Ein achtköpfiges ägyptisches Polizeiorchester, das zur Einweihung eines arabischen Kulturzentrums in Israel engagiert wurde, strandet in einem israelischen Wüstenkaff und muss sich mit der Situation und einigen durchaus freundlichen Bewohnern arrangieren, die Unterkunft, Nahrung und auch Herzenswärme bieten. Eine melancholische Komödie um die äußerst zaghafte Annäherung zwischen "traditionell" verfeindeten Nationen, der es gelingt, die politischen Vorbehalte in den Hintergrund zu drängen, um von universellen menschlichen Problemen, Sorgen, Hoffnungen und Träumen zu erzählen. Ein extrem entschleunigter Film, der auf seine leise Art für Verständnis und Koexistenz wirbt.
- Sehenswert ab 14.
Die Band von nebenan
Komödie | Israel/Frankreich 2007 | 88 Minuten
Regie: Eran Kolirin
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Filmdaten
- Originaltitel
- BIKUR HATIZMORET | THE BAND'S VISIT
- Produktionsland
- Israel/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2007
- Produktionsfirma
- Juli August/Bleiberg Entertainment/Sophie Dulac Prod.
- Regie
- Eran Kolirin
- Buch
- Eran Kolirin
- Kamera
- Shai Goldman
- Musik
- Shehadeh Habib Hanna
- Schnitt
- Arik Leibovitch
- Darsteller
- Sasson Gabai (Tewfiq Zakaria) · Ronit Elkabetz (Dina) · Khalifa Natour (Simon) · Saleh Bekri (Khaled) · Shlomi Avraham (Papi)
- Länge
- 88 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Zu einer Dienstreise der besonderen Art wird ein achtköpfiges Orchester der ägyptischen Polizei abkommandiert: Es soll in einem arabischen Kulturzentrum in Israel aufspielen. Doch der Ausflug in den blauen Paradeuniformen steht unter keinem guten Stern. Weder ein Dolmetscher noch ein Empfangskomitee erwartet die Musiker am Flughafen, der Anruf in der Botschaft verläuft eher unerquicklich, und so beschließt der steife, überkorrekte Tewfiq, der Chef der Truppe, dass man sich allein durchs „Feindesland“ durchschlagen muss. Der junge Khaled, der keinen Flirt auslässt, besorgt die Bustickets, und dann geht es dem Auftritt entgegen. Sollte es zumindest. Irgendwann ist das Ziel erreicht, eine staubgraue Betonsiedlung abseits der Wüstenpiste, in die die Musiker nun mit ihren Instrumenten und Trolleys einmarschieren. Im Ort fragt Tewfiq Dina, die fesche Besitzerin eines Bistros, nach dem Weg zum Kulturzentrum, doch sie zuckt mit den Achseln: Wer braucht schon ein Zentrum, wenn man keine Kultur hat, weder ägyptische noch israelische? Sie klärt die gestrandeten Musiker darüber auf, dass sie statt in Petah Tikva, wie es auf der Einladung steht, in Bet Hatikva gelandet sind. Der letzte Bus ist schon fort, und so muss sich die Band mit der Situation arrangieren. Nun ist das so eine Sache; für ein Essen kann Dina mit Leichtigkeit sorgen, das Nachtlager muss aber improvisiert werden. Zwei Musiker können bei ihr schlafen, drei in der Gaststätte, die restlichen drei werden bei Itzik untergebracht, dem Stammgast des Bistros, dessen Frau Geburtstag hat und sich sicher über Besuch freut.
Die Weichen für Eron Kolirins mit Preisen überhäuften Erstlingsfilm sind gestellt; was folgt, ist eine fast ereignislose Nacht, in der aber doch viel geschieht. Den eher verschüchterten Polizisten ist die Sache zunächst nicht geheuer, aber im Lauf der nächsten Stunden werden die meisten ein wenig aus sich heraus gehen, jeder auf seine Weise. Das Kennenlernen wird natürlich erschwert, wenn in Itziks Wohnung ein mittelschwerer Ehekrach tobt oder der steife Tewfiq in Dinas Gegenwart den Mund nicht auf bekommt. Doch mit gutem Willen, bei einem Glas Rotwein und mit Hilfe der Musik kommt man sich näher, und Frauenheld Khaled gibt Dinas schüchternem Aushilfskellner in einer Rollschuh-Disco die wirklich entscheidenden Anmachtipps, um selbige dann auch bei seiner Gastgeberin höchst persönlich anzuwenden. Diese macht eigentlich dem Chef der Truppe Avancen, doch so weit geht Tewfiqs Verständnis von Völkerverständigung dann doch nicht. Am anderen Morgen scheinen der leichte Zauber der Nacht und die zögerlichen Annäherungen wie weg geblasen – doch nicht gänzlich.
„Die Band von nebenan“ ist ein bescheidener Film, der seine kleine Geschichte nicht über Gebühr strapaziert, sondern sie als verhalten melancholische Komödie präsentiert, deren pointierter Witz sich eher nebenbei entwickelt, etwa wenn ein Mitglied der Band das Foto eines israelischen Panzers aus dem Sechs-Tage-Krieg mit seiner Mütze abdeckt, um in Ruhe Essen zu können, oder wenn Simon aus heiterem Himmel das Ende seiner Sinfonie einfällt, an dem er schon seit Jahren laboriert. Wer brüllende Komik erwartet, ist in Kolirins Film, der sich eher an aus dem Augenblick heraus geborenen Witzen à la Tati orientiert, fehl am Platze. Überhaupt ist die zaghafte Annäherung zweier „traditionell“ verfeindeter Nationen, deren Mitglieder sich über universell-menschliche Probleme näher kommen und von ihren Sorgen, Hoffnungen und Träumen berichten, von einer leisen Lakonie geprägt, die auch an frühe Arbeiten von Aki Kaurismäki und Jim Jarmusch erinnert, wobei die Lakonie auch ein Stilmittel sein könnte, das dem knappen Budget geschuldet ist. Das Ergebnis ist ein höchst entschleunigter Film, der mit wunderbaren, äußerst wortkargen Darstellern für Verständnis, Koexistenz und (Völker-)Verständigung wirbt. Denn für ein friedliches Miteinander braucht es eben keine großen Worte, flammenden Reden und großen (Zu-)Geständnisse, manchmal reicht auch schon die Musik, beispielsweise „My Funny Valentine“, gespielt von Chet Baker, das allen Beteiligten des Films irgendwie in den Ohren klingt und das sogar Emotionen ins Gesicht des spröden Kapellmeisters zaubert. Jetzt ist er Mensch, jetzt kann er’s sein.
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