Like Father, Like Son

Drama | Japan 2013 | 121 Minuten

Regie: Hirokazu Koreeda

Ein erfolgreicher Architekt und seine Frau erfahren, dass ihr kleiner Sohn vor sechs Jahren bei der Geburt vertauscht wurde; ihr leibliches Kind wuchs im Haushalt eines chaotischen, gleichwohl liebevollen Elektrohändlers auf. Beide Elternpaare zögern zunächst, die Jungen auszutauschen, sehen sich aber zusehends zu einer Entscheidung gezwungen. Anspruchsvolles, packendes Drama über Elternschaft und Familienbande, das trotz seiner erschütternden Prämisse dramatische Zuspitzungen vermeidet und die Handlung ebenso kraftvoll wie sanft vorantreibt. Die unterschiedlichen Charaktere und konträren Lebensentwürfe der Familien sorgen dabei immer wieder für leisen Humor. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SOSHITE CHICHI NI NARU | LIKE FATHER LIKE SON
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
GAGA/TV Man Union
Regie
Hirokazu Koreeda
Buch
Hirokazu Koreeda
Kamera
Mikiya Takimoto
Musik
Takeshi Matsubara · Junichi Matsumoto · Takashi Mori
Schnitt
Hirokazu Koreeda
Darsteller
Masaharu Fukuyama (Ryota Nonomiya) · Machiko Ono (Midori Nonomiya) · Yôko Maki (Yukari Saiki) · Lily Franky (Yudai Saiki) · Kirin Kiki (Riko Ishizeki)
Länge
121 Minuten
Kinostart
25.09.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Ryota Nonomiya ist ein ehrgeiziger Architekt, der für seine Frau Midori und seinen sechsjährigen, aufgeweckten Sohn Keita kaum Zeit findet. Mehr noch: Mit seiner steifen, unbeholfenen Art wirkt er wie ein Fremdkörper im familiären Miteinander. Das modern eingerichtete Apartment, das in einem Hochhaus mitten in Tokio versteckt ist, strahlt eine Kühle aus, die Ryotas Gefühlswelt spiegelt. Doch schon bald wird das wohlgeordnete, durchgeplante Leben der Nonomiyas auf den Kopf gestellt. Das Krankenhaus, in dem Keita zur Welt kam, informiert die Eltern darüber, dass der Junge nach der Geburt vertauscht wurde. Ihr leiblicher Sohn wächst in der Familie von Yudai Saiki auf, der in einem Vorort einen Elektroladen betreibt. Die Saikis leben mit ihren drei Kindern in einer kleinen Wohnung über dem Geschäft, Yudai ist mit ungepflegten Haaren und nachlässiger Kleidung schon äußerlich als Lebenskünstler kenntlich, der die Dinge nicht so eng sieht. Beide Elternpaare zögern zunächst, ihre Söhne auszutauschen. Sie kommen überein, dass man sich erst treffen und näher kennenlernen will, und dass die Jungs vielleicht einmal übers Wochenende in der anderen Familie übernachten. Doch irgendwann werden sie eine Entscheidung treffen müssen. Der japanische Regisseur Hirokazu Kore-eda ist in Europa vor allem durch „Nobody Knows“ (fd 36 980) bekannt, das beklemmende Drama einer allein erziehenden Mutter, die ihre vier Kinder sich selbst überlässt, und durch „Still Walking“ (fd 39 459), die Geschichte eines Ehepaares, das seinen Sohn verliert, als der einen Ertrinkenden retten will. Kore-edas Themen wie Generationskonflikte, unvollständige oder durch Traumata gefährdete Familien, Zusammenleben, Älterwerden und Sterben erinnern an die Filme des großen Meisters Yasujiro Ozu; auch stilistisch nähert sich Kore-eda mit erzählerischer Einfachheit und bewundernswerter Lebensklugheit dem Vorbild an. Zwei Babys werden nach der Geburt vertauscht – diese schlichte Erzählprämisse ist für ihn Anlass, über Elternschaft nachzudenken, über Familienbande und die Verantwortung der Erziehungsberechtigten. Dabei geht es vor allem um die Erwartungen des Vaters; für Ryota hat die leibliche Vaterschaft absoluten Vorrang. Blut ist dicker als Wasser, heißt es. Doch sind die vererbten Gene wichtiger als die Zeit, die ein Kind in einem anderen Elternhaus verbringt, wichtiger als die Erziehung, vor allem die Liebe, die es dort erfährt? Die Antwort darauf ist nicht einfach, weshalb sich auch die Filmfiguren ihre Entscheidung nicht leichtmachen. So nähert sich Kore-eda, ähnlich wie Etienne Chatiliez in „Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss“ (fd 27 225), diesen Fragen mit mild ironischen Kontrasten, die das Gefälle zwischen den beiden Familien betonen. Doch während Chatiliez eine wilde Satire im Sinn hatte, konzentriert sich Kore-eda auf die unterschiedlichen Charaktere der Paare und ihre konträren Lebensentwürfe. Dem bürgerlich-eleganten, aber auch distanzierten Lebensstil der Nonomiyas steht das lebendige, mitunter komische Chaos der Saikis gegenüber. Kore-eda wertet allerdings nicht. Ryota entspricht nur den Erwartungen der japanischen Gesellschaft, in der beruflicher Erfolg und Corporate Identity alles sind und Individualität kaum zählt. Yudai hingegen ist trotz seiner Nachlässigkeit ein geschickter Handwerker, der Keitas Spielroboter repariert – etwas, wofür Ryota nie Zeit oder Geduld findet. Spannend auch zu verfolgen, wie sehr sich die Kinder in ihre neue Umgebung einfügen. Besonders der zurückhaltende Keita lebt unter seinem liebevollen, verspielten biologischen Vater förmlich auf – sehr zum Unwillen von Ryota. Kore-eda treibt in seiner ebenso kraftvollen wie sanften Inszenierungsweise die Handlung nicht voran, sondern entwirft kleine, zärtlich beobachtete Augenblicke, die melodramatische Zuspitzungen vermeiden. So lernt man Ryota immer besser kennen und auch verstehen. Auch er hatte eine schwere Kindheit, wie ein Besuch bei seinem Vater und seiner Stiefmutter andeutet; mitten im Film, quasi als Essenz und Begründung seines Verhaltens, kommt es zu einer Begegnung mit der Krankenschwester, die sich mit Geld von ihrer (mutwillig aufgeladenen) Schuld an der Verwechslung der Kinder freikaufen wollte. „Sie haben meine Familie zerstört!“, klagt er sie an, während er ihr den Umschlag mit dem Geld zurückgibt. In diesem einen Satz liegt seine ganze Tragik begründet.

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