Komödie | Deutschland 2014 | 97 Minuten

Regie: Johannes Naber

Zwei weltreisende Unternehmensberater, die ihren Kunden stets dieselben Vorschläge zur gewünschten Profitmaximierung unterbreiten, werden mit dem Selbstmord eines Teamkollegen konfrontiert, der eben erst in der Firmen-Hierarchie aufgestiegen war, und müssen ratlos die Zeichen deuten, als diesem eine junge Kollegin nachfolgt. Ein rabenschwarzes, von vorzüglichen Darstellern getragenes Kammerspiel, das die Welt des entfesselten Kapitalismus mit Mitteln des Absurden und der Groteske zeichnet. Das pointenreiche und bitterböse Ränkespiel der neoliberalen Strippenzieher wird gegen Ende mit etwas zu deutlicher Moral befrachtet. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
studio.tv.film/WDR/ARTE/BR
Regie
Johannes Naber
Buch
Stefan Weigl
Kamera
Pascal Schmit
Schnitt
Ben von Grafenstein
Darsteller
Devid Striesow (Frank Öllers) · Sebastian Blomberg (Kai Niederländer) · Katharina Schüttler (Bianca März) · Romesh Ranganthan (Singh) · Steve Ellery (John Schernikau)
Länge
97 Minuten
Kinostart
22.05.2014
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. ein Feature mit drei im Film nicht verwendeten Szenen (6 Min.).

Verleih DVD
farbfilm/Lighthouse (16:9, 2.35:1, DD5.1 dt. & engl.)
Verleih Blu-ray
farbfilm/Lighthouse (16:9, 2.35:1, dts-HDMA dt. & engl.)
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Diskussion
Seit sechs Jahren reisen die beiden Unternehmensberater Öllers und Niederländer gemeinsam um die Welt. Flugmeilen sammelnd. Heute hier, morgen dort oder in Lagos. Sie wissen sehr gut um ihre Stärken, aber auch um ihre Schwächen. Sie wissen einander zu schätzen – in mehrfachem Sinn. In immer denselben Konferenzräumen treffen sie auf Kunden und unterbreiten stets dieselben Vorschläge zur gewünschten Profitmaximierung: Verlagerung der Produktion in Länder, wo Arbeitskraft noch billiger zu haben ist. Indien war gestern, heute sollte man einmal vorurteilsfrei über Pakistan oder Afghanistan nachdenken. Taliban hin, Terror her. Nach getaner Arbeit geht es zurück in die immer gleichen Hotelzimmer mit Mini-Bar, Prostituierten, Drogen und regelmäßigen Telefonaten mit den Lieben in der Heimat. Nach all den Jahren globalem Frondienst wäre es eigentlich an der Zeit, auch einmal demonstrativ belohnt zu werden, indem man innerhalb der Firmen-Hierarchie zum „Partner“ aufsteigt. Aktuell ist das dem Teamkollegen Hellinger gelungen, was bei den Zurückgebliebenen auf Unverständnis stößt. Das Nächste, was man von Hellinger hört, ist, dass er sich aus dem Fenster gestürzt hat. Das Nächste, was man aus der Firmenzentrale sieht, ist die junge Kollegin Bianca, die Hellinger vor Ort ersetzt. Öllers und Niederländer, auf ihre Art Machos und Zyniker, sind entsetzt, müssen Zeichen lesen und deuten, sich neu orientieren. Was wird gespielt? Mit welchem Auftrag ist Bianca zum Team gestoßen? Während im Hintergrund Geräusche der Außenwelt, die auf Bürgerkrieg und Terroranschläge hindeuten, allmählich lauter werden, liegen die Nerven blank, fliegen die Fetzen. Johannes Naber („Der Albaner“) hat ein Drehbuch von Stefan Weigl („Waschen Schneiden Legen“) konsequent als Kammerspiel realisiert. Der Film macht keinen Hehl aus der konsequenten Entscheidung, dass die Welt außerhalb der Nicht-Orte Hotel und Konferenzraum hier nur zeichenhaft existiert und der Blick aus dem Hotelfenster stets ein abstraktes Bild für eine Dritte-Welt-Metropole zeigt, die aufgrund der Luftverschmutzung eh nicht zu erkennen wäre. Naber zeichnet die Welt des entfesselten Kapitalismus mit den Mitteln des Absurden und der Groteske, dabei vertrauend auf die Komik, die entsteht, wenn weitreichende ökonomische Entscheidungen vor dem Hintergrund kleinkarierter Marotten gefällt werden. Der Film vertraut dabei ganz auf seine famosen Darsteller Devid Striesow, Sebastian Blomberg und Katharina Schüttler, denen aller Raum gelassen wird, mit Verve ihre Konflikte und Intrigen pointenreich böse und voller Witz auszutragen. Der Film ist Schauspieler-Theater par excellence. Passend zu den Nicht-Orten, an denen „Zeit der Kannibalen“ spielt, agieren die Figuren auf der Basis flottierender Identitäten, die auf bestimmte Situationen nur mit Versatzstücken von Ideen, aber nicht mit einer geschlossenen Ideologie reagieren können. Die Figuren improvisieren. Öllers möchte die Welt zu einem besseren Ort machen, indem er die bestehende Ordnung untergehen lässt. Niederländer überrascht mit dem Eingeständnis, in Erfurt geboren zu sein und träumt davon, die Transiträume dieser Welt innenarchitektonisch so zu vereinheitlichen wie den Geschmack der Speisen bei McDonalds. Bianca dagegen gibt sich emanzipiert und voller Bewusstsein für political correctness, zeigt sich aber dann doch schnell korrupt und egoistisch. Staunend gestehen die neoliberalen Strippenzieher einander, welche interessanten Farben ihre politischen Biografien streiften. Solcherart verdichtet und abstrahiert gibt „Zeit der Kannibalen“ lange Zeit eine schwarze Komödie, die auf engem Raum unter mitteleuropäischen Bedingungen „The Wolf of Wall Street“ oder „Glengarry Glen Ross“ nachspielt, bis irgendwann dann doch die Moral von der Geschicht(e) in den Film kracht. Als die Firma verkauft wird, resultiert daraus ein erstaunlicher Aufstieg, dem umgehend ein Fall ins Bodenlose folgt. Dieser Niedergang letztlich unprofessioneller Akteure, die sich leichthin opfern lassen, wird seinerseits flankiert von einem Einbruch der Realität, des Draußen, in dessen Verlauf die drei Helden des Kapitalismus zu hilflos-greinenden Wichteln werden. Die Revolution, so der etwas zu pathetische Schluss, wird die drei Protagonisten hinwegfegen und sie als Pappkameraden im „Krieg gegen den Terror“ missbrauchen. Aber: ihre Nachfolger stehen längst bereit, um ihre Arbeit fortzusetzen und es durch Ehrgeiz, Skrupellosigkeit und Erfolgsorientierung im besten Fall zum „Partner“ zu bringen.
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