In einem muslimisch bewohnten Stadtviertel von Beirut schlagen sich die Menschen wie überall auf der Welt mit den Herausforderungen ihres Liebeslebens herum. Die smarte Mentalitätskomödie beobachtet mit viel Esprit, pointierten Dialogen und einer aus dem Leben gegriffenen Situationskomik, wie ein gutes Dutzend Figuren mit Liebe, Begehren und Eifersucht umgehen, wobei die strengen Moralvorschriften und die neugierigen Blicke der Nachbarschaft zu mancher Verrenkung zwingen. Mit viel Augenzwinkern redet der Film einem Humor das Wort, der über sich selbst lachen und Vorschriften möglichst weit auslegen lässt.
- Ab 14.
Liebe Halal
Liebesfilm | Deutschland/Libanon 2015 | 91 Minuten
Regie: Assad Fouladkar
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Filmdaten
- Originaltitel
- HALAL SEX
- Produktionsland
- Deutschland/Libanon
- Produktionsjahr
- 2015
- Produktionsfirma
- Razor Film/Sabbah Media/ZDF/Das kleine Fernsehspiel
- Regie
- Assad Fouladkar
- Buch
- Assad Fouladkar
- Kamera
- Lutz Reitemeier
- Musik
- Amine Bouhafa
- Schnitt
- Nadia Ben Rachid
- Darsteller
- Darine Hamze (Loubna) · Rodrigue Sleiman (Abou Ahmad) · Zeinab Hind Khadra (Batoul) · Hussein Mokaddem (Mokhtar) · Mirna Moukarzel (Awatef)
- Länge
- 91 Minuten
- Kinostart
- 07.07.2016
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Liebesfilm | Tragikomödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Islamische Liebes- und "Sex"-Komödie von Assad Fouladkar
Diskussion
Vom Leben im Islam glaubt man vieles zu kennen: Zwangsheirat, Vielfach-Ehe, patriarchalisch definierte Ehrbegriffe. Dass Muslime aber auch sexuelle Bedürfnisse entwickeln, Liebe, Zuneigung, Begehren und Eifersucht empfinden wie überall sonst auf der Welt, geht dabei oft verloren. Die libanesische Komödie „Liebe Halal“ erzählt genau davon, von den Tricks und Kniffen, mit denen ganz normale Muslime das Auf und Ab ihres Liebeslebens mit den Moralvorstellungen der Gesellschaft und den neugierig-abschätzigen Blicken der Nachbarschaft in Einklang zu bringen versuchen.
Im zweiten Spielfilm des libanesischen Regisseurs Assad Fouladkar wird ausgesprochen viel über Sex gesprochen. „Sex in Beirut“ wäre allerdings eine verkürzende Inhaltsangabe für diese vielschichtige Komödie, in dem die Familienmutter Awatef ihrem Mann eine Zweitfrau besorgt, weil sie für dessen allnächtliche Avancen einfach zu müde ist; der streitsüchtige Mokhtar lässt sich zum dritten und nach islamischen Recht endgültigem Mal von seiner Ehefrau Batoul scheiden, bereut dies aber gleich wieder; die Mode-Designerin Loubna hingegen führt mit dem Gemüsehändler Abou Ahmad eine Ehe auf Zeit, kann sich mit ihm aber nur an Orten treffen, wo die beiden nicht von Bekannten und Verwandten gesehen werden. Und dann gibt es auch noch die 8-jährige Hiba und ihre etwas größere Schwester Nasma, denen man in der Schule weiß gemacht hat, dass Babys aus einem „Wurm entstehen, der aus dem Mann herauskriecht“. Ab sofort legen sich die Beiden nur noch in undurchdringlichen Mülltüten zum Schlafen ins Bett.
Ein Mikrokosmos durchschnittlicher Menschen in einem unspektakulären, homogen muslimisch bewohnten Viertel. Fouladkar hat absichtlich ein solches Viertel als Drehort ausgesucht und nicht das multikulturelle Beirut oder die Stadt, die unter Kriegsfolgen und Flüchtlingsströmen leidet. Hier sind die Wohnungen groß; die Menschen flanieren über eine großzügige Promenade am Mittelmeer. Der Panoramablick zeigt die abendliche Stadt in warmen Farben. Keine bessere Welt, aber ein Ort, der nicht aus den Fugen geraten ist, ein urbanes Umfeld mit restriktivem Moralbegriff, in dem die Protagonisten Tricks anwenden müssen, um ihr sexuelles Begehren ausleben zu können, ohne den guten Ruf in der Nachbarschaft zu gefährden.
Während man entdeckt, dass das Liebesleben in Beirut genauso konfus ist wie überall sonst auf der Welt, werden Erinnerungen an die Bundesrepublik Deutschland in den 1960er-Jahren wach, an Kuppelparagrafen und Hotelportiers, die unverheiratete Paare nicht zu zweit in einem Zimmer übernachten lassen durften.
Vielleicht ist bisweilen etwas viel Augenzwinkern im Spiel, wenn etwa der cholerische Mokhtar seine Frau mit Fußtritten aus dem Haus befördert, und der Alte aus der Nachbarwohnung es sich auf einem Plastikstuhl bequem macht, um dem Treiben besser folgen zu können. Man merkt, dass Fouladkar mit „Ein Mann und sechs Frauen“ die erfolgreichste ägyptische Sitcom erfunden hat. Mit seinen pointierten Dialogen, der aus dem Leben gegriffenen Situationskomik und der großen Empathie für alle Figuren zeigt Fouladkar, dass er genau weiß, wie er seine Botschaft unter die Leute bringen kann. Die lautet: Seid frech, macht, was ihr wollt und wie ihr es wollt, aber sagt es bitte keinem. Eine Alltagsbewältigung, die ebenfalls an die Adenauer-Ära erinnert, an Heinz Erhardt, Heidi Kabel und eine Epoche, als die Deutschen lernten, über sich selbst zu lachen und Vorschriften nicht mehr ganz so ernst zu nehmen.
Acht Jahre hat Fouladkar an dieser Komödie gearbeitet, woraus eine smarte Mentalitätsstudie erwuchs, die mit viel Esprit die Geheimnisse des Liebeslebens hinter dem Schleier lüftet. Fürs muslimische Zielpublikum ist das eine perfekte Volkskomödie. Auf nicht-muslimische Kinogänger wirkt sie entmystifizierend, weil sie vom Zwang befreit, den Islam als Bedrohung wahrzunehmen. „Liebe Halal“ zeigt Aspekte des islamischen Alltags, von denen man schon immer etwas wissen wollte, sich aber nie danach zu fragen traute. Der Film redet einem Humor das Wort, der über sich selbst lachen und Vorschriften möglichst weit auszulegen lässt. Ein Film für und über die vielen Lebenskünstler des Alltags.
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