The Soul Of A Man
Musikfilm | Deutschland/USA 2003 | 103 Minuten
Regie: Wim Wenders
Filmdaten
- Originaltitel
- THE SOUL OF A MAN
- Produktionsland
- Deutschland/USA
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- Road Movies/Vulcan/Cappa/Jigsaw
- Regie
- Wim Wenders
- Buch
- Wim Wenders
- Kamera
- Lisa Rinzler
- Schnitt
- Mathilde Bonnefoy
- Darsteller
- Laurence Fishburne (Erzähler) · Keith B. Brown (Skip James) · Chris Thomas King (Blind Willie Johnson) · David F. Hughes (Art Laibly) · James Hughes (H.C. Speirs)
- Länge
- 103 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 12.
- Genre
- Musikfilm | Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
„The Soul of a Man“ ist Teil eines siebenteiligen (Fernseh-)Filmprojekts, an dem auf Initiative von Martin Scorsese Charles Burnett, Mike Figgis, Marc Levin, Clint Eastwood, Richard Pearce und Scorsese selbst beteiligt waren, um im „Jahr der Blues- Musik“ mit eigenen Filmen, aber auch mit Fernsehsendungen, Ausstellungen, Konzerten und anderen Veranstaltungen dem Blues die Reverenz zu erweisen. Wenders’ Film fungierte in Cannes 2003 als „Botschafter“ für den europäischen Markt und erfährt nun seine Kinoauswertung. Aus den Weiten des Weltalls nähert sich die Kamera in einer ausufernden filmischen Reise durch Zeit und Raum vor allem drei vergessenen Pionieren dieser Musik, darunter zwei „historischen“ Protagonisten: dem blinden texanischen Gospel- und Blues-Sänger Blind Willie Johnson, der in den 1920er-Jahren einige rare Songs aufnahm, und dem 1902 geborenen Sänger, Gitarristen und Pianisten Skip James, der 1931 für die Plattenfirma Paramount einige Schallplatten einspielte, danach aber desillusioniert der Musik (und ihrer Vermarktungsmaschinerie) den Rücken kehrte. 1964 aber wurde er wiederentdeckt und feierte beim Newport Festival ein legendäres Comeback. Mit neuester Filmtechnik gestaltet Wenders inszenierte Spielszenen als vermeintlich historisches Bildmaterial, das zerkratzt und tontechnisch fehlerhaft daherkommt und aus zufällig auf einem Speicher gefundenen uralten Blechbüchsen stammen könnte; wobei dieser „Fake“ durchaus Sinn macht, weil er so auch ein Gespür für den Stand damaliger filmischer wie musikalischer Aufnahmetechniken vermittelt. Zugleich gelingt die Anbindung an die Gegenwart: wenn aktuelle Blues-Größen – besonders eindrucksvoll: Bonnie Raitt, James „Blood“ Ulmer und Cassandra Wilson – authentische Songs von James und Johnson mit ihren jeweiligen individuellen Mitteln neu interpretieren, dann ist dies nicht nur eine Verbeugung vor den Pionieren, sondern auch ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie zeitlos „klassisch“ dieses Musikmaterial ist.
Der dritte Blues-„Held“ ist für Wenders J.B. Lenoir, der in den 1950er-Jahren einen bemerkenswerten eigenen Sound zwischen Blues und Boogie schuf. Der Engländer John Mayall erwies Lenoir eindrucksvoll Reverenz, und Wenders machte sich lange Jahre vergeblich auf die Suche nach authentischem Bildmaterial – das er schließlich dann doch im Besitz eines Dokumentarfilmer-Ehepaars fand. Wobei diese Begegnung mit den beiden Dokumentaristen, einem Amerikaner und einer Schwedin, zum seelischen wie emotionalen Herzstück des gesamten Films wird, geht es hier doch um weit mehr als „nur“ um die Musik eines vergessenen Blues-Musikers: Urplötzlich steht die gelebte Erinnerung eines liebenswerten, längst ergrauten Paares im Zentrum, ihre Liebe zur Musik wie auch ihre Liebe füreinander, die sich in den alten 1960er-Jahre-Filmdokumenten ebenso anrührend Bahn bricht wie in den aktuellen, von Respekt und Zuneigung geprägten Erzählungen und Erinnerungen, die sie vor Wenders’ Kamera ausbreiten. In dieser Begegnung verwirklicht Wenders durchaus eindrucksvoll seine Wunschvorstellung: Musik nicht (nur) als beliebige kreative Ausdrucksform zu dokumentieren und zu vermitteln, sondern als ein individuelles Lebensgefühl, das ebenso mit ästhetischem Eigensinn wie mit existenziell gelebten Erfahrungen, mit Begegnungen, Kontakten und Freundschaften angereichert ist. Insofern ist der amerikanische Blues – durchaus nachvollziehbar – in der Tat eine Welt übergreifende Metapher für „human passions“, für Leid und Leidenschaften, Hoffnungen und Lebensfreude.