Drama | Norwegen/Schweden 2022 | 100 Minuten

Regie: Tuva Novotny

Ein schwedisches Ehepaar mit drei Kindern ist nach zehn gemeinsamen Jahren im faden Alltag angekommen. Die frustrierte Suche nach Auswegen mündet in Affären. Die Scheidung und ein Sorgerechtsstreit stürzen die beide einstigen Liebenden noch weiter in die Krise. Ein in Stationen gegliedertes tragikomisches Drama, das formal vor allem durch theatralische Schaubilder auffällt, die das Sexualverhalten von Säugetieren und Menschen vergleichen. Die satirischen Einschübe wirken im Vergleich zur zentralen Handlungsebene allerdings überstrapaziert und pseudo-dramatisch. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
DIORAMA
Produktionsland
Norwegen/Schweden
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Nordisk
Regie
Tuva Novotny
Buch
Tuva Novotny
Kamera
Sophie Winqvist
Schnitt
Carla Luffe
Darsteller
David Dencik (Björn) · Pia Tjelta (Frida) · Claes Bang (Ben) · Gustav Lindh (Teun) · Sverrir Gudnason (Adam)
Länge
100 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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In Stationen gegliedertes tragikomisches Drama, das die Krise eines jungen Ehepaares mit skurrilen theatralischen Schaubildern kontrastiert, die das Sexualverhalten von Menschen und Säugetieren vergleichen.

Diskussion

Björn und Frida feiern mit Freunden den Einzug in ihre gemeinsame Wohnung. Die jungen Eheleute sind schwer verliebt und freuen sich auf ein erfülltes Zusammensein. Nach einem Zeitsprung von zehn Jahren haben sie drei Kinder; im Alltagsleben ist die Romantik auf der Strecke geblieben. Auch ihr sexueller Appetit hat deutlich nachgelassen. Die überarbeitete Frida, die mit einer Vollzeitstelle als Lehrerin die Hauptlast der Kinderbetreuung und auch im Haushalt trägt, merkt als erste, dass beide nicht mehr glücklich sind. Gegenüber einer Freundin beschreibt sie ihr Leben einmal als „Arbeit, Kinder, Kinder, Arbeit“.

Als Frida mit ihrem Mann zu reden versucht, bestreitet der phlegmatische Björn, dass es ernsthafte Probleme gibt, und weist ihre Lösungsvorschläge wie Pause, Eheberatung oder Sex mit einer dritten Person ab. Statt seiner überarbeiteten Frau unter die Arme zu greifen, träumt er von einer Motorradtour mit einem alten Kumpel in Asien.

Ernüchtert und frustriert suchen Frida und Björn nach Auswegen und brechen aus der Erstarrung aus, indem sie fremdgehen. Frida reicht die Scheidung ein. Der erbitterte Streit um das Sorgerecht mit schweren gegenseitigen Vorwürfen stürzt die einstigen Liebenden in eine schwere Krise.

Dioramen mit Darstellern im Tierkostüm

Zwischen die Szenen einer zerbrechenden Ehe schiebt die schwedische Regisseurin Tuva Novotny, die auf eine lange Karriere als Schauspielerin und Sängerin zurückblickt, sieben mehr oder weniger skurrile Dioramen mit Darstellern, die in unförmigen Tierkostümen Vergleiche zwischen tierischem und menschlichem Sexualverhalten ermöglichen. Im ersten Insert zur Paarbildung erfährt man, dass das Glückshormon Erdmäusen und Menschen gleichermaßen bei der Paarbildung hilft. Weitere theatralische Schaubilder befassen sich mit Themen wie Langeweile, neuen Liebesfunken, Trennungsträumen und dem Überleben.

Im zentralen Diorama zum Paarbindungsverhalten beleuchtet die Hirnforscherin Katarina Gospic zusammen mit zwei Psychologen die zentrale Frage: „Basiert Monogamie auf Veranlagung oder dem Umfeld?“ Angesichts der weitgehenden Einigkeit darüber, dass das Sexualverhalten der Spezies Menschen sowohl durch das Erbgut als auch durch soziale Prägung bestimmt ist, wirkt eine solche simplifizierende Entweder-Oder-Konstruktion allerdings pseudo-dramatisch. Die zentrale Schwäche des ungewöhnlichen ästhetischen Konzepts ist offensichtlich.

Die 1979 in Stockholm geborene Filmemacherin Tuva Novotny verfolgt in ihrem dritten Film nach dem Mutter-Tochter-Drama „Blindspot“ (2018) und der Emanzipationskomödie Britt-Marie war hier (2019) erneut ihr Interesse an der Erkundung menschlicher Monogamie. Mit den Dioramen entwickelt sie ein amüsantes Instrument, das wissenschaftliche Erkenntnisse zur Thematik integriert, stellenweise humoristische Akzente setzt und zugleich den konventionellen Plot des Ehedramas auflockert. Die gute Absicht führt allerdings nicht immer zum überzeugenden Resultat. Denn Novotny greift zu oft zu den theaterhaften Einschüben, die zuweilen ausufern, den Erzählfluss hemmen und das spannendere Drama an die Seite drängen.

Absichtlich gegen eine Hauswand

Allerdings geben die Hauptdarsteller David Dencik und vor allem die famose Pia Tjelta ihr Bestes, um die Zuschauer zu fesseln, etwa in der emotionalen Schlüsselszene, wenn der wütende Björn Fridas Auto absichtlich gegen eine Hauswand fährt und die beiden sich über die Straße hinweg hemmungslos anschreien und wüst beschimpfen.

Die episodenhafte Erzählweise und der tragikomische Tonfall von „Diorama“ erinnern mitunter an die filmischen Kompositionen und den lakonischen Humor des schwedischen Regisseurs Roy Andersson. Vor allem in der ernsteren zweiten Hälfte des ohnehin eher gemächlichen Films wird die Inszenierung allerdings dialoglastig und lässt den Schwung der ersten Hälfte vermissen. Novotny vermeidet es jedoch, zu sehr ins Melodramatische oder gar Tragische abzudriften, und führt den Rosenkrieg zu einem versöhnlichen Ende, das mit einem narrativen Schlenker überrascht, der allerdings nicht so recht zur Ernsthaftigkeit des Paarporträts passen will.

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