Während ihr von Schlaflosigkeit und Heimweh geplagter Mann in Berlin arbeitet, wird eine türkische Dorfschönheit von einem in sie verliebten Dschinn heimgesucht. Sie wird von dem Dämon, der die Gestalt ihres Mannes annimmt, schwanger. Auf mehreren Erzähl- und Bedeutungsebenen spielender türkischer Horrorfilm, der sich ebenso auf amerikanische Exorzismus-Vorbilder wie auf den Koran beruft. Erzählt wird von Liebe und Fremdheitserfahrung, doch angesichts der ungelenken Inszenierung sowie einem Wust aus Erinnerungen, Visionen und Albträumen fällt die Orientierung recht schwer.
Musallat - Lästig
Horror | Türkei 2007 | 100 Minuten
Regie: Alper Mestçi
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- MUSALLAT
- Produktionsland
- Türkei
- Produktionsjahr
- 2007
- Produktionsfirma
- Dada/Mia Yapim
- Regie
- Alper Mestçi
- Buch
- Alper Mestçi · Güray Ölgü
- Kamera
- Feza Çaldıran
- Musik
- Resit Gözdamla
- Schnitt
- Alper Mestçi
- Darsteller
- Bikem Karavus (Nurcan) · Burak Özçivit (Suat) · Kurtulus Sakiragaoglu (Haci Burhan Lasavi)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Genre
- Horror
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Eine Liebesgeschichte, sogar in mehrfacher Hinsicht: Kaum, dass der junge Suat in Berlin angekommen ist, wird er von merkwürdigen Visionen, Ohnmächten und einer Art epileptischer Anfälle geplagt. Seinem alten Freund Metin gegenüber klagt er über Schlaf- und Kraftlosigkeit, aber auch über Heimweh und Fremdheitserfahrungen in Berlin. „Musallat“ wird später einen anderen Weg gehen, aber diese in Berlin spielenden Szenen der Fremdheit und Isolation sind schon sehr interessant, weil sich hier zeichenhaft fremde Töne, Brocken eines kaum verständlichen Deutsch in die türkische Diktion mischen – und die Untertitel kurz ins Türkische wechseln.
Die Leere der Straßen und Räume, in denen sich die Figuren bewegen, haben etwas Klaustrophobisches; Regisseur Alper Mestci hat sich bei den Dekors und dem Einsatz von Schauspielern auf das Nötigste beschränkt (oder wohl eher ökonomisch beschränken müssen), weshalb auch der folgende Übergang vom realistischen zum fantastischen Diskurs problemlos funktioniert. Problematischer ist da schon die Behandlung der unterschiedlichen Erzählebenen, die es im Verlauf des Films immer schwieriger machen zu entscheiden, ob es sich bei bestimmten Bildern um Erinnerungen, Visionen, Albträume oder eine parallele Realität handelt. Auch mischt sich ein Off-Erzähler ein, der den ganzen Film als eine moralische Erzählung über die Gefahr einer unkontrollierten Begierde verstanden wissen will, wobei diese Botschaft des „Seht her und lernt daraus!“ auch filmimmanent noch an die Figur eines weisen, älteren Mannes geknüpft ist – den man vielleicht als Exorzisten bezeichnen könnte. Als Suat schon fast die Kontrolle über sein Leben verloren hat, beschließen Metin und er, diesen Mann in Istanbul zu besuchen und um Hilfe zu bitten. Doch der Kampf um Suat geht unter mysteriösen Umständen verloren – und in einem zweiten Anlauf wechselt der Film nun die Perspektive und erzählt die Liebesgeschichte von Suat und der schönen Nurcan, die gleich nach der Hochzeit unter einem schlechten Stern zu stehen scheint. Nurcan schreckt vor körperlichen Annäherungen zurück, von einer geheimnisvollen Krankheit ist kurz die Rede. Doch dann ist Nurcan plötzlich schwanger, und Suats Verhalten wird immer rätselhafter und bedrohlicher. In dieser Phase verdoppelt der Film seine Erzählperspektive, denn vieles, was jetzt geschieht, war bereits in Suats Berliner Albträumen angelegt – und eigentlich wähnt man Suat zu diesem Zeitpunkt auch längst in Berlin.
Es soll jetzt nicht zu viel verraten sein, aber „Musallat“ erzählt noch eine weitere Liebesgeschichte, die vielleicht noch viel größer, auf jeden Fall aber viel unheilvoller ist als diejenige zwischen Suat und Nurcan. Denn ein Dschinn, eine Art Dämon, hat sich lange vor Suat bereits in Nurcan verguckt und sich schließlich als Doppelgänger Suats der Geliebten genähert. Zu vielschichtig, unübersichtlich und vielleicht auch etwas zu ungelenk laviert sich der Film durch seine multiplen Erzähl- und Realitätsebenen, um spannend zu sein. Auch wirken die Rollen etwas zu formelhaft entwickelt und verzetteln sich in ornamentalen Nebenhandlungen und -diskursen (der Mutter-Tochter-Konflikt; der Freundschafts- und Heimat-Diskurs), um Spannung zu erzeugen. Angesichts dessen, was der mächtige Dschinn hier aus reiner Liebe in Bewegung setzt, wirkt der abschließende Rat des Erzählers, man möge bitteschön stets genau hinschauen, ob man es in Liebesdingen mit Menschen oder eben nur mit „Menschen“ zu tun bekommt, etwas betulich.
Kommentar verfassen