Dass Großmutter Ruth (Charlotte Rampling) ins Schlafzimmer der Mutter zieht, passt dem Enkel Sam (George Ferrier) gar nicht. Der Vater (Marton Csokas) meint, dass sie dann „mehr Sonnenlicht“ bekäme. Aber Sam vermutet, dass wieder jemand zum Sterben kommt. Der kürzliche Tod der Mutter schwebt immer noch unheilvoll über der Farm in den Bergen von Neuseeland. Ruth reist mit ihrer Pflegerin Sarah aus England an – im Gepäck kistenweise Gin. Ruth ist Alkoholikerin und trägt seit einem Unfall eine Schiene am Bein. Beides ist eine Herausforderung für die Männer. Der Vater haut nach England ab, und Sam muss mit Sarah auf die Großmutter aufpassen.
Die gegenseitige Abneigung zeigt sich von Beginn an. Ruth mustert Sams Aussehen („Mögen die Mädchen dich?“) und schikaniert ihn mit ständigem Alarmschlagen, während der Enkel ihr den Alkohol wegnimmt und sie allein im Wohnzimmer sitzen lässt („Ich will nur helfen, nicht reden!“). Charlotte Rampling brilliert mit ihrer eiskalten zurückhaltenden Art als Ruth, die einen Priester verjagt und mit ihren Mitmenschen rabiat umgeht. George Ferrier wiederum spielt Sam zwischen jugendlicher Genervtheit und depressiver Verlorenheit. Enkel und Oma können sich nicht ausstehen und entdecken doch eine Verletzlichkeit im Gegenüber, wodurch sie sich langsam annähern.
Gärtnern mit Bier in der Hand
Sam und Ruth erinnern an das makabre-suizidale Paar aus „Harold und Maude“. Erst nach ein paar Drinks erfährt Sam von der Vergangenheit der Großmutter als Kriegsfotografin und Ruth wiederum von einem Autounfall des Enkels, den er im Rausch vermutlich nicht unabsichtlich verursacht hat. Doch statt Pläne zum Selbstmord zu schmieden, lernen die beiden das Leben wertzuschätzen.
Die Oma schlägt einen Deal vor: die Kumpel von Sam sollen das riesige Gartengrundstück in Ordnung bringen; sie spendiert im Gegenzug eine Party. Alle sind begeistert. Das Rasenmähen und Heckenschneiden klappt mit einem Bier in der Hand viel leichter. Ruth und Sam lachen zum ersten Mal. Auf der versprochenen Party am Lagerfeuer tanzt der Enkel dann mit seiner beinahe gelähmten Großmutter, indem er sie in den Armen trägt.
Solche Momente zeigen, dass Regisseur Matthew J. Saville ein besonderes Gespür für menschliche Zwischentöne hat, ohne kitschig zu sein. Das liegt zum einem an den Schauspielern, zum anderen an der sehr genauen Charakterisierung der Figuren, die zeigt, dass Zärtlichkeit und Zuneigung nicht selbstverständlich sind. Denn die anfangs antipathische Beziehung zwischen Sam und Ruth ist in ein Familiengeflecht eingewoben, das schon vor dem Kennenlernen der beiden rissig war. Der Vater war seinerseits mit seiner Frau ausgewandert, um fern von Ruth zu sein, und die hatte ihren Sohn nie in Neuseeland besucht. „Juniper“ arbeitet damit nicht heraus, wie zwei fremde Familienmitglieder sich annähern, sondern auch, wie sie einen späten Familienfrieden wiederherstellen.
Die Endlichkeit des Lebens
Bald sind Ruth und Sam nämlich „Partner in Crime“, und der Enkel schmuggelt nach einem Unfall der Oma Alkohol ins Krankenhaus und „befreit“ sie dann auch von dort. Ruth legt bis zum Ende nichts von ihrer schrulligen Art ab, und Sam nichts von seiner melancholischen. Darin liegt die Stärke des Films, der dramaturgisch zwar schematisch verfährt – Ablehnung, Zuneigung, Rückschlag, Versöhnung –, der aber den Figuren ihre Eigenheiten lässt und nicht belehren will. Denn die eigentliche Herausforderung liegt nicht in der Fremdheit der Menschen untereinander, mit der man sich arrangieren kann, sondern darin, mit der Endlichkeit des Lebens klarzukommen.