Eine 15-jährige Norwegerin ist in ihren Mitschüler verliebt und wünscht sich nichts sehnlicher, als Sex mit ihm zu haben. Doch wird ihr Versuch des sexuellen „Coming of Age“ zum Spießrutenlauf, weil eine Flucht vor Tratsch, Eifersüchteleien und verständnislosen Erwachsenen in der tiefsten Provinz kaum möglich ist. Das erfrischende Spielfilmdebüt setzt sich aufrichtig, lebensnah und mit sanftem Humor mit erwachender jugendlicher Sexualität auseinander. Ohne derbe Pointen zu bemühen, zugleich auch ohne falsche Scheu inszeniert der Film auf erfrischende Weise ein „lüsternes“ Mädchen als positive Identifikationsfigur.
- Sehenswert ab 14.
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- | Norwegen 2011 | 76 Minuten
Regie: Jannicke Systad Jacobsen
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Filmdaten
- Originaltitel
- FÅ MEG PÅ, FOR FAEN
- Produktionsland
- Norwegen
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Motlys
- Regie
- Jannicke Systad Jacobsen
- Buch
- Jannicke Systad Jacobsen
- Kamera
- Marianne Bakke
- Musik
- Ginge Anvik
- Schnitt
- Zaklina Stojcevska
- Darsteller
- Helene Bergsholm (Alma) · Malin Bjørhovde (Sara) · Henriette Steenstrup (Almas Mutter) · Beate Støfring (Ingrid) · Matias Myren (Artur)
- Länge
- 76 Minuten
- Kinostart
- 08.05.2014
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Alma hält es kaum mehr aus. Sie könnte platzen vor Lust auf Berührungen, auf Küsse und noch mehr. Doch seit der letzten Party wird sie von allen als „Schwanz-Alma“ geächtet. Sie hat an diesem Abend ihren besten Freundinnen von einer eigenartigen Begegnung mit dem Mädchenschwarm Artur erzählt. Anstatt ihr zu glauben, tratschen sie Almas Erlebnis weiter, und das ganze Dorf erklärt sie zur Spinnerin. Eine schlimme Sache für ein 15-jähriges Mädchen in der norwegischen Provinz, wo jeder jeden kennt und man nicht ausweichen kann.
Die Ausstoßung von Alma aus der kleinen Gruppe Gleichaltriger ist das eine Problem. Die Suche nach einem Ventil für ihr sexuelles Erwachen das andere. Zuhause registriert die Mutter mit wachsender Befremdung, wie bei ihrer Tochter die Hormone Amok laufen. Alma legt „aus Not“ einfach selbst Hand an; ihre Mutter aber weiß damit nicht umzugehen. In ihrem Spielfilmdebüt wirft die norwegische Regisseurin Jannicke Systad Jacobsen einen ungewöhnlichen Blick auf die Sexualität eines jugendlichen Mädchens. An Alma fällt vor allem ihre Normalität auf, am Film der direkte und heiter-relaxte Umgang mit dem Thema. Anders als in vielen „Coming of age“-Dramen erzählt der Film nicht von einem Sonderfall, wo Sex bei Jugendlichen in einen größeren Konflikt eingebunden ist wie etwa in „Dreizehn“ (fd 36 213) von Catherine Hardwicke. Und anders als in populären Teenie-Komödien mit weiblicher Hauptdarstellerin geht es nicht bloß um züchtig dargestellte erste Annäherungen wie z.B. in „Frontalknutschen“ (fd 38 869) von Gurinder Chadha. Alma ist vielmehr so „spitz“ wie es im Jugendfilm meist nur Jungs oder „bad girls“ zugestanden wird – mit all den dazugehörigen Fantasien und (Selbst-)Befriedigungsversuchen. Dabei wird sie jedoch als hell strahlendes „Unschuldslamm“ inszeniert. Als Opfer der Umstände bzw. ihrer Pubertät bahnt sich das hübsche blonde Mädchen in stets leicht überbelichteten Szenen ihren Weg aus der dörflichen Engstirnigkeit und tritt durch diesen fotografischen Kniff „rein“ wie eine klassische Jungfrau auf. „Bad“ ist hier lediglich das verkrampfte Umfeld, aber auch das nur in Maßen. Eltern, die Zeit brauchen, um sich daran zu gewöhnen, dass ihre Kinder geschlechtsreif werden, und Teenager, die bis zum Mobbing gehen, um sich selbst zu behaupten, sind schließlich keine Seltenheit.
Das Spannende an dieser alltäglichen Konstellation ist schlichtweg Alma, die gegen Verklemmtheit und Zickenterror rebelliert, indem sie die Dinge nicht nur im tagebuch-intimen Off-Kommentar offen ausspricht und sich selbst treu bleibt. Aufrichtig geht auch Jacobsen bei der Ausgestaltung dieses Plots vor, der auf dem Roman „Få meg på, for faen“ der norwegischen Autorin Olaug Nilssen beruht. Zunächst hat die Regisseurin sich an der Wirklichkeit orientiert und mit jungen Laiendarstellern gearbeitet. Die stammen alle aus der dünnbesiedelten Gegend rund um den Schauplatz und machen durch ihre Ungeschliffenheit die Geschichte erst glaubwürdig. Zugleich aber wirkt die Inszenierung mit ihrer schwungvollen Mischung aus Traumsequenzen, Schwarz-Weiß-Collagen und Szenen aus Almas Alltag äußerst poliert. Der Film verliert sich außerdem nicht in Andeutungen – wer sich sexuell entdeckt, ist eben manchmal nackt –, sondern zeigt lebensnah und mit sanftem Humor, wie das typische Kopfkino eines letztlich sehr romantischen Teenie-Mädchens mit den Fallstricken der Realität kollidiert. Ohne die derbe Schenkelklopfer-Komik von Filmen wie „American Pie“ (fd 34 042) zu bemühen oder dem Voyeurismus anheim zu fallen, schafft Jacobsen so eine der raren positiven Identifikationsfiguren für ganz normale „lüsterne“ Mädchen.
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