Was Fußballtrainer so machen, weiß man ja. Die Woche über ein paar Übungen leiten, bunte Plastikhütchen auf dem Rasen verteilen, am Wochenende die Mannschaft aufstellen, und nach dem Spiel ihre schlichte Taktik zur „Philosophie“ hochjubeln. Ein gut bezahlter Job, von dem jeder Fan glaubt, er könnte ihn mindestens so gut machen wie der aktuelle Amtsinhaber. Aber wie es hinter den Kulissen zugeht und was Bundesliga-Trainer in ihrem Beruf wirklich umtreibt, darüber weiß der interessierte Laie im Prinzip herzlich wenig. Nach dem Dokumentarfilm von Aljoscha Pause ist man um einiges klüger.
Die Spielzeit 2012/13 über hat der gelernte Sportjournalist drei Trainer von Profi-Mannschaften mit der Kamera beobachtet. Frank Schmidt (FC Heidenheim), André Schubert (FC St. Pauli) und Stephan Schmidt (SC Paderborn) ließen sich nicht nur an der Seitenlinie und in der Kabine über die Schulter schauen, sondern gewährten intime Blicke auf die Schattenseiten ihres (Traum-)Berufes, die vor allem mit öffentlichem Druck zu tun haben. Da gibt es Phasen, in denen die Mannschaft gewinnt, alles eitel Sonnenschein ist, jeder dem Trainer auf die Schulter klopft und er vor der örtlichen Presse als König hofiert wird. Dann aber kommen Zeiten, in der ein paar Spiele nacheinander verloren werden, Bälle an den Pfosten statt ins Netz gehen. Plötzlich schlägt die Stimmung um. Obwohl der Coach alles so gemacht hat wie zuvor, erklingen plötzlich „Trainer raus!“-Rufe von den Rängen.
Für alle drei Protagonisten verläuft die Saison nicht optimal. André Schubert erwischt die „Beurlaubung“ schon nach dem siebten Spieltag, Stephan Schmidt wird in Paderborn zwei Wochen vor Schluss abserviert, nachdem sich der Präsident in einem Interview öffentlich von ihm distanziert hat, ohne vorher mit ihm gesprochen zu haben. Auch für Frank Schmidt endet die Saison mit einem Fiasko. In der letzten Partie der Spielzeit muss der Mann, der von sich sagt, er könne noch nicht mal seine kleine Tochter beim Mau-Mau gewinnen lassen, erleben, wie sein FC Heidenheim in einem Heimspiel den Relegationsplatz zum Aufstieg in die Zweite Liga verspielt.
Wie Schmidt, der sich für das Endspiel auf der Trainerbank bereitwillig verkabeln ließ, zwischen Hoffen und Bangen an der Seitenlinie herumhüpft wie ein Irrwisch, mit jeder Faser seines Körpers leidet und nach dem Spiel in der Kabine um Worte ringt, gehört zu den spannendsten Sequenzen des gänzlich unkommentierten Films, der vor allem durch die Nähe zu seinen Protagonisten besticht.
Neben den drei Hauptdarstellern kommen auch (ehemalige) Erstliga-Kollegen wie Jürgen Klopp, Armin Veh, Hans Meyer, Peter Neururer und Thomas Schaaf zu Wort, die ihre Sicht auf den vermeintlichen Traumjob darlegen. „Trainer!“ ist eine ungemein faszinierende Langzeitbeobachtung, der man anmerkt, dass Aljoscha Pause sich in dem Metier bestens auskennt. Für seine mehrteilige Reportage „Das große Tabu – Homosexualität und Fußball“ wurde Pause mehrfach ausgezeichnet; zuletzt hat er in „Tom meets Zizou“
(fd 40 556) die wechselvolle Karriere des talentierten Thomas Broich nachgezeichnet. Mit 138 Minuten ist der Kinofilm „Trainer!“ deutlich länger als die am 3. Juni ausgestrahlte, eineinhalbstündige Fernsehversion, aber dennoch keine Sekunde langweilig.