Das Mädchen Arisha hat einen schönen Stein am Strand gefunden: Er ist rund, hat ein Loch und sieht aus wie ein Ring. Allerdings ist der Strand voller Steine, die irgendwie schön und außergewöhnlich sind. "Was macht jeden einzelnen dieser Steine so einmalig?", fragt Arisha den Mann im Bärenkostüm. "Daß man jeden für sich sehen kann", lautet die Antwort. Die Szene stammt aus Wim Wenders' Kurzfilm "Arisha, der Bär und der steinerne Ring". Sie hat bekenntnishaften Charakter, denn hier formuliert Wenders sein ästhetisches Credo: Wer genau hinsieht, wer die richtige "Einstellung" einnimmt, kann die Dinge aus ihrer Beliebigkeit erlösen und ihnen jene Einmaligkeit zurückgeben, die man Schönheit nennt. Sehen ist nicht die passive Aufzeichnung von "Realität", sondern eine kreative Arbeit: Erst der besondere Blick schafft besondere Dinge.
Das Pendant zu dieser Einmaligkeit der Objekte ist die Einmaligkeit des Augenblicks. Der Moment, in dem der Blick die Dinge trifft und damit neu erschafft, ist kostbar und unwiederbringlich.