Verschwörung der Herzen (2006)

Dokumentarfilm | Norwegen 2006 | 60 Minuten

Regie: Øyvind Sandberg

Dokumentarfilm über zwei Männer mit Down-Syndrom, die sich im norwegischen Bergen eine Wohnung teilen: wie sie mit einer Gruppe in den Urlaub fahren, sich für ihren Fußballverein begeistern, und wie einer von beiden sich eine Freundin sucht. Der Film zeigt auf betont sachliche, dennoch einnehmende Weise das Bestreben aller drei Protagonisten, ein normales Leben zu führen, was teils gelingt, teils an Grenzen stößt, ihre lebensbejahende Haltung aber nicht beeinträchtigt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
KABAL I HJERTER
Produktionsland
Norwegen
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Øy-film
Regie
Øyvind Sandberg
Buch
Øyvind Sandberg
Kamera
Øyvind Sandberg · Anne Dorthe Kalve · Frode Fimland
Schnitt
Eirik Stefansen
Länge
60 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Ein neuer Tag beginnt – das ist ein beliebter Filmanfang, um Normalität zu zeigen, die entweder aus dem Ruder läuft oder im Ungewöhnlichen existiert. In Øyvind Sandbergs Dokumentarfilm ist letzteres der Fall. Die beiden Männer, die beim Tagesbeginn gezeigt werden, sind offenbar völlig selbstständig. Dabei leiden sie unter dem Down-Syndrom – wobei das Leiden kaum zu sehen und gerade nicht Thema des Films ist. Kåre Morten und Per, rund 30 und 40 Jahre alt, sind Stammgäste bei einer Masseurin, sie haben beide – wenn auch anspruchslose – Jobs, sind ruhige, umgängliche Zeitgenossen, die sich vor allem dann leidenschaftlich zeigen, wenn ihr Verein, offenbar ein Club aus einem Viertel in ihrer Heimatstadt Bergen, Fußball spielt. In Kåre Mortens Leben gibt es inzwischen aber einen weiteren Glücksbringer. Maybritt, leicht geistig behindert, aber ohne Down-Syndrom, und er sind ein Paar. Was Per zu der Annahme verleitet, Kåre Morten werde ihn bald vernachlässigen. Nun ist nicht wirklich alles normal im Leben der drei. Als Kåre Morten und Per in den Urlaub fahren, tun sie dies unter Aufsicht und mit ihresgleichen. Betreuer gibt es auch im Alltag, und die sind zum Beispiel dagegen, dass Kåre Morten und Maybritt leere Pfandflaschen aus den Mülleimern der Stadt fischen und zu Geld machen – offenbar Maybritts Haupteinnahmequelle. Auch Maybritt hat ihre Probleme. So kann sie sich nicht merken, welcher Wochentag gerade ist, weshalb sie sich an jedem der sieben Tage von Kopf bis Fuß in eine andere grelle Farbe kleidet: Sonntag ist lila, wegen der Kirche. Aber sie alle lassen sich nicht entmutigen, sondern strahlen eine lebensbejahende Haltung aus. Interessant ist Kåre Mortens Mutter, eine ältere Dame, die einerseits skeptisch ist, ob ihr Sohn mit Maybritt wirklich zusammenziehen sollte und kann, ihn andererseits aber ermahnt, in der Beziehung „der Mann“ zu sein und stets den Ton anzugeben. Ein kleines Drama entwickelt sich, als das Paar sich gegenseitig beschuldigt, die Verlobungsringe nicht mehr anzuziehen. Wobei diese Beziehung von einer kindlichen Unschuld ist, die sich in zarten Umarmungen erschöpft. Die Umwelt bringt den drei Figuren viel Verständnis und Geduld entgegen, wofür sicherlich auch die anwesende Kamera verantwortlich sein mag. Aber Regisseur Sandberg, einem erfahrenen Dokumentarfilmer, gelingt es, immer nah am Geschehen zu bleiben, ohne sich einzumischen, aber auch, ohne eine gebührende Distanz aufzuheben. Weder klagt er Missstände an, noch wirbt er für Mitgefühl, sondern er zeigt so neutral wie möglich das Bestreben der drei, jene Normalität zu leben, die sie bei ihren Mitmenschen beobachten. Dieser Umstand geht wiederum mit einer gewissen Reflexion über ihr Anderssein einher. Die beiden Männer definieren es vor allem darüber, dass sie „sehr wütend“ werden können, wenn sie geärgert werden. Besonders rührend ist die Szene, in der Kåre Morten seine Mutter fragt, ob Maybritt denn sehen könne, dass er das Down-Syndrom habe. „Man sieht es in deinen Augen“, sagt sie, wahrscheinlich ein kluger Satz in diesem Moment.
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