Science-Fiction | USA 1997 | 150 Minuten

Regie: Robert Zemeckis

Eine junge Astrophysikerin empfängt bei ihren Versuchen, das Weltall mit gigantischen Parabol-Antennen zu belauschen, eine Nachricht von dem viele Millionen Lichtjahre entfernten Stern Wega. Deren Entschlüsselung ergibt Anweisungen zum Bau eines Raumschiffes, das einen Menschen zur Wega befördern könnte. Ein nach einem Entwurf und unter Mitarbeit des Astronomen Carl Sagan entstandener Film, der eine Mischung aus konventioneller Hollywood-Story und ernsthafter Beschäftigung mit der gerade in diesem Jahrzehnt wieder populären Frage nach Sinn, Herkunft und Ziel des Lebens anbietet. Dabei nähert er sich dem Grenzbereich von Wissenschaft und Religion mit mehr Konsequenz, als man von einem kommerziellen Studio-Produkt erwartet hätte, und verdient vor allem im Umfeld der äußerlichen und vernichtungsorientierten Science-Fiction-Filme der letzten Jahre besondere Aufmerksamkeit. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
CONTACT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
South Side Amusement Company
Regie
Robert Zemeckis
Buch
James V. Hart · Michael Goldenberg
Kamera
Don Burgess
Musik
Alan Silvestri
Schnitt
Arthur Schmidt
Darsteller
Jodie Foster (Ellie Arroway) · Matthew McConaughey (Palmer Joss) · Jena Malone (Young Ellie) · David Morse (Ted Arroway) · Geoffrey Blake (Fisher)
Länge
150 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Science-Fiction
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Heimkino

Die umfangreiche Special Edition enthält u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs, der Hauptdarstellerin und des Produzenten Steve Starkey.

Verleih DVD
Warner (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
In Roswell (New Mexico) versammelten sich enthusiasmierte Scharen von überzeugten Gläubigen erster interplanetarer Kontakte zum 50. Jahrestag der vermeintlichen Landung eines Raumschiffes extraterrestrischer Herkunft. Fast gleichzeitig übertrugen Fernsehstationen in aller Welt kristallklare Bilder der Marsoberfläche, die vom ferngesteuerten "Pathfinder" aus dem 170 Millionen Kilometer entfernten Ares Vallis ins NASA-Hauptquartier gefunkt wurden. Und vor den Eingängen amerikanischer Kinos bildeten sich Schlangen von vielen Millionen Filmfans, die ein Stück Zelluloidfantasie unter dem Titel "Men in Black" (fd 32 733) sehen wollten, in dem außerirdische Präsenz auf der Erde als längst vorhandenes, aber von höchster Warte vertuschtes Faktum behandelt wird. Wenige Tage, nachdem sich dies alles ereignete, erschien ein ganz anderer Film auf der Bildfläche, der in seinem Nachspann die schlichten Worte "For Carl" verzeichnete. Carl, dessen dort gedacht wird, ist niemand anderer als der Astronom Carl Sagan, dem zu Ehren die NASA eine Woche zuvor das Landegerät ihres "Pathfinders" in die "Carl Sagan Memorial Station" umbenannt hatte: ein ernsthafter Wissenschaftler, der an der Cornell Universität gelehrt hat, der aber auch die breite Masse immer wieder mit seinen Veröffentlichungen beeindruckte, mit Büchern wie "The Dragons of Eden", für das er den Pulitzer-Preis erhielt. 17 Jahre lang hat Sagan versucht, die Konventionen der Hollywood-Industrie zu unterlaufen und ein Filmprojekt zu initiieren, das ihm besonders am Herzen lag. Ganze Legionen von Autoren und Produzenten haben seinen 60 Seiten langen Entwurf immer aufs neue um- und umgedacht (unter ihnen George Miller, der Vater der "Mad Max"-Filme, und Peter Guber, der vor allem als "Batman"-Produzent und durch seine Verschwendungssucht bei Sony Pictures zu zwiespältigem Ruhm gelangte). Sagan entschloß sich Mitte der 80er Jahre, den Stoff in Buchform vorzulegen, und stieg mit "Contact" in die Liga der Bestsellerautoren empor. Dennoch gab Sagan die Hoffnung auf eine Verfilmung nicht auf und arbeitete sogar noch kontinuierlich mit Robert Zemeckis zusammen, der nach seinem Erfolg mit "Forrest Gump" (fd 30 995) zum endgültigen Regisseur des Films berufen wurde, als er bereits todkrank war. Im Dezember 1996 starb Carl Sagan an den Folgen von Rückenmarkkrebs, erst 62 Jahre alt. Seine Frau, Ann Druyan, blieb dem Film als Co-Produzentin verbunden. "Contact" ist in vielem unübersehbar ein Produkt Hollywoods. Aber dennoch nimmt sich der fertige Film im Umfeld der lauten, aggressiven und nichtssagenden Filme dieses Kinojahres wie ein Fremdkörper von einem anderen Stern aus. Während man "Contact" sieht, wird einem unweigerlich bewußt, daß all die Monster- und Galaxienfilme der letzten Zeit überhaupt nichts mit richtiger Science Fiction zu tun haben. Von ihnen ist "Contact" weiter entfernt als die Milchstraße. Obwohl die Story in vielen konventionellen Wendungen die Handschrift von Studio-Routiniers trägt, verhilft Zemeckis mit seiner Version der Dialektik Carl Sagans immer wieder zum Durchbruch. Und obwohl auf einer simpleren, konsumfreundlicheren Ebene angesiedelt, läßt sich "Contact" eher mit Kubricks "2001" (fd 15 732) und Tärkowskijs "Solaris" vergleichen als mit den "Star Trek"-Filmen und "Independence Day" (fd 32 118). Die Handlung zentriert sich um eine echte Identifikationsfigur, wie sie im heutigen Hollywood-Schaffen selten geworden ist. Die Astrophysikerin Ellie Arroway besitzt Eigenschaften, mit denen sich der Zuschauer sogleich anfreunden kann: sie ist neugierig, jeder Herausforderung zugänglich, von ihrer Arbeit, aber auch von ihrer Vision besessen. Sie hat ihr Leben der Aufgabe gewidmet, außerirdischer Intelligenz auf die Spur zu kommen, wofür sie Vereinsamung, Mißverstandensein und Anfeindung fast täglich in Kauf nimmt. Geschickt wird sie zuerst als Kind eingeführt, das von einem unendlich liebevollen und geduldigen Vater die Anfangsgründe der Kommunikation über Amateurfunk erlernt, und das zum ersten Mal die Faszinationskraft des nächtlichen Sternenhimmels erfährt. Als man ihr wieder begegnet, verschafft sie sich gerade die Möglichkeiten zu einer Beobachtungsstation großen Ausmaßes. Ähnlich den Radio-Teleskopen von Sagans SETI-Programm (SETI: Search for Extraterrestrial Intelligence) sind es gigantische Parabol-Antennen, mit denen Ellie die Unendlichkeit des Weltalls belauscht. Die Science Fiction setzt ein, als die Antennen eines Tages tatsächlich eine Botschaft aus dem All auffangen. Was sich zunächst wie ein stampfendes, tieftönendes Geräusch, dann wie eine Reihe von Primzahlen darstellt, enthält den Schlüssel für eine Vielzahl von physikalischen Bauplänen, deren mühsame Dechiffrierung die Anleitung zur Konstruktion eines futuristischen Raumschiffes ergibt, mit dessen Hilfe ein Mensch zum fernen Stern Vega befördert werden könnte. Mit dem Augenblick dieser Entdeckung steht Ellies Arbeit im Schatten und unter den Argusblicken eifersüchtiger Vorgesetzter und selbstbewußter Regierungsvertreter, unter denen ein junger Theologe und Berater des Präsidenten eine für Ellie auch privat besonders relevante Rolle einzunehmen beginnt. Es ist dieser Teil der scheinrealistischen Projektion aktueller politischer Vorgänge und Verhaltensweisen auf die fiktive Story, der am deutlichsten den Regisseur von "Forrest Gump" bewußt macht. Wieder arbeitet Zemeckis mit eng in die Handlung verflochtenen Dokumentaraufnahmen und mit der Illusion tatsächlich sich ereignender Konflikte. Bildschirmbekannte Moderatoren werden gleichsam als Zeugen aufgerufen, und der Film versichert sich abermals der Mitwirkung eines US-Präsidenten (diesmal des amtierenden Bill Clinton). Sagan hatte anderes im Sinn gehabt; die großangelegte Manipulation dieser Szenen wie auch die dramatischen Wendungen bis zum Bau des verwegen aussehenden Raumschiffes sind die spekulativsten und gleichzeitig naivsten Momente des Films. Daß Zemeckis ausgerechnet mit der abschließenden Reise ins All den Fokus des Films wieder auf die Perspektive Carl Sagans scharfzustellen vermag, kommt danach fast als Überraschung. Das Ende von "Contact" war während der langen Entstehungsgeschichte des Films der häufigste Stolperstein gewesen. Eine Version ließ außerirdische Raumschiffe rund um die Erde Stellung beziehen und eine gigantische Laser-Show veranstalten. In einer anderen verschwand unser ganzer Planet in einem "schwarzen Loch". Und eine dritte involvierte sogar den Papst als "deus ex machina". Zemeckis hat sich diesen spektakulären Lösungen verweigert. Der Film endet jetzt zwar postkartenbunt, aber erstaunlich konsequent und vielleicht zur Enttäuschung der vielen Alien-Fans, die auf Grüße von grünen, großäugigen Menschlein aus dem All gewartet haben, mit einer Kombination der Eigenschaften, die Sagans Arbeit jahrzehntelang motiviert hatten. Er endet mit einer Annäherung der Suche nach außerirdischer Intelligenz an die allgemeine Suche des Menschen nach einer spirituellen Antwort. "Contact" bewegt sich damit in seinem letzten Drittel immer deutlicher auf eine andere Zeiterscheinung unseres ausgehenden Jahrhunderts zu: das neu entfachte Verlangen der Menschen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Der britische Kosmologe Stephen Hawking beendet sein 1988 erschienenes, bis heute Bestsellerstatus beanspruchendes Buch "A Brief History of Time" mit der Hoffnung, daß wir eines Tages auf dem Umweg über die Wissenschaft die Gedanken Gottes erkennen werden. Der Theologe Philip Hefner, Direktor des Chicago Center for Religion and Science, glaubt, eine Umkehr in unserem Denken zu entdecken, indem nämlich "viele Wissenschaftler sagen, man könne die Wissenschaft in eine existierende Religion, eine persönliche Lebensphilosophie oder in den New-Age-Glauben integrieren" (zitiert nach "Newsweek"). Zum Lebenswerk des Astronomen Carl Sagan hat als untrennbarer Bestandteil die Bemühung gehört, die Menschheit aus ihrer jahrehundertelangen Isolation im Kosmos zu lösen. Sein aus genetischen Studien hervorgegangener Anteil an der Etablierung der Exobiologie, d.h. die Suche nach außerirdischem Leben, als wissenschaftliche Disziplin hat stets die Parallelität zur Gottsuche des Menschen umfaßt, auch wenn Sagan zu bestimmten Zeiten seines Lebens die Auffassung vertreten hat, die physikalische Gesetzmäßigkeit der Entwicklung des Universums lasse "für einen Schöpfer nichts mehr zu tun übrig". Obwohl Zemeckis' Film mit der Figur des Ellie auch privat verbundenen Theologen eine Person einführt, die allzu schillernd und vordergründig die ganze Spanne von Billy Graham bis Bruce Springsteen repräsentieren will, hat er sich doch genügend von dem einfältigen Messianismus seines "Forrest Gump" entfernt, um die spirituelle Ebene, auf die er sich nun unkaschiert begibt, ernstnehmen zu können. Doch Zemeckis ist leider kein Stanley Kubrick, und sein Versuch einer psychedelischen Kosmos-Erfahrung bleibt weit hinter dem 30 Jahre alten Vorbild zurück, obgleich heute technisch subtilere Möglichkeiten für deren visuelle Realisierung zur Verfügung stehen. "No words to describe it. They should have sent a poet", sagt Ellie auf dem Höhepunkt des Erlebnisses und identifiziert damit gleichzeitig das Manko des Films. Zemeckis hat Außerordentliches geleistet, wenn man seinen Film am Umfeld der heutigen Produktion mißt, aber es fehlt ihm das letzte bißchen beflügelnder Geistigkeit, das "Contact" auf eine ganz andere Ebene hätte rücken können. Sagt das amerikansiche Wochenmagazin "Entertainment Weekly": "'Contact' ist so nahe an Poesie, wie sich Hollywood überhaupt gestattet." Das ist wahr. Und "Contact" ist auch so nahe an einem religiösen Film, wie es in Hollywood heute denkbar ist. Er mag europäischen Geschmack nicht immer bedienen, aber für eine kommerzielle amerikanische Produktion geht er weiter als man gemeinhin erwarten darf.
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