Jugendfilm | Großbritannien/Brasilien 2014 | 114 Minuten

Regie: Stephen Daldry

Ein 14-jähriger Müllsammler aus Rio de Janeiro findet ein Portemonnaie mit einer größeren Summe, was nicht lange unbemerkt bleibt. Auf der Flucht vor der Polizei kommen er und seine beiden Freunde einem Verbrechen der politischen Kaste auf die Spur. Das nach einem Kinderbuch inszenierte Drama schildert die Lebensumstände mit authentischer Härte, setzt gegenüber der Vorlage aber auf gesteigerte Spannung und betont die Exotik des brasilianischen Schauplatzes. Getragen von überzeugenden Darstellern, zeichnet der Film das bedrängende Bild kindlicher Überlebensstrategien in einem zerrissenen Land. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
TRASH
Produktionsland
Großbritannien/Brasilien
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Working Title Films/PeaPie Films/O2 Filmes
Regie
Stephen Daldry
Buch
Richard Curtis
Kamera
Adriano Goldman
Musik
Antonio Pinto
Schnitt
Elliot Graham
Darsteller
Martin Sheen (Father Juilliard) · Rooney Mara (Olivia) · Wagner Moura (José Angelo) · Selton Mello (Frederico) · Rickson Tevez (Rafael)
Länge
114 Minuten
Kinostart
18.06.2015
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Jugendfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Universal (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Universal (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl., dts dt.)
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Drama um den plötzlichen Reichtum eines Müllsammlers

Diskussion
Wer als Armer plötzlich zu Geld kommt, kann schnell zwischen die Mühlsteine einer brutalen Bürokratie geraten. Zumal in Ländern, deren System von Korruption unterwandert ist. Der 14-jährige Raphael wohnt in den Slums von Brasilien, am Rand einer Mülldeponie. Um zu überleben, durchwühlt er wie viele andere täglich die Abfälle nach brauchbaren Wertstoffen. Zumeist aber greift er in menschliche Exkremente hinein. Bis ihm eines Tages das Glück hold ist: Er fischt aus dem Unrat eine Brieftasche mit einer größeren Geldsumme samt einem Ausweis, einem Kinderfoto und einem Schlüssel heraus. Aber die Freude währt nur kurz. Denn schon heftet sich die Polizei an seine Fersen und setzt eine Belohnung aus. Angeblich benötigt sie diese Fundstücke zur Aufklärung einer Straftat. Wie die allerdings zu bewerten ist, hängt ganz vom sozialen Standpunkt ab. So kommt Raphael, von der Polizei gejagt, mit seinen zwei Freunden Gardo und Rato einem Verbrechen der politischen Kaste auf die Spur. „Trash“ ist eine Verfilmung von Andy Mulligans gleichnamigem Kinderbuch, das sich an Leser ab zwölf Jahren richtet. Da der englische Autor einige Zeit selbst als Lehrer in Schwellenländern gearbeitet hat, kennt er deren soziale und politische Verhältnisse aus eigener Anschauung. In Manila auf den Philippinen sah sich Mulligan offenbar auf einer ähnlichen Müllhalde um. Auch wenn seine Geschichte fiktiv ist, geht es ihm darum, die Armut von Kindern, deren ausweglose Lebensbedingungen, aber auch die Behandlung von Regime-Gegnern authentisch und mit realistischer Härte zu schildern. Deshalb erzählt er aus der Perspektive mehrerer Figuren, deren Unwissen oder Auslassungen und oft nur gespielte Coolness er kommentiert und ergänzt. Der Autor will die jungen Slumbewohner, und damit auch seine jungen Leser, diesem Elend aber nicht überlassen. Stattdessen beglückt er mit einer märchenhaften Wendung. Danach lässt sich die Korruption in Robin Hood’scher Manier einfach wieder aus der Welt schaffen, und die drei Helden machen ihr Glück. Mulligan stellt sich damit in eine Tradition, wie sie Bruno Bettelheim begründet hat: Kinder brauchen Märchen, um im Ringen mit den darin waltenden guten und bösen Mächten ihre seelischen Kräfte auszubilden und mit Hoffnung in die Zukunft blicken zu können. Der gefundene Schlüssel ist durchaus metaphorisch zu verstehen: „Mit dem richtigen Schlüssel kannst du die Tür weit aufstoßen. Denn niemand wird sie dir freiwillig öffnen.“ Wenn Stephen Daldry den Schauplatz des Filmes nach Brasilien verlegt, ist das durchaus stimmig. Dieses Land hat mit den gleichen Problemen zu kämpfen, kennt unermesslichem Reichtum ebenso wie extreme Armut und Korruption. Allerdings merkt man dem Film zuweilen an, dass mit Brasilien auch eine etablierte „exotische Location“ gewählt wurde. Dieses Land ist hierzulande gerade auch deshalb reizvoll, weil es vorzugsweise als Sehnsuchtsort ungehemmter Lebenslust inszeniert wird. Wenn die Müllkinder zu Hip-Hop-Musik wie selig in eine dreckige Brühe hüpfen, dann erscheint die gute Laune der Deponiebewohner doch allzu ausgestellt, und ihre Behausungen, die für „Trash“ eigens errichtet wurden, sind fast zu pittoresk gezeichnet. Der Film zielt auf das Samba-Gefühl. Und auf Angst. Deshalb wird die literarische Vorlage durch die Inszenierung in die Form des Thrillers gezwängt. Zwar betont auch der Film die Authentizität des Geschehens, indem er mit analogen Mitteln zu Mulligans Erzählform die Protagonisten ihre Erlebnisse auf Video festhalten lässt, doch er baut mehr auf Spannung. Daldry beschleunigt das Geschehen durch die Montage, fügt zusätzliche Jagd- und Verfolgungsszenen ein, spitzt die bedrohlichen Momente zu. So sieht man sich gleich am Anfang, in den ersten, schnellen Sequenzen geradezu von Informationen bestürmt. Gleichwohl ist dieser gesteigerter Thrill ambivalent im Blick. Denn der Filmemacher verschiebt durch den Stil seiner Inszenierung das Alter der Rezipienten nach oben. Auf erwachsene Zuschauer aber wirkt das märchenhafte Ende allerdings dann doch unwirklich, wenn nicht unterkomplex.
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