In einem Dorf im Mannsfelder Land arbeiten ein 70-Jähriger und sein 25-jähriger Sohn ohne Unterlass an der Instandsetzung schrottreifer Fahrzeuge, wobei nach und nach sichtbar wird, dass es lediglich diese Arbeit ist, die die beiden Eigenbrötler in ihrer nicht ganz freiwilligen Zweckgemeinschaft am Leben erhält. Die aufmerksam beobachtende, einfühlsam gestaltete dokumentarische Tragikomödie nähert sich ohne Off-Kommentar den beiden liebenswert kauzigen Protagonisten zunächst aus der Distanz, entwickelt dann aber zunehmend Empathie und Nähe.
- Ab 14.
Heinz und Fred
Dokumentarfilm | Deutschland 2007 | 81 Minuten
Regie: Mario Schneider
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2007
- Produktionsfirma
- 42film GmbH/MDR/Arte Deutschland
- Regie
- Mario Schneider
- Buch
- Mario Schneider
- Kamera
- Peter Badel · Mario Schneider
- Musik
- Cornelius Renz · Mario Schneider
- Schnitt
- Mario Schneider · René Frölke · Gudrun Steinbrück
- Länge
- 81 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm | Tragikomödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Die Reichswalds aus einem Dorf im Mannsfelder Land sind ein seltsames Paar. Wer sich ihrem Anwesen nähert, sieht plötzlich eine Konstruktion, die etwas von einem Ufo hat, sich bei näherem Hinsehen dann lediglich als hohe, silbergraue Umzäunung ihres Areals entpuppt. Darauf leben Vater Heinz (70) und sein Sohn Fred (25) und arbeiten tagein, tagaus von früh bis spät. Wenn man unter Arbeit allerdings im strengen Sinn Tätigkeiten zur Bestreitung des Lebensunterhalts versteht, arbeiten sie im Grunde nicht. Zwar hämmern, bohren, sägen und schleifen sie ohne Unterlass an schrottreifen Fahrzeugen von Traktoren über Wohnwagen bis zu Baggern, um sie wieder funktionstüchtig zu machen; letztlich aber wollen sie den restaurierten Fuhrpark weder verkaufen noch haben die meisten Geräte für sie irgendeinen erkennbaren Gebrauchswert. Dennoch scheint das tägliche Werkeln fernab der gängigen ökonomischen Kategorien dem Leben von Heinz und Fred eine Art Sinn zu geben. Erst nach und nach macht das dokumentarische Porträt dieser beiden Eigenbrötler deutlich, dass es letztlich nur diese Arbeit ist, die sie am Leben erhält.
Lange Zeit beobachtet die Kamera die beiden aus gebotener Distanz bei ihrem Tun, verdichtet bisweilen die Anordnung von Werkzeugen zu Stillleben und fängt die spärliche Konversation ein, die überwiegend aus technischen Kommandos des Vaters an seinen Sohn besteht. Erst als Fred fernab des Hofs für die Kamera erzählt, dass er noch nie eine Freundin hatte, weil er sich nicht traut, die Mädchen anzusprechen, scheint etwas von der Tragik dieser nicht ganz freiwilligen Männer-WG auf, die sich im Lauf des Films zunehmend verdichtet. In Amateuraufnahmen sind Sequenzen aus Freds Kindheit zu sehen, in denen er an der Hand seiner Mutter im Schnee steht. Die Mutter, so erfährt man, ist vor Jahren gestorben, und Freds ältere Geschwister sind längst aus dem Haus, in dem er mit seinem Vater allein zurück blieb. „Für Fred war es am schlimmsten“, sagt Heinz über den Tod seiner Frau und man spürt, wie sehr die Verantwortung für seinen Sohn auf ihm lastet, der ohne ihn kaum lebensfähig erscheint. Im Presseheft wird sein Handicap wenig konkret als „geistig zurückgeblieben“ diagnostiziert. Sinnfällig wird diese Abhängigkeit, als Heinz mit einer Freundin für einige Tage wegfährt und Fred daheim mit der erstaunlich modernen Telefonanlage kämpft („Das Dienstmerkmal ist aktiviert“), aber seinen Vater nicht erreichen kann. Nur selten verlässt die Kamera das Areal, folgt Fred mal bei einem Kirmes-Besuch oder fängt die Feierlichkeiten zu Heinz’ 70. Geburtstag in einer Kneipe ein. Anschließend überlegt Fred, was er seinem Vater zum Hundertsten schenken könnte, was seine besondere Tragik in dem Umstand hat, dass Heinz kurz nach Abschluss der Dreharbeiten an einem Herzschlag starb, was lediglich dem Presseheft zu entnehmen ist. Gerade so, als hätte Dokumentarfilmer Mario Schneider den Zuschauern dieses deprimierende Finale ersparen wollen. So ist „Heinz und Fred“ eine kleine dokumentarische Tragikomödie, die ohne Off-Kommentar vor allem von ihren liebenswert kauzigen Protagonisten lebt und in ihren besten Momenten die Atmosphäre von David Lynch’ (Spiel-)Film „The Straight Story“ (fd 33 981) erreicht.
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