Drama | Deutschland 2018 | 95 Minuten

Regie: Henning Gronkowski

Vier Berliner Schulfreundinnen verbringen ihre Nächte kurz vor dem Abitur mit Partys voller Alkohol und Drogen, Sex mit älteren Männern oder Webcam-Auftritten, während sie nur von der nächsten Feier oder einem Leben in Los Angeles träumen. Das Regiedebüt eines bevorzugten Schauspielers von Guerilla-Filmer Klaus Lemke ist dessen Vorbild im radikalen Plot-Verzicht, der wilden Montage und der Arbeit mit Laien verpflichtet. Während der Film einen unmittelbaren Zugang zu einer jugendlichen Subkultur zelebriert, der auch Spekulatives nicht ausklammert, fügen Interview-Passagen mit den Darstellerinnen dem eine zweite, reflektierte Ebene hinzu.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Deutschfilm/G.G. Prod.
Regie
Henning Gronkowski
Buch
Henning Gronkowski
Kamera
Adam Ginsberg
Schnitt
Zoe Mougin · Bobby Good · Olivia Neergaard-Holm
Darsteller
Janaina Liesenfeld (Janaina) · Emily Lau (Emily) · Joy Grant (Joy) · Abbie Dutton (Abbie) · Malik Blumenthal (Malik)
Länge
95 Minuten
Kinostart
28.11.2019
Fsk
ab 16; f
Genre
Drama
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Heimkino

Verleih DVD
Alamode
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Weitgehend auf Handlung verzichtendes Drama im Stil von Guerilla-Filmer Klaus Lemke um vier Berliner Schulfreundinnen kurz vor dem Abitur, die ihre Nächte mit Partys, Alkohol und Drogen und Sex verbringen.

Diskussion

Hier heißt es mit den Beastie Boys: „Fight for your Right to Party!“ Mittendrin im „Arm, aber sexy“-Berlin: Janaina, Emi, Joy und Abbie. Vier Mädchen, kurz vor dem Abitur. Die Schule muss mit der Party synchronisiert werden. Allerlei Drogen wie Liquid Ectasy helfen dabei, aber das will natürlich auch finanziert sein. Gleich zu Beginn steigt Janaina zu einem älteren Mann ins Auto und redet von Schule, Rauchverbot und dem vergangenen Wochenende: „Wie immer. Ich war feiern mit Freunden.“ Kurz darauf hat sie Sex mit ihm in einem übersichtlichen Hotelzimmer. Der Mann findet Janainas Haut toll, aber die Kamera, sofern sie nicht auf Brüste und in ihren Schritt filmt, erzählt eher vom welken Fleisch des Alten.

Emi findet Mädchen geiler, aber das könnte mit den Drogen zu tun haben, die „gay“ machen. Oder nur geil auf alles? Emi findet im Verlauf des Films jedenfalls ihre ständige Benebelung immer toller. Joy verdingt sich derweil lieber als Kleindealerin, während Abbie vom Abhauen nach L.A. träumt. Partys, Drogen, Rauchen, Musik, ein bisschen Webcam-Sex. Jung sein heißt in „Yung“: Leben auf der Überholspur und feiern, bis der Arzt kommt. Oder der Sugardaddy. Oder die Mutter überraschend an der Kinderzimmertür klopft. „Yung“, das Spielfilmdebüt von Henning Gronkowski, feiert das, was es zeigt:  Nichts soll beschönigt werden, alles ist rau, hart und krass, und jung sein kann durchaus auch öde sein.

Aus der Schule von Klaus Lemke

Henning Gronkowski kennt man seit Finale (2006) aus einer ganzen Reihe von Filmen von Klaus Lemke, wo er als Hipster mit überlebensgroßen Posen zuverlässig überzeugte. Anschließend überraschte er mit dem ausgefeilten Musikvideo „Ich bin zu jung“ für Dagobert. Gronkowski, nach eigener Aussage selbst ein Jahrzehnt lang bei der Party dabei, hat sich fürs Filmemachen entschieden. Wie zuvor auch schon andere Adepten aus Lemkes Kaderschmiede wie Saralisa Volm oder Timo Jacobs. Aus seiner Inspiration durch die Jahre in der Lemke-Schule macht Gronkowski keinen Hehl, ist radikal in seinem Verzicht auf Plot und in der Montage von Szenen und Impressionen. Dazu gibt es Filmmusik von DJ Hell und Malakoff Kowalski. Es gibt Gesten radikaler Affirmation wie auch des größten Stumpfsinns. Und nicht zuletzt sind die vier Protagonistinnen und sehr wahrscheinlich der größte Teil des Ensembles Laien, die vor der Kamera sich selbst beziehungsweise eine Version ihrer selbst spielen.

Gronkowski geht noch einen Schritt weiter und radikalisiert diesen Authentizitätsgestus, indem er das Quartett zu Einzelinterviews vor die Kamera holt und sie von sich und von ihren Figuren erzählen lässt. Er bietet ihnen und der Energie der fiktiven Realität also gleich eine doppelte Bühne. Gronkowski feiert das Sich-Ausprobieren mit Sexualität, Drogen und Freundschaft mit Darstellerinnen, die Lust auf ein Sich-Ausprobieren vor laufender Kamera haben. Natürlich sind damit auch dem Spekulativen und dem Exploitativen Tür und Tor geöffnet, weil offenbar alle Beteiligten die Lust verspürten, eine jugendliche Subkultur zu feiern, die in eine Art von Parallelwelt abgetaucht ist, unbemerkt von öffentlicher Aufmerksamkeit. „Yung“ stellt diese Öffentlichkeit her und hofft insgeheim auf die Kontroverse. Oder dass sich jemand an Kids von Larry Clark erinnert. Oder, weil der Film ja in Berlin spielt, Christiane F..

Tabubrüche und reflektierte Interviews

Da ist der nächste Tabubruch nicht weit. Und so wird vor der laufenden Kamera uriniert, es werden Drogen gekocht, es wird Sexualität, eine Vergewaltigung gar, gezeigt und schöne, junge Körper in der Nacht. Dazwischen dann die Interviews, in denen die Darstellerinnen eine reflektierte und artikuliertere Version von sich präsentieren, die weiß, dass die Tage und Nächte der unbeschwerten Jugend gezählt sind. Und man sieht beiden Versionen unheimlich gerne bei ihrer Selbstdarstellung zu, weil sie so herrlich „tough“ erscheinen (wollen). Hatte Lemke also doch Recht: Mädchen sind die interessanteren Jungs.

Anders als Lemke bietet Gronkowski sogar noch eine Moral von der Geschichte, wenn er die feierwillige Jugend Berlins doch tatsächlich als „lost generation“ adelt, wenn er im Presseheft sinngemäß schreibt: „Es ist eine Generation, der sich alle Möglichkeiten bieten, die aber nicht weiß, was sie damit anfangen soll.“ In Zeiten von „Fridays for Future“ scheint „Yung“ etwas zu spät. Aber dafür überrascht und überzeugt der Film mit einer Schlusspointe, die vielleicht auch davon handelt, dass es sich bei dieser „verlorenen Generation“ vielleicht doch eher um eine sehr jung gebliebene Jugendphantasie handelt. Hinterher war man immer ein Rebell, der keinem über 30 traute. Henning Gronkowski ist Jahrgang 1988.

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