Ein Großindustrieller entdeckt nach dem Tod seiner Frau, dass er aus einer Affäre eine Tochter hat. Auf der Suche nach ihr trifft er auf ihren arbeitslosen Ziehvater, mit dem die Tochter gebrochen hat. Gemeinsam begeben sich die ungleichen Männer zur Hochzeit der Tochter mit einem reichen Ex-Tennisprofi; der Großindustrielle mimt den Brautvater, ohne dass Tochter und Ziehvater seine wahre Identität kennen. Die elegant inszenierte, von einem spielfreudigen Ensemble getragene Boulevardkomödie hält geschickt die Balance zwischen Humor und Gefühl, wobei sie unaufdringlich ernste Töne ins temporeiche Spiel einstreut.
- Ab 12.
Väter und andere Katastrophen
Komödie | Frankreich 2011 | 102 Minuten
Regie: Martin Valente
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Filmdaten
- Originaltitel
- UN JOUR MON PÈRE VIENDRA
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Kare Prod./Gaumont/TF1 Films/Malec Prod.
- Regie
- Martin Valente
- Buch
- Martin Valente · Gianguido Spinelli
- Kamera
- Pierre-Yves Bastard
- Musik
- Puggy · Emmanuel Rambaldi
- Schnitt
- Valérie Deseine
- Darsteller
- Gérard Jugnot (Gustave) · François Berléand (Bernard Beu) · Olivia Ruiz (Chloé) · Jamie Bamber Griffith (Stephen) · Laurence Arné (Suzanne)
- Länge
- 102 Minuten
- Kinostart
- 03.05.2012
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
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Im Nachlass seiner schottischen Frau entdeckt der Großindustrielle Bernard Briefe eines kleinen Mädchens namens Chloé, die an ihn gerichtet sind. Darin wird offenbar, dass Chloé das Ergebnis einer lang zurückliegenden Sommeraffäre ist. „Ich habe eine Tochter und muss mich um sie kümmern“, verkündet er seinem verdutzten Aufsichtsrat – und macht sich auf die Suche nach Chloé. Die folgende animierte Titelsequenz greift den Stil der mit Zeichnungen versehenen Kinderbriefe auf; der beziehungsreiche Originaltitel „Un jour mon père viendra“ (Eines Tages wird mein Vater kommen) suggeriert überdies eine märchenhaft-poetische Grundstimmung. In Frankreich trifft Bernard bei seinen Nachforschungen auf Chloés Ziehvater Gustave, einen arbeitslosen Koch, von dem sich Chloé nach dem Tod ihrer Mutter losgesagt hat. Gustave fasst Vertrauen zu dem verschrobenen Millionär, der seine wahre Identität wohlweislich verschweigt. Gustave sucht nämlich einen Verbündeten, um sich Chloé wieder zu nähern. Diese ist gerade im Begriff, einen steinreichen Ex-Tennisprofi zu heiraten; für den Gang zum Altar sucht eine Casting-Agentur in Chloés Auftrag einen passenden „Vater“. Gustave überredet Bernard, für den Job vorzusprechen. Als Bernard abgelehnt wird, überfahren sie kurzerhand den engagierten Schauspieler, sodass Bernard doch in die Rolle des Brautvaters schlüpfen kann, während sich Gustave als Aushilfskoch in das hochherrschaftliche Anwesen einschmuggelt.
Nach seinem eher statisch inszenierten Spielfilmdebüt mit der leisen Beziehungskomödie „Die Amateure“ (2003) und dem episodenhaften Drama „Fragile“ (2007) wollte Martin Valente diesmal offensichtlich großes Kino auf die Leinwand bringen. Dazu lässt er Kameramann Pierre-Yves Bastard mit Dolly, Kran und Steadicam in lichtdurchfluteten CinemaScope-Bildern schwelgen und elegant den ständig sich in Bewegung befindlichen Schauspielern folgen. Der Film gleicht einer Boulevardkomödie, nur dass man hier keine Türen knallen hört. Auch wenn die Geschichte von verkorksten Vater-Töchter-Beziehungen bzw. die Suche nach der verlorenen Tochter nicht gerade neu ist, gewinnt die Inszenierung ihr durch die Verknüpfung der beiden Themen neue Reize ab. Das funktioniert vor allem, weil man sich ständig fragt, wie die beiden Väter ohne seelische Beschädigung aus der vertrackten Situation herauskommen und wie die Tochter auf den wahren Vater reagieren wird. Das Happy End ist vorprogrammiert, aber der Weg dorthin ist das Ziel der temporeichen Inszenierung, die sich auf ein spielfreudiges Ensemble stützen kann.
Allround-Talent Gérad Jugnot, der aus dem französischen Kino als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur nicht mehr wegzudenken ist, übernimmt den emotionalen Part, weshalb man Gustave trotz seiner Schwächen ständig in den Arm nehmen möchte. François Berléand, der in allen Filmen von Valente mit dabei war, gibt wunderbar distinguiert den eleganten Lebemann und Zwangsneurotiker. Wie Jack Nicholson in „Besser geht’s nicht“ (fd 32 980) leidet auch er unter einem Sauberkeitsfimmel und kann nicht über durchgezogene Linien gehen, was ihn beim Gang zum Altar vor schwere Aufgaben stellt. Mit diesem extrem unterschiedlichen Paar greift Valente die Tradition der französischen Buddy-Komödien mit Gerard Depardieu und Pierre Richard auf, verfällt aber nie in deren burlesken Ton, sondern wahrt die Balance zwischen Humor und Gefühl. Dass sich neben ihnen auch die Pop-Sängerin Olivia Ruiz und der Brite Jamie Bamber behaupten, ist Valentes präziser Schauspielerführung zu verdanken: Ruiz beweist durchaus komödiantisches Talent, und Bamber lässt seinen smarten Erfolgsmenschen nicht zur Karikatur verkommen. Ganz im Gegenteil: In beider Suche nach einem liebenden und sie verstehenden Vater mischen sich unaufdringlich ernste Töne in eine beschwingte Komödie, die mit einem der hübschesten Gags der Filmgeschichte wohlgelaunt aus dem Kino entlässt.
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