Für seinen Film „Gorbatschow – Eine Begegnung“ tritt Werner Herzog den zurückgezogen nahe bei Moskau lebenden sowjetischen Ex-Präsidenten Michail Gorbatschow. Drei Mal steht der gesundheitlich angeschlagene Politiker dem deutschen Regisseur Rede und Antwort. Der daraus entstandene Film, den Herzog gemeinsam mit André Singer realisiert hat, ist ein bestechendes Porträt, das von Gorbatschows Charisma und seinen wachen Verstand lebt, aber auch ein typischer Herzog-Film in der Art, wie Herzog als Interviewer und Off-Kommentator seine Weltsicht im charakteristisch weichen „Herzog“- Idiom vermittelt.
Vorrangig geht es in dem mit Statements von Weggenossen und launig arrangiertem Archivmaterial aufgelockerten Interview-Film um den politischen Werdegang des 1931 geborenen Gorbatschow. Insbesondere würdigt der Film Gorbatschows Entspannungspolitik in den 1980er-Jahren, mit der er das Ende des Kalten Krieges herbeiführte.
Eindrucksvoll ist das redliche Porträt vor allem in den Passagen, in denen Herzog das Leben des Politikers nach seinen Vorstellungen zu deuten versucht und dieser sich selbstbewusst dagegen wehrt. So kontert Gorbatschow bereits Herzogs einleitende Unterstellung („Der erste Deutsche, dem Sie begegneten, wollte Sie töten!“) mit einem entschiedenen „Nein!“
Das Pathos, das Herzog gleichwohl über seine Erzählung legt, entlarvt sich allerdings spätestens dann, wenn die Rede auf Gorbatschows Frau Raissa kommt, an die sich dieser auch fast 20 Jahre nach ihrem Tod noch mit tiefempfundenen Emotionen erinnert. – Ab 14.