Krümel im Chaos

Nach "Frech wie Krümel" (fd 31 891) kommt nun mit "Krümel im Chaos" der zweite Teil der "Krümel-Trilogie" in unsere Kinos, und man hat schon nach den ersten (Film-)Minuten das Gefühl, zu Besuch bei einer liebgewonnenen Familie zu sein, deren "Macken" einem richtig ans Herz gewachsen sind. In ihrem neuen Haus herrscht immer noch dasselbe Chaos wie in ihrer früheren Etagenwohnung, Vater Krümelborg läßt die zahlreich eingehenden Rechnungen ungeöffnet im Schreibtisch verschwinden, Tochter Stine blockiert weiterhin stundenlang das Bad, Mutter nervt die Familie mit ihrem Gesundheitstrip, Krümel versucht immer noch, das Herz seiner Klassenkameradin Yrsa zu gewinnen, und Nesthäkchen Grunk mischt kräftig im Alltags- durcheinander mit. Auch die beiden trotteligen Gauner Boris und Iwan, die Krümel zur Strecke gebracht hatte, tauchen wieder auf: in einem Wäschewagen fliehen sie aus dem Gefängnis, wollen Krümel entführen, um sich mit dem Lösegeld ein schönes Leben zu machen. Aber in ihrer Schusseligkeit verstecken sie sich ausgerechnet in jenem Lieferwagen, der sie in die Freiheit brachte und nun wieder hinter Gitter bringt. Krümels Weg zu Yrsas Herz ist mittlerweile mit einigen meist selbstverschuldeten Hindernissen gespickt, und Stine verordnet ihrem Freund Per wieder einmal eine "Liebes-Pause". Zusätzliche Aufregung bringt das nahende Weihnachtsfest, zu dem Vater Krümelborg nebst selbstgeschlagenem Weihnachtsbaum mit einer automatischen Baumdrehmaschine aufwartet und man Mutters Vegetariertick mit einem Überraschungsfestessen unterwandert.

Im Frühjahr brechen Boris und Iwan erneut aus und landen bei der Verfolgung von Krümel in einem Pferderennstall, mit dessen Besitzer sich Krümel angefreundet hat. Dort setzen sie kurz vor dem Derby eher unfreiwillig den Jockey von Krümels erfolgversprechendem Lieblingspferd Futji außer Gefecht, als dieser sich gerade hat bestechen lassen, daß Rennen absichtlich zu verlieren. Nun muß Krümel zeigen, i was er gelernt hat. Schließlich gewinnt er nicht nur das Rennen, sondern auch Yrsas Zuneigung. Und während Vater Krümelborg durch den Wettgewinn endlich seine Schulden bezahlen kann, kriechen die wieder einmal durch ihre eigene Dummheit leer ausgegangenen Gauner zurück in jene Richtung, aus der sie gekommen sind - ins Gefängnis.

Es ist wieder die warme menschliche Atmosphäre der Geschichte, die die Familie Krümelborg so vertraut erscheinen läßt. Da streitet man sich zwar ab und zu, spricht seine Wünsche und die Schwächen des anderen auch offen an, entzieht ihm aber nie seine Liebe und Solidarität. Das schafft ein herzliches, von gegenseitigem Respekt getragenes Familienleben, das aber nie aufdringlich harmonisierend wirkt. Der Film bietet viele Ansätze zur Identifikation sowohl für kleine Kinder als auch für Pubertierende. Selbst mancher Erwachsene kann bei den Krümelborgs noch etwas abgucken, was den Umgang mit den Sprößlingen angeht, oder erkennt sich mit all seinen Schwächen einfach nur wieder. Da der Film sich über seine Personen nie lustig macht, kann man so gut über sich selbst schmunzeln. Und Krümel ist auch nicht der coole Typ - obwohl er sich in seinen Träumen manchmal in dieser Rolle sieht -, sondern einfach ein aufgeweckter 12jähriger Junge, der es lernt, auch mit seinen Fehlern zu leben und bei den kleinen Rückschlägen des Lebens nicht gleich den Mut zu verlieren. Natürlich sind die beiden Gauner wieder einmal dümmer als die Polizei erlaubt, obwohl auch diese nicht allzu helle ist. Aber die Schadenfreude über ihre verkorksten Aktionen hält sich in Grenzen, weil auch sie irgendwie menschlich wirkt. Die verhaltene Inszenierung der Slapstickeinlagen, die liebevolle Zeichnung der skurrilen Nebenfiguren wie die des Hausmeisters Svendsen und seiner neuen Freundin Frau Olsen passen sich kongenial dem einfühlsamen Erzählstil des Films an, der nicht von ungefähr an die Geschichten Astrid Lindgrens erinnert, ohne daß man das Gefühl hat, daß er diese kopiert. Er entwickelt sie einfach nur zeitgemäß weiter. Und das macht soviel Spaß, daß man gerne ständig bei der Familie Krümelborg zu Gast sein möchte.