Gleich zu Beginn gibt aus dem Off jemand zu bedenken, dass diejenigen, die am meisten vom Krieg zu verstehen glauben, in der Regel keine eigenen Kriegserfahrungen haben und nicht zuletzt deshalb die Welt gerne vereinfachend in „gut“ und „böse“ einteilen. Das lässt wohl nicht zufällig an die „Irak-Krieger“ in der amerikanischen Regierung denken, unter denen sich kein Veteran findet, die aber umso selbstgewisser von ihrem Krieg gegen „das Böse“ überzeugt scheinen. Dieser frühe und überraschend direkte Kommentar bleibt in Clint Eastwoods Film freilich die einzige Referenz an die Gegenwart. Anschließend scheint er schlüssige Lesarten geradezu konterkarieren zu wollen. Der Regisseur sowie seine Drehbuchautoren haben nämlich eine komplizierte Erzählstruktur gewählt, deren Logik sich nicht auf Anhieb erschließt. So ist, wenn gelegentlich weitere Kommentare aus dem Off eingesprochen werden, nicht immer gleich nachzuvollziehen, wer da spricht, und wenn die Handlung mehrfach zwischen unterschiedlichen Zeitebenen wechselt, wird der genaue chronologische Zusammenhang nicht immer klar. Doch gerade diese Unklarheiten erweisen sich als dem Stoff angemessen, denn sie bilden einen Gegenpol zur Geradlinigkeit jener Propagandageschichte, die „Flags of Our Fathers“ dekonstruiert.
Ein Handlungsstrang des Films begleitet eine Gruppe Marines auf dem Weg in den Pazifik-Krieg, wobei die naive Kameraderie der jungen Männer und die angespannte Ereignislosigkeit bis zum ersten Einsatz aus zahlreichen Hollywood-Filmen über den Zweiten Weltkrieg vertraut scheinen. Umso nachdrücklicher bleibt daher eine Marginalie in Erinnerung, die beiläufig ein treffendes Bild für die Funktionsmechanismen einer Kriegsmaschinerie abgibt: Scheinbar nebenbei lässt Eastwood zunächst einen Marine, der allzu ausgelassen das Auslaufen der Flotte bejubelt, ins Wasser fallen, bevor er einen anderen lapidar erklären lässt, warum das komisch anmutende Missgeschick einem Todesurteil gleichkommt. Bald darauf gehören die Marines zu den ersten amerikanischen Truppen, die im Februar 1945 auf Iwo Jima, einer kleinen unwirtlichen Vulkaninsel, an Land gehen. Dieses erste amerikanische Landungsunternehmen auf japanischem Boden war ähnlich verlustreich wie die alliierte Landung in der Normandie, und an die Darstellung jenes Massensterbens in „Der Soldat James Ryan“
(fd 33 341) erinnert denn auch die entsprechende Sequenz in „Flags of Our Fathers“. Wie weit diese formale Ähnlichkeit darauf zurückzuführen ist, dass Steven Spielberg den Film produziert hat, sei dahingestellt. Weil man den detaillierten Hyper-Realismus, mit dem in farbentsättigten Bildern die Gräuel der Schlacht aneinander gereiht werden, inzwischen gewohnt ist, stellt sich unweigerlich eine gewisse Abstumpfung ein. Genau dieser Effekt ist möglicherweise gewollt, denn just in dem Moment, in dem sich besagter Eindruck bemerkbar macht, schneidet Eastwood umso wirkungsvoller auf den absurden Zirkus einer Propaganda-Tour, auf die kurz darauf drei Teilnehmer jener Schlacht geschickt wurden. Die drei waren, nach überstandener Landung, zufällig am Hissen einer US-Flagge auf Iwo Jima beteiligt, was Joe Rosenthal in jenem Foto festhielt, das bald weltberühmt wurde. Das Bild bot sich dafür an, in einer kriegsmüden amerikanischen Nation neue Siegeshoffnung zu nähren; Voraussetzung dafür war, dass die Schlussphase des Pazifik-Kriegs mit einer weiteren Kriegsanleihe finanziert werden konnte. Um für diese Anleihe die Trommel zu rühren, wurden John Bradley, Rene Gagnon und Ira Hayes von der amerikanischen Regierung zu Helden erkoren und auf eine Tour durch die USA geschickt, in deren Verlauf sie stets aufs Neue in Sportstadien und auf öffentlichen Plätzen die „Stars and Stripes“ auf Pappmaché-Haufen pfropfen mussten. Diese Travestie bekommt man im Laufe des Films in mehreren absurden Varianten zu sehen, bevor Eastwood das eigentliche Ereignis, das von Rosenthal festgehalten wurde, schließlich betont nüchtern und beiläufig in Szene setzt. Während Eastwoods kluger Film auf solchen Umwegen der historischen Wahrheit hinter einem weltbekannten Bild nachspürt, lässt er seinen Hauptfiguren indes ihre Geheimnisse. Zwar sammelt Bradleys Sohn in einer Rahmenhandlung, die in der Gegenwart angesiedelt ist, Informationen über die Kriegserfahrungen des Vaters, aber in diesem Handlungsstrang bleiben die konkreten Zusammenhänge bezeichnenderweise auffallend unklar.
Was immer James Bradley, dessen Buch die Vorlage zu dem Drehbuch des Films abgab, Privates über seinen Vater und seine Kameraden herausgefunden haben mag – Eastwood enthält es dem Zuschauer weitgehend vor. Stattdessen lässt er seine drei Hauptdarsteller, Ryan Phillippe, Jesse Bradford und Adam Beach, mit betont zurückhaltendem Spiel und wenigen Worten die Überforderung ihrer Figuren spiegeln. In gewisser Weise wird der Film mit dieser diskreten Distanz zumindest den Wünschen von John Bradley und Ira Hayes nachträglich gerecht, die beide unter dem Rampenlicht litten, das ungewollt auf sie gerichtet wurde. Hayes ist daran letztlich zugrunde gegangen. Bradley verlor, wie man von seinem Sohn erfährt, über die Beteiligung am Hissen der Flagge auf Iwo Jima kein Sterbenswort.