Ein Sommer zum Verlieben (2020)
Coming-of-Age-Film | Frankreich 2019 | 94 Minuten
Regie: Guillaume Brac
Filmdaten
- Originaltitel
- A L'ABORDAGE
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2019
- Produktionsfirma
- Geko Films
- Regie
- Guillaume Brac
- Buch
- Guillaume Brac · Catherine Paillé
- Kamera
- Alan Guichaoua
- Schnitt
- Héloïse Pelloquet
- Darsteller
- Éric Nantchouang (Félix) · Salif Cissé (Chérif) · Édouard Sulpice (Édouard) · Asma Messaoudene (Alma) · Ana Blagojevic (Héléna)
- Länge
- 94 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Coming-of-Age-Film | Komödie | Liebesfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Eine lebensnahe Sommerkomödie um junge Franzosen von Anfang 20, die während der Ferien an einem Nebenfluss der Rhône die Liebe, Lebenspläne und Rollenbilder erkunden.
Seinen Trip in den Süden Frankreichs hat sich Édouard (Édouard Sulpice) anders vorgestellt. Eigentlich wollte der schüchterne Junge, der von seiner überfürsorglichen Mutter „Kätzchen“ genannt wird, per Mitfahrgelegenheit an Mädchen rankommen. Doch am vereinbarten Treffpunkt erscheinen stattdessen die Kumpels Félix (Eric Nantchouang) und Chérif (Salif Cissé), die ihre Reise mit dem Profil einer Freundin gebucht haben. Und so entsteht im strömenden Regen ein Streitgespräch darüber, ob Édouards Absichten vielleicht ein wenig pervers sind und ob die beiden Freunde wegen Vortäuschung falscher Tatsachen nun in Paris bleiben müssen.
Für die jungen Protagonisten in der Komödie „Ein Sommer zum Verlieben“ von Guillaume Brac läuft vieles nicht wie geplant. Enttäuschte Erwartungen lassen dann meist recht schnell die Emotionen hochkochen. Nach einer angespannten Autofahrt voller Sticheleien und einem Unfall landen die drei Jungs schließlich als Schicksalsgemeinschaft auf einem Campingplatz an einem Nebenfluss der Rhône.
Dort werden auch bald die romantischen Vorstellungen des aufbrausenden Félix erschüttert. Nachdem er in der Eröffnungsszene des Films eine romantische Sommernacht mit Alma (Asma Messaoudene) verbracht hat, will er sie im Ferienhaus ihrer Eltern überraschen. Alma ist davon nur mäßig begeistert, knutscht zwar erst halbherzig mit dem ungebetenen Gast in einer Bucht herum, zeigt sich aber dann deutlich interessierter an den Avancen eines blasierten Bademeisters.
Gut zuhören und nichts erzwingen
Die beste Zeit hat der stets um Harmonie bemühte Chérif, der es seinem Gemüt entsprechend ruhig angehen lässt, sich mit der alleinerziehenden Mutter Héléna (Ana Blagojevic) anfreundet, dabei aber geduldig bleibt, gut zuhört und nichts erzwingen will. Mit einer ähnlichen Einstellung widmet sich auch Regisseur Brac seiner Geschichte über Menschen um die 20, die in den Sommerferien mit der Frage konfrontiert werden, was sie eigentlich vom Leben wollen.
Alles wirkt hier zugleich sehr durchdacht und spontan. Die jungen Darsteller haben kaum bis keine Leinwanderfahrung, ihr Spiel wirkt unaufgeregt und natürlich. Obwohl es um große Themen wie Liebe und Zukunftsträume geht, ist der Film fast beiläufig und mit leichter Hand inszeniert.
Nachdem sich Brac in seinem Dokumentarfilm „Treasure Island“ (2018) dem Treiben in einem Erlebnisbad widmete, ist es hier der Mikrokosmos des Campingplatzes und seiner Umgebung, der immer wieder zu Abschweifungen einlädt. Nicht nur das Trio muss sich dabei einem Realitätscheck unterziehen. Als Alma und ihre Schwester Lucie (Lucie Gallo) sich mit zwei Jungs treffen, läuft der Abend alles andere als geschmeidig. Der eine hält Lucie einen Vortrag über ihre unmoralische Arbeit, der andere versinkt in Selbstmitleid und Pessimismus, während Alma nur hilflos zusehen kann.
Präziser Blick für alltägliche Details
Lebensnah wirkt der Film durch seinen präzisen Blick für alltägliche Details. Etwa wenn das Etikett einer Badehose herausschaut, Schnürsenkel in die Seite des Schuhs geschoben werden, weil man zu faul ist, sie zu binden, oder auch wenn Édouard aus männlichem Stolz vor den anderen verbergen will, dass er nachts eine Zahnspange tragen muss. Überhaupt geht es neben der Sehnsucht nach Liebe auch immer wieder um das von Solidarität und Wettbewerb geprägte Verhältnis unter den Jungs. Bei einem Radrennen offenbart Brac, dass die männliche Konkurrenz auch eine spielerische Form der Annäherung sein kann. Auch die Tatsache, dass Félix und Chérif schwarz sind und aus ärmeren Verhältnissen stammen, wird zwar durch feine Unterschiede deutlich, jedoch ohne dass daraus groß ein Thema wird.
Der Originaltitel „A l’abordage“ lässt sich im Deutschen mit dem Schlachtruf „Klar zum Entern!“ übersetzen. Einmal hört man ihn, wie ihn eine als Piratin verkleidete Straßenkünstlerin schreit, während sie eine Gruppe von Kindern in ihren Bann zieht. Der Schlachtruf steht zum einen für jene überstürzten Handlungen, von denen es im Film einige gibt, zum anderen auch für den Mut, etwas zu riskieren. Später sieht Félix die Piratin, wie sie am Flussufer Gitarre spielt. Er lobt sie für ihre Darbietung, und sie erwidert etwas über ihre Unsicherheit. Man ist sich nicht sicher, ob das nur netter Small Talk ist oder vielleicht doch der Anfang einer neuen Liebesgeschichte.
Wenn „Ein Sommer zum Verlieben“ etwas lehrt, dann, dass man das erstmal gar nicht so genau definieren sollte. Denn vieles geschieht eben auch einfach aus dem Moment heraus. So wie am Ende in der Bar des Campingplatzes, wo man reichlich Alkohol trinkt, falsch Karaoke singt und der Ausgang ungewiss, aber verheißungsvoll bleibt.