Dokumentarfilm | Neuseeland 2014 | 93 Minuten

Regie: Bryn Evans

Seit dem Jahr 2014 steht die neuseeländische „Hip Operation Crew“ als weltweit älteste Tanzgruppe im Guinness-Buch der Rekorde. Der Dokumentarfilm nutzt die Bemühungen der betagten Senioren und ihrer Managerin, zu den HipHop-Weltmeisterschaften nach Las Vegas zu fahren, für ein beschwingtes Porträt der tanzbegeisterten Ensembles. Dabei gelingt der Spagat zwischen eher ruhigen Erinnerungen an die unterschiedlichen Biografien und der Euphorie des HipHop-Tanzens. Ein anrührender Brückenschlag zwischen biblischem Alter und Jugendkultur. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
HIP HOP-ERATION
Produktionsland
Neuseeland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Inkubator
Regie
Bryn Evans
Buch
Bryn Evans
Kamera
Bevan Crothers
Musik
Tom Fox · Marshall Smith · The Sound Room
Schnitt
Peter Roberts
Länge
93 Minuten
Kinostart
01.10.2015
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Dokumentation über die älteste Tanzgruppe der Welt

Diskussion
Waiheke Island ist eine idyllische Insel vor der Ostküste Neuseelands. Hier macht der Lebensabend anscheinend Spaß, trotz all der Krankheiten, Gebrechen und Wehwehchen, die das Alter und insbesondere das hohe Alter so mit sich bringen. Kara, Maynie und Terri sind über 90 Jahre alt. Seit einiger Zeit hat Hip Hop in ihrem Leben Einzug gehalten. Auch wenn mancher die ehemalige Ghetto-Musik, die in den 1970er-Jahren in der Bronx entstand, gar nicht mag, lässt sich ihren rhythmischen Bewegungen kaum widerstehen. Sie sind zwischen 68 und 96 Jahren alt, das Durchschnittsalter liegt um die 80. „Ich hatte immer schon einen guten Draht zu alten Menschen“, sagt Billie Jordan. Die junge Frau ist für die Alten Beraterin, Freundin, Pflegerin und Managerin zugleich. Das hätte sich die ehemalige Kommunikationsberaterin der Stadtverwaltung Christchurch vor zehn Jahren noch nicht träumen lassen. Doch dann überlebte sie das Erdbeben von 2011, mit erheblichen Verletzungen und der Erfahrung des plötzlichen Sterbens um sie herum. Sie änderte ihr Leben, zog sich auf die beschauliche Insel zurück und begann mit der Senioren-Tanzgruppe zu arbeiten. Jordan geht es in erster Linie um die Freude, die die Alten beim Tanz empfinden, und um eine Auflockerung des Alltags: „Das Abenteuer besteht darin, sie aus ihrer gewohnten Umgebung rauszuholen“, sagt Billie. „Hip op-eration“ nennt sich die Gruppe selbstironisch, weil die meisten von ihnen bereits an der Hüfte operiert worden sind. Nach vielen anfänglichen Schwierigkeiten wurde die Gruppe immer erfolgreicher; sie traten bei Wettbewerben auf und erwarben sich sogar den Respekt der jungen „professionellen“ Hip-Hopper. Am Ende überzeugte ihre Choreographie sogar die Veranstalter der Weltmeisterschaften im Hip Hop Dance in Las Vegas. Doch die Finanzierung der Reise erweist sich als sehr schwierig. Bei vielen muss der Arzt entscheiden, ob sie flugtauglich sind. „Ihr kommt alle mit, und sei es in einer Urne!“, sagt Billie mit schwarzem Humor. „Hip Hop-Eration“ präsentiert ein wunderbares Ensemble, ohne ein Loblied auf körperliche Hochleistungen im hohen Alter anzustimmen. Der Film ist kein Trimm-dich-fit-Musical, sondern lässt sich eher mit Dokumentarfilmen wie „Rhythm Is It“ (fd 36 683) oder „El sistema“ (fd 39 220) vergleichen, in denen marginalisierte Jugendliche über zumeist klassische Musik Selbstbestätigung erfahren und neue Welten entdecken. Auch „Hip Hop-Eration“ lebt vom Zusammentreffen völlig unterschiedlicher Welten, von der Fusion der Gegensätze. Hip Hop steht für Jugend und rhythmische Rebellion. Im biblisch hohen Alter der Protagonisten wird sonst eher der Musik vergangener Zeiten gedacht. Erstaunlicherweise schafft der Film diesen Spagat zwischen der ruhigen Erinnerung an gelebtes Leben, alten Fotos und teils tragischen, teils anrührenden Lebensgeschichten und der Euphorie des späten Erfolges. Der Film ist keine Propaganda für ewige Jugend. Die Beschwerden des Alterns, künstliche Hüften oder elektrische Rollstühle werden nicht verschwiegen. Eher schon propagiert der Film die unbegrenzten Möglichkeiten eines Dialoges zwischen den Generationen, oder wie ein junger Hip-Hopper nach einem Auftritt der Alten sagt: „Das war eine völlig neue Form der Kulturverständigung.“
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