Die Bewohner eines idyllischen Fischerdorfs in Kanada wehren sich gegen den wirtschaftlichen Niedergang, indem sie mit allen Mitteln für die Neuansiedlung einer Fischkonservenfabrik kämpfen. Um alle bürokratischen Hürden zu überwinden, lässt sich die verschwörerisch-skurrile Dorfgemeinschaft allerhand Tricks und Kniffe einfallen und inszeniert ein Theater, das ihr Dorf als idealen Standort zeigen soll. Der Dorfkomödien-Plot läuft zwar insgesamt zu routiniert ab und weist kaum Ecken und Kanten auf, unterhält aber dank wohlgesetzter Pointen und schrulliger Figuren auf höchst amüsante Weise.
- Ab 12.
Die große Verführung
Komödie | Kanada 2003 | 109 Minuten
Regie: Jean-François Pouliot
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Filmdaten
- Originaltitel
- LA GRANDE SEDUCTION
- Produktionsland
- Kanada
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- Max Films
- Regie
- Jean-François Pouliot
- Buch
- Ken Scott
- Kamera
- Allen Smith
- Musik
- Jean-Marie Benoît
- Schnitt
- Dominique Fortin
- Darsteller
- Raymond Bouchard (Germain Lesage) · David Boutin (Christopher Lewis) · Benoît Brière (Henri Giroux) · Pierre Colin (Yvon Brunet) · Rita Lafontaine (Hélène Lesage)
- Länge
- 109 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
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Heimkino
Diskussion
Wir befinden uns im Jahre 2003 nach Christus. Ganz Kanada ist von Materialismus und Gleichgültigkeit geprägt... ganz Kanada? Nein. Ein von unbeugsamen Quebecern bewohntes Fischerdörfchen hört nicht auf, gegen den frostigen Zeitgeist Widerstand zu leisten. In „Die Große Verführung“, der auf dem diesjährigen Sundance Filmfestival einen Publikumspreis errang, steht die Zukunft dieses einzigartigen Ortes auf dem Spiel, der in seiner idyllischen Abgeschiedenheit an jenen der „unbeugsamen Gallier“ erinnert. Schon lange sind die 125 Einwohner von Sainte-Marie-La-Mauderne arbeitslos, sind die arkadischen Zeiten vorbei, in denen die Männer morgens mit einem Pfeifen auf den Lippen einträchtig zu ihren Fischerbooten pilgerten, um abends mit reichem Fang zurückzukehren, den sie dann nachts mit ihren Frauen im Ehebett feierten, bis aus allen Schornsteinen gleichzeitig kleine Zigaretten-danach-Wölkchen aufstiegen. Nach märchenhaftem Beginn setzt in der zauberhaften Welt von Sainte-Marie-La-Mauderne zwar bald Ernüchterung ein, doch Regisseur Jean-Francois Pouliot behält seinen humorvoll-naiven Blickwinkel bei. Statt zum Hafen pilgern die Männer jetzt auf Ämter, wo sie Sozialhilfeschecks statt Fische erbeuten, und ein dicker Fang nur dann möglich ist, wenn einer für seinen längst toten Nachbarn noch immer mitkassiert.
Da weder Zaubertränke noch neue Fischgründe in Sicht sind, besteht die letzte Hoffnung in einer Fabrik, die ein großes Unternehmen im Dorf errichten möchte. Dafür aber bräuchte es etwa doppelt so viele Einwohner und einen Arzt. Um die erste Auflage zu erfüllen, beschwindelt der inoffizielle Bürgermeister Germain, eine Art „Asterix“-Figur, die Abgesandten des Unternehmens. Auf sein Kommando führt das ganze Dorf die Fremden an der Nase herum. Gerammelt voll ist die Kneipe, in der sie ihr Bier trinken, aber kaum setzen die Kontrolleure einen Fuß vor die Tür, stürmt die versammelte Menge durch den Hinterausgang, um den Besuchern als nächstes in der Gemeindehalle regen Umtrieb vorzugaukeln. Die zweite Auflage erweist sich als problematischer. Kein Arzt auf der Welt scheint bereit, sich in dem abgeschiedenen Nest niederzulassen. Doch als die Ersten schon aufgeben und sich außerhalb des Dorfes eine neue Arbeit suchen, geht einem von ihnen, der sich jetzt als Verkehrspolizist verdingt, plötzlich Dr. Lewis ins Netz. Eine Anzeige wegen überhöhter Geschwindigkeit fällt unter den Tisch, dafür muss Lewis einige Wochen in Sainte-Marie-La-Mauderne als Arzt Dienst tun. Keine Mühen scheut die Dorfgemeinschaft während dieser Zeit, um dem hochnäsigen Schönheitschirurgen das Leben als Dorfarzt derart schmackhaft zu machen, dass er sich auf Dauer im Ort ansiedeln möchte. Sogar das Telefon des kostbaren Gastes wird angezapft, um etwas über seine Vorlieben in Erfahrung zu bringen. Kaum äußert er Appetit auf ein bestimmtes Essen, erscheint es in der Dorfkneipe prompt auf der Tageskarte. Und weil Lewis leidenschaftlicher Kricket-Fan ist, verwandelt sich auch Sainte-Marie-La-Mauderne über Nacht in eine Enklave scheinbar begeisterter Kricketanhänger.
Was für eine Geschichte! Viel kann bei einem solchen Plot nicht schief gehen. Bietet das Drehbuch von Ken Scott doch eigentlich alles, was eine Komödie braucht: skurrilen Charme, Bilderbuchkulisse, soziale Dynamik, burleske Intrigen und einen fast unermesslichen Schatz heikler Situationen. Leider aber schöpft Pouliot das dramaturgische Potenzial der Vorlage nur selten so kongenial aus wie bei Dr. Lewis’ Schiffsankunft, zu der die arbeitslosen Fischer ganz in Weiß gewandet, auf einem hohen Felsen eine Kricketpartie inszenieren: ein Bild, eine Szene wie für die Filmewigkeit. Oft jedoch verlässt sich Pouliot ein wenig zu sehr auf die treffsicheren Pointen des Plots. Vieles wirkt kalkuliert, schwimmt zu geradlinig auf der Erfolgswelle ähnlicher Dorfgeschichten wie „Lang Lebe Ned Devine!“ (fd 33 598) oder „Kops“ (fd 36 210). Zu abgeschliffen und austariert, zu durchkonstruiert kommt der Film daher, um einen über launige, liebenswürdig witzige Unterhaltung hinaus zu packen. Letztlich ist die Geschichte vielleicht sogar zu perfekt erdacht und fehlt es ihr an Ecken und Kanten. Auch die Inszenierung verpasst es, dem Ganzen einen individuellen Charakter zu verschaffen. Die Darstellungen sind zwar allesamt gefällig und teilweise mehr als nur das, vor allem Raymond Bourchard hinterlässt in seiner Rolle als gutmütiger Dorfchef einen bleibenden Eindruck. Dennoch springt der Funke selten über, verflachen die Figuren, eingespannt in einem gut geölten dramaturgischen Räderwerk, das ihnen kaum Platz lässt, sich zu entfalten. Dadurch erscheinen sie typisiert, wie so vieles in diesem Musterfall einer Dorfkomödie: märchenhaft abstrakt und kaum greifbar. Unterm Strich bleibt ein hübscher, sehenswerter Film, was ein wunderschöner hätte werden sollen.
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