© farbfilm/Jürgen Olcyk (Xari Wimbauer, Luis Vorbach in "Das Glaszimmer")

Das Glaszimmer

Jugenddrama um Mitläufertum und Widerstand - bis 2.10. in der 3sat-Mediathek

Veröffentlicht am
07. September 2024
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Der elfjährige Felix (Xari Wimbauer) und seine Mutter Anna (Lisa Wagner) müssen 1945 kurz vor Kriegsende aus dem ausgebombten München aufs Land flüchten. In Annas niederbayerischer Heimat holt sie der Krieg dennoch bald wieder ein und konfrontiert sie mit einer Gemeinschaft, bei der schon die Kinder die Mechanismen der Ausgrenzung verinnerlicht haben. Denn Felix gerät dort bald unter den Einfluss des NS-Ortsgruppenleiters Feik (Philipp Hochmair) und dessen Sohn Karri (Luis Vorbach).

Karri läuft meist in der Uniform der Hitlerjugend herum und spielt mit Felix und anderen immer nur Krieg. „Westfront“ oder „Häuserkampf“ nennt er diese Spiele. Außerdem müssen die Kinder gefährliche Mutproben bestehen.

Felix gerät darüber in große Konflikte. Einerseits eifert er Karri nach und glaubt zunehmend an die Nazi-Parolen. Andererseits hat er Angst um seinen Vater Bernd (Hans Löw), der an der Front kämpft; er schreibt sogar einen Brief an Adolf Hitler, dass der mit dem Krieg aufhören solle. Bis eines Nachts ein Mann an ihr Fenster klopft. Es ist der Vater, der desertiert ist. Felix Weltbild gerät ins Wanken. Der Vater muss versteckt werden, und die Familie versucht alles, um nicht aufzufallen. Doch ausgerechnet Felix bringt den misstrauischen Ortsvorsteher auf die Spur des Vaters.

„Das Glaszimmer“ von Christian Lerch ist ein eindringliches, authentisches Porträt von Enge und Versuchung, das aus kindlicher Perspektive die Gründe zeigt, warum jemand seinen Weg in der Anpassung sucht, bis er mit einer Gewissensfrage konfrontiert wird. Der Film setzt sich mit der Beeinflussung und Manipulation von Kindern und Jugendlichen auseinander. Es handelt sich dabei um Kindheitserinnerungen des Schriftstellers Josef Einwanger. Er wuchs in Niederbayern auf und hat die Begeisterung protokolliert, die er damals bei Mutproben und Kriegsspielen empfand. Und er weiß, was man als Kind alles auf sich nimmt, um anerkannt zu werden und dazuzugehören. Ein eindringlicher und schmerzhafter Film. - Ab 12.

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