Frühling im Herbst (2001)
Komödie | Tschechien 2001 | 95 Minuten
Regie: Vladimír Michálek
Filmdaten
- Originaltitel
- BABI LETO
- Produktionsland
- Tschechien
- Produktionsjahr
- 2001
- Produktionsfirma
- BKP/Buc-Film/Czech TV
- Regie
- Vladimír Michálek
- Buch
- Jirí Hubac
- Kamera
- Martin Strba
- Musik
- Michal Lorenc
- Schnitt
- Jirí Brozek
- Darsteller
- Vlastimil Brodský (Frantisek Hána) · Stella Zázvorková (Emilie Hánová) · Stanislav Zindulka (Eda) · Ondrej Vetchý (Jára Hána) · Petra Spalková (Králová)
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Vladimír Micháleks „Frühling im Herbst“ ist zuallererst ein Starvehikel für Vlastimíl Brodsky. Auch hierzulande hat der beliebte tschechische Schauspieler durch seine Titelrolle in Frank Beyers „Jakob der Lügner“ (fd 19 636) einen klangvollen Namen; unvergesslich auch seine Mitwirkung in einigen markanten Filmen des Prager Frühlings wie Jirí Menzels „Lerchen am Faden“ (fd 28 815). In „Frühling im Herbst“ schlurft Brodsky nun noch einmal mit melancholischem Lächeln und schelmischem Blick durchs Geschehen. Wie Jakob und viele andere Figuren charakterisiert er auch den Frantisek als Verweigerer: Indem er – unter anderem – „der neuen Geldbourgeoisie vors Schienenbein tritt“, hält er sich fit und lehnt sich gegen Lethargie und Tod auf.
Die „Gegenentwürfe“ zu Frantiseks munterem Dasein werden von Buch und Regie etwas vordergründig skizziert: Ein greiser Nachbar muss tagtäglich immer mit derselben Körperhaltung aus dem Fenster blicken, abwesend stumm, nicht mehr erreichbar. Frantiseks Ehefrau Emilie, die ihren Lebensabend sozusagen „in Würde“ verbringt, spart anders als ihr Mann schon seit langem das Geld fürs Begräbnis. Auch der Sohn wird als kleinbürgerlich skizziert: Weil er die Wohnung der Eltern selbst beziehen will, möchte er die Alten gerne ins Heim abschieben. Die dramaturgischen Schlichtheiten des Films, der auch in Bildgestaltung und Schnitt nicht über konventionelles Fernsehniveau hinaus gelangt, werden jedoch von den berührenden Darstellern aufgehoben. Wenn sich Brodsky und sein Partner Stanislav Zindulka gegenseitig die Bälle zuspielen, erinnern sie durchaus an die kauzigen Komödianten Jack Lemmon und Walther Matthau. Stella Zazvorková als Emilie vermeidet jede Verzerrung ihrer Figur ins Karikaturenhafte und macht auch in jenen Szenen, in denen sie Frantiseks Eskapaden ablehnt, ihre Liebe zu ihm deutlich. Nur so ist ihre bodenlose Enttäuschung zu verstehen, als er eines Tages – aus akuten Finanzschwierigkeiten – ihr gegenüber zur Notlüge seines eigenen Todes greift: Dieses makabre Spielchen will sie nicht mehr mitspielen. Der „vorgetäuschte“ Tod, aber auch jene Sequenz, in der die beiden Schwerenöter eine Blumenhändlerin um Geld für einen Steptanz-Kurs bitten (das sei die Voraussetzung für die Hauptrolle in einem Hollywood-Opus über den Retter von Kindern vor dem KZ!), führt den Film in Regionen des Grotesken und Aberwitzigen – zweifellos seine besten Momente. „Frühling im Herbst“ endet nicht mit Altersheim und langsamem Dahindämmern, sondern mit einem weiteren Frühling, in dem neben Frantisek nun auch Emilie kräftig mitmischt. Leider erreichte jene Art Lebenshilfe, die von diesem Kinomärchen ausging, den Hauptdarsteller selbst nicht mehr: Unmittelbar zu Beginn des Tschechischen Filmfestivals in Pilsen 2002, bei dem „Frühling im Herbst“ den Siegespokal „Goldener Eisvogel“ erhielt, schied Vlastimíl Brodsky 82-jährig aus dem Leben. Er erschoss sich in seinem Wochenendhaus; wie es hieß, aus Einsamkeit.