Gerade noch wurde Detective Mal Toohey (Joel Edgerton) von seinen Kollegen nach einem brandgefährlichen Einsatz gefeiert. Er hatte ein Drogenlabor hochgenommen und wurde bei der Verhaftung eines der Verbrecher angeschossen; glücklicherweise hatte er eine Schutzweste angelegt. Nach der Feier fährt der junge Cop, leicht angetrunken, nach Hause, wobei er mit dem Seitenspiegel seines Autos einen kleinen Jungen streift, der mit dem Fahrrad unterwegs ist. Das Kind stürzt unglücklich und bleibt reglos liegen. Der Polizist verhält sich durchaus angemessen: Er ruft sofort den Notarzt, kontrolliert, ob der Junge ansprechbar ist, hält einen anderen Wagen an und bittet den Fahrer, die Unfallstelle abzusichern. Allerdings gibt er nicht zu Protokoll, dass er in den Unfall verwickelt ist; er sei erst nachträglich eingetroffen und habe einen anderen Wagen gesehen, der den Unglücksort fluchtartig verlassen habe. Diese dezidierte Lüge ist nicht Mals Idee, der vor allem verwirrt und geschockt ist. Der ältere Kollege, Carl Summer (Tom Wilkinson), der die Untersuchung leitet, durchschaut sofort, was passiert ist, will Mal aber aus Ärger raushalten und legt ihm die Aussage förmlich in den Mund. Allerdings hat Summer gerade einen neuen Partner bekommen, den jungen, aufrichtigen Jim Mellic (Jai Courtney). Dem schwant, dass Summer bei der Unfallaufnahme gemauschelt hat. Und da er für die attraktive Mutter des Jungen, der nach dem Unfall im Koma liegt, eine Schwäche hat, liegt ihm viel daran, den wahren Tathergang aufzuklären. Ähnlich wie die thematisch ähnlichen Fahrerflucht-Filme „Ein einziger Augenblick“ von Terry George (2007) oder „Gnade“ von Matthias Glasner (2012) ist „Felony“ von Regisseur Matthew Saville und Joel Edgerton, der das Drehbuch geschrieben hat und die Hauptrolle spielt, kein Krimi, bei dem die Spannung um die Aufklärungsarbeit den Plot bestimmt, sondern ein menschliches Drama um Schuld, Verantwortung und die Dilemmata gerechten Handelns. Die geradlinige Inszenierung konzentriert sich ganz auf die drei Männerfiguren, ohne dezidiert Partei zu ergreifen. Die Beurteilung der jeweiligen Entscheidungen muss man als Zuschauer selbst treffen: Ist Summer, der so bereitwillig die Schuld seines Kollegen vertuscht, ein korrupter Cop? Oder ist es altersweise, den engagierten jungen Kollegen, der als Familienvater zwei kleine Kinder hat, vor den Konsequenzen eines Unfalls zu schützen, dessen Folgen sowieso durch nichts mehr gutzumachen sind? Ist Mellic mit seinem Beharren auf Aufklärung der wahre Held der Geschichte, oder schwingt nicht auch bei ihm eine gute Portion Egoismus mit, weil er ein Auge auf die Mutter des verunglückten Kindes geworfen hat? Wäre es für Toohey das einzig Richtige, sich schuldig zu bekennen?
Mit Hilfe der guten Darsteller tastet der Film alle Seiten der durch den Unfall entstandenen Beziehungskonstellation ab und verfolgt, wie der physische Crash in den Beteiligten nachwirkt. Als Psychodrama entfaltet die Inszenierung eine große Spannung; gleichzeitig liefert der Film dank der Konsequenz, mit der er die unterschiedlichen moralischen Standpunkte umkreist, die Widersprüche aber nicht aufgelöst, jede Menge Stoff zum Nachdenken.