Informativer Dokumentarfilm über neue Verbreitungswege und Strukturen rechtsradikaler Organisationen, die als internationale Netzwerke operieren und sich neuester Kommunikationsformen bedienen. Der unkommentierte Film setzt auf das Selbstentlarvungspotenzial zahlreicher, teils schockierender Aussagen überzeugter Rassisten.
- Ab 14.
White Terror
Dokumentarfilm | Schweiz/Frankreich/Deutschland/Finnland 2005 | 90 Minuten
Regie: Daniel Schweizer
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Filmdaten
- Originaltitel
- WHITE TERROR
- Produktionsland
- Schweiz/Frankreich/Deutschland/Finnland
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Dschoint Ventschr Filmprod./Little Bear Prod./Cameo Film/Making Movies/Horizon Films/TSR/SF-DRS/SRG SSR-Idée Suisse/arte
- Regie
- Daniel Schweizer
- Buch
- Daniel Schweizer
- Kamera
- Piotr Jaxa · Johannes Imdahl
- Musik
- Tapani Rinne
- Schnitt
- Kathrin Plüss
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Glatze, Springerstiefel oder Bomberjacke, die einschlägigen Erkennungsmerkmale rassistischen Gedankenguts werden immer weniger zu Markte getragen. Trotzdem hat sich das rechtsextreme Milieu nicht in Luft aufgelöst. Das Gegenteil ist leider der Fall. Davon ist einer der profundesten Kenner dieser Szene, der Genfer Filmemacher Daniel Schweizer, überzeugt. Rechtsextreme Gruppierungen sind weltweit im Vormarsch, nur haben sie ihre sichtbaren Strukturen in den letzten Jahren stark verändert. Die Generation der alten Hetzer in Europa und den Vereinigten Staaten sind durch neue, moderne Vordenker abgelöst worden, die sich nicht unbedingt ihre Köpfe rasieren oder mit Nazi-Emblemen hausieren gehen. Häufig im Anzug, geschniegelt und herausgeputzt, verbreiten sie auf neuen Wegen ihr menschenverachtendes Gedankengut. Diese Propagandisten organisieren sich über eigene Labels, Musikclubs, Magazine, Verlage und vor allem über das Internet. Dank der virtuellen Technik schrumpft auch die globale Neo-Nazigemeinde auf die Größe eines Dorfes zusammen, weil die Kommunikationswege kürzer geworden sind. Der harte Kern dieser Gemeinde kann sich dabei auf einen stetig wachsenden Sympathisantenkreis verlassen. Solange rassistisch motivierte Überfälle nicht in den Schlagzeilen auftauchen, solange sich Schläger öffentlich nicht gewalttätig oder grobschlächtig verhalten, finden sie sogar in beängstigend großen Kreisen eine weitgehende – und verschwiegene – Unterstützung für ihr Denken und Handeln.
Daniel Schweizers Dokumentarfilm „White Terror“ beginnt mit einem Mord an einem Jugendlichen innerhalb der Schweizer Rechtsradikalen-Szene und einem illegalen Video, das unter dem Decknamen „Glückwünsche für 2003“ heimlich in ganz Europa versandt wurde. Im letzten Teil seiner Trilogie und nach den Vorgängerfilmen „Skin or Die“ und „Skinhead Attitude“ taucht der Regisseur erneut in den braunen Sumpf ein. Nach beinahe zehn Jahren intensiver Recherche folgt Schweizer in „White Terror“ den Spuren moderner Formen des Rassismus, fragt in Gruppierungen und bei Einzelgängern in der Schweiz, Deutschland, Schweden, Amerika und Russland nach und versucht, den Nährboden für Parolen wie „White Power“ zu erfassen. Wie gewohnt scheut sich Schweizer nicht, direkt in die Höhle des Löwen zu gehen. Er setzt sich unter anderem mit amerikanischen Neo-Nazis an einen Tisch, die sich mit Anhängern des Ku Klux Klan und rechtsradikaler Kirchen verbündet haben. Im Land der Redefreiheit verbreiten sie beinahe ungestört und von vielen gehört ihr Gedankengut. Schweizer besucht auch schwedische Nationalisten, die glauben, dass die weiße Rasse am Aussterben sei, und deshalb für den Ernstfall trainieren. Dabei ergehen sich viele in einer derartigen Naivität, dass sie den Rand zur Lächerlichkeit streifen würden, wäre die Ideologie nicht so erschreckend. In Interviews betont Schweizer immer wieder, dass er nicht wie ein Journalist arbeite, sondern sich als Filmautor verstehe, der eine Geschichte erzählen will. So bleiben die geäußerten rassistischen Parolen in seinem Film weitgehend unkommentiert. Die Glaubensbekenntnisse seiner Protagonisten sind häufig so schockierend, dass es durchaus sinnvoll ist, sie nicht durch Off-Kommentare zu entschärfen. Allerdings ist es schade, dass Schweizer sich nur wenig um einen sachlichen Zusammenhang bemüht, und wie bereits in „Skinhead Attitude“ im Laufe seiner Dokumentation recht beliebig diverse Gruppierungen in unterschiedlichen Ländern abklappert und aneinander reiht. Trotzdem ist es sein unerbittlicher Recherchefilm wert, genauer zur Kenntnis gekommen zu werden, damit später niemand sagen kann, er hätte von nichts gewusst.
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