Seit Terrence Malick, der sich früher rar gemacht hat und so etwas wie der weiße Wal des US-Autorenkinos war, sich 2011 mit "Tree of Life" zurückmeldete, scheint sein Arbeitseifer größer denn je: Nach "Knight of Cups" (2015) präsentierte er mit dem Film "Voyage of Time" 2016 seinen ersten Dokumentarfilm. Ein Projekt, das über Jahre hinweg gereift ist; erste Gespräche mit Andrew Knoll, Professor für Naturgeschichte in Harvard und Malicks wichtigster wissenschaftlicher Berater bei "Voyage of Time", führte er vor über zwei Jahrzehnten.
Auf was Malick mit "Voyage of Time" abzielt, ist nicht mehr und nicht weniger als die "Verfilmung" der Geschichte des Universums und des Lebens auf der Erde - ein Thema, das bereits in seinem Spielfilm "Tree of Life" eine wichtige Rolle gespielt hat, und wie im Spielfilm geht es auch in der Doku, die man als Ergänzung zu "Tree of Life" sehen kann, nicht nur um die Darstellung allein, sondern um die naturphilosophische Befragung: Sie wird deligiert an eine Erzählerstimme (in der 90-minütigen Kino-Version gesprochen von Cate Blanchett; in der 45-minütigen IMAX-Version mit einem anderen Kommentar von Brad Pitt), die sich wie in einem Gebet an eine "Mother" wendet, an die leben- und lichtspendende Natur, und dem gebrochenen menschlichen Verhältnis zu dieser Schöpfungsinstanz nachsinnt - eine Hohelied auf die Großartigkeit aller Dinge vom Makro- bis in den Mikrokosmos und zugleich ein Ausdruck der menschlichen Angst davor, als fühlendes, sterbliches Ich in diesem sich ständig durch Tod und Geburt selbst erneuernden Fluss der Zeit verloren zu sein.
Was dazu an Bildern zu sehen ist, ist schlicht umwerfend: Malick umkreist inhaltlich zwar die Kleinheit des Menschen angesichts der zeitlichen und räumlichen Dimensionen des Universums, macht einen als Zuschauer aber sozusagen zu einem göttlichen Wesen, indem er einen mittels Kameraauge zu dem Geist werden lässt, der vor Beginn der Zeit über den Urwassern schwebt: Man wird Zeuge, wie Galaxien geboren werden und unser Sonnensystem entsteht, wie Kontinente geformt und Urlebewesen gezeugt werden, die irgendwann das Land erobern und, nach dem Aussterben der Saurier, erste Menschen hervorbringen. Zusammen mit seinem Visual-Effects-Experten Dan Glass und wissenschaftlich gestützt von einer Phalanx an Naturwissenschaftlern, geht es Malick dabei weniger um eine reine "Naturgeschichtsstunde" in Sachen Evolution, als vielmehr vor allem darum, seinen Zuschauern das Staunen und Fragen beizubringen.