Mitte der 1970er-Jahre kam Jim Abrahams nach Los Angeles, als das „New Hollywood“-Kino gerade in die Blockbuster-Phase überging. 1977 reüssierten er und seine langjährigen Freunde, David und Jerry Zucker, in „Kentucky Fried Movie“ als Drehbuchautoren. „Airplane!“ brachte ihnen 1980 auch den Durchbruch als Regie-Trio. Fortan erneuerten sie die US-amerikanischen Komödientraditionen der Genreparodie und des Slapsticks für ein cinephiles Publikum. Ein Nachruf auf Jim Abrahams.
Keinen einzigen seiner ersten Filme habe ich jemals im Kino gesehen. Als „Airplane!“ 1980 in die Kinos kam, trieb ich mich eher in Videotheken herum. Womit ich zum idealen Zielpublikum der Filme von Jim Abrahams und seinen Mitstreitern gehörte. Der erste Videoverleih der USA soll 1977 eröffnet haben, im selben Jahr, als „Kentucky Fried Movie“ in die Kinos kam. Es war der Film, der Jim Abrahams sowie die Brüder David und Jerry Zucker als Autorentrio bekannt machte.
Wer sich im Videosektor als Experte begriff, handelte „Kentucky Fried Movie“ als heiße Ware. Dem Werk eilte der Ruf des Verbotenen voraus. Die parodistischen Anspielungen auf Film und Fernsehen und damit auf unsere Mediensozialisation waren schamlos und respektlos. Man denke etwa an die letzte Episode „Spanner TV“. Da wird die Kommunikationssituation des Fernsehens einfach umgedreht. Ein Pärchen sitzt vor der Glotze und hat Sex, während der Nachrichtensprecher und dann weitere Personen aus dem Fernsehen auf die beiden glotzen. Das war für unser Alter passgenau unter der Gürtellinie und darüber hinaus nicht ganz dumm. Einen solchen Film hatten wir noch nicht gesehen.
Die Geburt des ZAZ-Trios
1944 in Shorewood in Wisconsin geboren, wuchs Jim Abrahams zusammen mit den Zucker-Brüdern in Madison, der Hauptstadt des Bundesstaates, auf. Ihre Ideen hatten sie schon im eigens gegründeten Kentucky Fried Theater erprobt, als sie Mitte der 1970er-Jahre nach Los Angeles zogen, um auf den Zug des „New Hollywood“-Kinos aufzuspringen. Sie lernten den Regisseur John Landis kennen, und mit ihm zusammen konnten sie ihr Konzept mit dem Episodenfilm „Kentucky Fried Movie“ kongenial umsetzen. Das ZAZ-Trio (Zucker-Abrahams-Zucker) war geboren. Mit einem haarsträubenden Gagfeuerwerk nahmen sie die US-amerikanische Medienlandschaft ins Visier. Von der mit Abstand längsten Episode „Für eine Handvoll Yen“ abgesehen, die sich über die damals populären Bruce-Lee-Filme lustig machte, war es vor allem eine Satire aufs Fernsehen. Der Bezug zum Kino setzte 1980 in „Airplane!“ („Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“) ein, als das Trio zum ersten Mal auch Regie führte.
Mit den Anspielungen auf die kommerziellen Katastrophenfilme der 1970er-Jahre und dem Spiel mit Filmwissen, das ein cinephiles Publikum ansprach, bewegte sich „Airplane!“ durchaus in der Nachfolge des „New Hollywood“. Die Hauptreferenzen waren Verfilmungen von Romanen wie „Flug in Gefahr“ (1957) und „Airport“ (1970, dem Startschuss einer ganzen „Airport“-Reihe). Das Ensemble bestand aus Altstars des Hollywoodkinos wie Leslie Nielsen, Lloyd Bridges und Robert Stack. Abrahams und den Zucker-Brüdern gelangen unvergessliche Text- und Dialogpassagen. So etwa der Running Gag des von Lloyd Bridges gespielten supergestressten Fluglotsen: „Es ist jetzt der falsche Zeitpunkt, mit dem Rauchen aufzuhören.“ Oder: „Es ist jetzt der falsche Zeitpunkt, mit dem Trinken aufzuhören.“
Oder wenn Leslie Nielsen als Arzt an Bord feststellt, dass eine Passagierin krank ist und die Stewardess (Julie Hagerty) darüber unterrichten will. Er: „Sagen Sie dem Kapitän sofort, wir müssen so schnell wie möglich landen. Die Frau muss sofort in ein Krankenhaus gebracht werden.“ Die Stewardess: „Ein Krankenhaus? Was ist es?“ Er: „Ein großes Gebäude mit Patienten. Aber das ist jetzt nicht so wichtig.“
Zum Bersten überfüllt mit Gags
Jim Abrahams und seine Mitstreiter fanden auch gewitzte Kombinationen von Bild und Ton. Man denke an die Szene, wenn der von Leslie Nielsen gespielte Arzt der Stewardess im Cockpit erklärt, welche Symptome eine Fischvergiftung hat, während der Kapitän des Flugzeugs im Vordergrund zuerst auf seinen Teller blickt, auf dem die Gräten des verspeisten Fischs liegen, und bei ihm parallel jedes erwähnte Symptom auftaucht, bis er ohnmächtig auf dem Steuer zusammensackt. „Airplane!“ und alle nachfolgenden Filme des Trios waren bis zum Bersten überfüllt mit Gags, dass so manche Geschmacklosigkeit heute überflüssig anmutet.
Mit dem enormen Erfolg des Films machten sich Jim Abrahams und die Zucker-Brüder an ihre nächste Genre-Parodie. In „Top Secret!“ widmeten sie sich 1984 dem Spionagefilm. Mit „Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone“ (mit Bette Midler in einer Paraderolle als schrilles Kidnapping-Opfer) wechselten sie in Richtung Gesellschaftssatire. Ende der 1980er-Jahre begann die zweite große Zeit, mit „Die nackte Kanone“.
Die absurde Verschiebung
Jim Abrahams arbeitete nicht nur für das Kino. Mit „Die nackte Pistole“ entwickelte er 1982 im ZAZ-Trio auch eine sechsteilige Serie, die die in den 1970er-Jahren überaus beliebten Krimiserien wie „Die Straßen von San Francisco“ auf die Schippe nahm. 1988 wurde die Idee mit „Die nackte Kanone“ wieder aufgegriffen. Jim Abrahams konzentrierte sich zusammen mit Jerry Zucker auf das Drehbuchschreiben und David Zucker führte Regie. Wie schon bei „Airplane!“ und „Die nackte Pistole“ arbeiteten sie mit dem Schauspieler Leslie Nielsen zusammen, der mit der Rolle des Lt. Frank Drebin unsterblich wurde.
Abrahams
und Jerry Zucker setzten im Drehbuch wieder starke Kontraste zwischen der
eigentlichen Dramatik und auch Tragik von Bildern und ihrer absurden
Verschiebung. Ein Clou ist schon die Erzählerstimme von Drebin, die ihn wie
einen toughen Detective im Stil des Film noir klingen lässt, während ihm alles,
was er tut, gründlich misslingt. Herrlich die Idee, wenn die für den Tatort
typische Zeichnung der Umrisse des Opfers auf dem Wasser treibt! Oder wenn
Drebin eine Befragung durchführt und dem Befragten Dollarscheine gibt, damit
dieser mit allem, was er weiß, rausrückt, es dann aber zu Gegenfragen kommt und
Drebin seinerseits Dollars ausgehändigt bekommt, damit er mit seinem Wissen
rausrückt.
In den Fortsetzungen von 1991 und 1994 agierte Jim Abrahams nur noch als ausführender Produzent. Währenddessen hatte er 1991 sein eigenes Filmprojekt als Regisseur und Autor ins Leben gerufen, die Militär-Abenteuerfilm-Parodie „Hot Shots!“. Referenzen waren „Top Gun“ und eine Vielzahl weiterer Filme.
Abrahams muss das Hollywoodkino sehr gut gekannt haben. Nach dem Erfolg mit der „Nackte Kanone“-Reihe wurde es allerdings still um ihn. 2006 schrieb er noch einmal beim von David Zucker inszenierten vierten Teil von „Scary Movie“ am Drehbuch mit, eine Kinoreihe, die ohne Jim Abrahams und seine Filme nicht denkbar wäre. Er starb am 26. November in Santa Monica.