Nur einmal wird es finster in diesem Kinoland des Lächelns, dieser Welt des Cocktail-Party-Kicherns und der heimlichen Schadenfreude. Da wird Aibileen Clark, Hausmädchen in Jackson, Mississippi, mit anderen Schwarzen spätabends aus dem Bus geworfen. Die weißen Passagiere dürfen weiterfahren. Es ist der 12. Juni 1963, ein historisch verbriefter Abend, am dem der schwarze Bürgerrechtler Medgar Evers erschossen wird. Auf den Straßen von Jackson herrscht Aufruhr, und man spürt, dass auch Aibileen die nackte Angst nach Hause treibt. Gehetzt, stolpernd und leicht verletzt erreicht die Mittvierzigerin ihre karge Wohnung.
„The Help“ basiert auf dem Bestseller-Roman von Kathryn Stockett. Der zweite Spielfilm des Schauspielers, Produzenten und Regisseurs Tate Taylor erzählt im Kern von der allmählichen Emanzipation zweier farbiger Frauen und ihrer Leidensgenossinnen. Darüber hinaus öffnet der selbst aus Mississippi stammende Regisseur ein an klug verschachtelten Episoden reiches Kleinstadtpanorama, aus dem ein teils überzeichnetes, teils geschöntes, aber doch stets schillerndes Sittenbild der Südstaaten in den frühen 1960er-Jahren erwächst. „The Help“ (zu deutsch: die Haushaltshilfe) ist gelungenes Mainstream-Kino; überraschende Erkenntnisse über Rassismus, Unterdrückung und Auflehnung darf man freilich kaum erwarten. Man kann dem Film vorwerfen, dass er beiden Seiten nicht wehtut, und bemängeln, dass die an Apartheid grenzende Lage, die vor 40 Jahren im Süden der USA herrschte, hemmungslos historisiert wird. Als filmisches Konstrukt betrachtet, verdient der Ensemble-Film nichtsdestotrotz Bewunderung: Taylor gelingt eine bestechend souveräne Einführung der Hauptcharaktere, die eine gute halbe Filmstunde ausfüllt und den Zuschauer magnetisch in diesen Mikrokosmos hineinzieht. Dass eine Handlung schrittweise aus den inneren Motivationen der Figuren entwickelt wird, ist im Gegenwartskino keine Selbstverständlichkeit.
Es beginnt in der feinen Gesellschaft Jacksons, der bonbonfarben-belanglosen Welt weißer Oberschichtsfrauen. Mittendrin und doch draußen: Aibileen, die liebevoll die Kinder Bridge spielender Hausfrauen großzieht, um mitanzusehen, wie sich ihre Schutzbefohlenen in attraktive Schreckschrauben verwandeln. Hilly Holbrook zum Beispiel, Präsidentin der Wohltätigkeitsliga, die sich um die „armen Kinder in Afrika“ ebenso gestenreich sorgt wie um die Gesundheit der weißen Familien. Hilly geht nämlich davon aus, dass Menschen mit abweichender Hautfarbe „andere Keime“ ins Haus bringen. Zur Vorsorge möchte sie daher in ganz Jackson die Extra-Toilette für das schwarze Personal einführen; bis dahin soll zwischenzeitlich das Gebüsch vor der Eingangstür genügen. Die Klo-Frage führt nicht nur zur Entlassung der widerborstigen Hausangestellten Minny Jackson, sie wird auch zum Katalysator eines Geheimprojekts, über dem Aibileen und die couragierte weiße Provinz-Redakteurin und Schriftstellerin in spe Eugenia „Skeeter“ Phelan die Köpfe zusammenstecken: Eine Stadtchronik aus der Perspektive der farbigen Einwohnerinnen, ein riskantes Buchprojekt, das (nicht nur) in Jackson wie eine Bombe einschlagen würde. Skeeter, Mitte 20, eine Art aufgeklärte Scarlett O’Hara („Warum hat niemand Mammy in ‚Vom Winde verweht‘ gefragt, wie sie sich fühlt?“), gewinnt nach Aibileen und Minny schließlich die gesamte schwarze Frauenschaft für die konspirativen Treffen, während sie sich ansonsten mit geheucheltem Interesse an Hillys Kaffeetafel setzt. Seite an Seite mit der wunderbaren Viola Davis fügt sich Emma Stone perfekt in das vorzügliche Ensemble ein. Ihre Undercover-Anarchistinnen-Rolle wird allerdings durch sentimentale, verzichtbare Rückblenden getrübt: Einst hatte auch Skeeter eine farbige Zweit-Mama, deren Verschwinden am Ende tränenreich aufgeklärt wird – durch Skeeters leibliche Mutter Charlotte, die von Allison Janney überzeugend großspurig verkörpert wird (die herrlich biestigen Kurzauftritte von Sissy Spacek als Mutter Holbrook sollen ebenfalls nicht unterschlagen werden). Für die ausgelassensten Momente sorgen zwei Frauenfiguren: Minny, die Küchenkoryphäe, ist nach ihrer Entlassung bei Hilly trotz ihrer Leistungen zur Unperson in den weißen Haushalten geworden. Zum Glück gibt ihr die ahnungslos-offenherzige Celia Foote einen Job, aus dem eine Freundschaft über Rassenschranken hinweg wächst. Angesichts von perfekt paniertem Hühnchen und Aspiksalat schwindet jedes Vorurteil. Die Kochkabinettstückchen verdanken sich dem Zusammenspiel von Octavia Spencer und Jessica Chastain, die dem Film mit einer tragikomischen Rolle ein Glanzlicht aufsetzt. Im Grunde ist die naive Celia die einzige unberechenbare Figur des Films, während die grässliche Hilly, obschon tadellos, aber eine Spur zu parodistisch von Bryce Dallas Howard gespielt, als recht eindimensionale Schurkin Ränke schmiedet. Die kleinmütigen Mitläuferinnen verblassen neben dieser Rassistin und Kleinstadt-Diktatorin, der ihr Toiletten- und Sauberkeitswahn schließlich auf die Zehnen fällt. Dass Hilly am Schluss restlos demontiert wird, hat einen höchst entlastenden Effekt; auch das überdehnte, mit nur wenigen Schönheitsflecken eingetrübte Happy End weckt Misstrauen gegenüber dem kritischen (also auf heutige Minderheitenprobleme anwendbaren) Potenzial des handwerklich imponierenden Films.