Leise
Töne sind gewiss nicht das Erste, was man mit den Filmen des Kanadiers Xavier
Dolan verbindet, und „Einfach das Ende der Welt“, seine Theateradaption
aus dem Jahr 2016, ist darin keine Ausnahme: In der Familie, um die sich der
Film dreht, kochen Konflikte schnell bis zum Anschlag hoch, der Streit zwischen
der Mutter und ihren erwachsenen Kindern wird ebenso heftig ausgetragen wie die
Geschwisterrivalität. Es ist eine Stimmung, wie man sie mit Dolans Oeuvre
assoziiert, doch in diesem Fall steht eine ganz Dolan-untypische Figur im
Mittelpunkt: Eigentlich ist dies die Geschichte des Schriftstellers Louis, der
nach langer Funkstille seine Familie besucht, um ihr zu eröffnen, dass er
todkrank ist. Dazu jedoch kommt es nicht, denn Louis wird regelrecht in
Beschlag genommen; ein ums andere Mal sind es die Mitglieder seiner Familie,
die ihm ihre verborgenen Gefühle enthüllen. Und Louis bleibt nur, von seinem
eigenen Schicksal zu schweigen und die Geheimnisse der anderen in sich
aufzunehmen, ein Akt berührender Selbstbelastung, um das fragile Gefüge der
Familie nicht endgültig zu zerschlagen.