogar, alle zwei Tage würde ein neuer Youtube-Beitrag gepostet werden. Noch weniger dort sein, wo man gerade ist, kann man wohl kaum als wenn man auch im Urlaub jeden Schritt und Gedankengang mit den Followern teilen muss und sein Leben als Beinahe-Liveshow inszenieren muss. Dazu passt die aufgesetzte Begeisterung (vor allem des Frankfurter Pärchens) über Entdeckungen wie frische Früchte und kinderfreundliche "Einheimische", so als müsse man jedes Erlebnis irgendwie einem unwissenden Publikum in der Heimat präsentieren statt einfach einmal wirklich "da zu sein". Wenn man diesen Film mit dem Film "Weit" vergleicht, der vor einiger Zeit wohl so etwas wie den Startschuss für eine ganze Reihe von "Weltreise-Dokus" gab, dann liegen zwischen diesen beiden Filmen einfach Welten in Hinblick auf Authentizität und "Lerneffekt" beim Betrachter. Schade. Trotzdem irgendwie sehenswert, wenngleich für mich leider eher ein wenig als abschreckendes Beispiel für eine Reiseerfahrung, die doch sehr an der Oberfläche bleibt. Die Dortmunder / norwegische Familie schien mir deutlich weiter gekommen zu sein - auch wenn man von Ihnen mehr über das Familienleben unterwegs lernen konnte als von ihren Reiseerlebnissen.