The Other Final

Sportfilm | Niederlande/Japan/Italien 2003 | 87 Minuten

Regie: Johan Kramer

Dokumentarfilm über Vorbereitung und Ausführung eines Fußballspiels zwischen den beiden vom Weltverband am schlechtesten gewerteten Mannschaften aus Montserrat und Bhutan, das parallel zum Weltmeisterschaftsfinale 2002 stattfand. Er gewinnt dem Ereignis komische, emotionale und soziale Aspekte ab und kombiniert sie mit Impressionen aus dem Karibik- und dem Himalaya-Kleinstaat zu einem unterhaltsamen Bilderbogen, der Fußball als Weltsprache propagiert. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
THE OTHER FINAL. BUTHAN VS. MONTSERRAT
Produktionsland
Niederlande/Japan/Italien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Kesselskramer/Robot
Regie
Johan Kramer
Buch
Johan Kramer
Kamera
Lex Brand
Musik
Marcel Walvisch
Schnitt
Jonathan Griffith
Länge
87 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Sportfilm | Dokumentarfilm
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Diskussion
Im Sommer 2002 teilten die niederländischen Fußball-Anhänger ihr Leid mit Fans aus fast 200 weiteren Ländern, die in der FIFA organisiert sind: Sie sahen eine Weltmeisterschaft in Ostasien ohne Beteiligung der eigenen Nationalelf. Auch wenn dieser weltumfassende Gedanke vermutlich kein großer Trost war, brachte er immerhin den Holländer Matthijs de Jongh dazu, einen Blick auf die damals aktuelle Rangliste der FIFA, des Weltfußballverbandes, zu werfen, und zwar ans untere Ende. Dort, auf den Plätzen 202 und 203, fanden sich die Fußballverbände von Bhutan und Montserrat. De Jongh kam auf die Idee, genau am Tag des WM-Endspiels ein alternatives Finale zu organisieren, bei dem anstelle der besten – die, was damals niemand ahnen konnte, Brasilien und Deutschland sein würden – die „schlechtesten“ Mannschaften der Welt gegeneinander antreten. Wer Böses dabei denkt… De Jongh beeilt sich zu versichern, dass es nicht darum ging, sich nach dem eigenen Ausscheiden in der Qualifikation über die Schlusslichter des Weltfußballs lustig zu machen, sondern, und das macht der Dokumentarfilm in praktisch jeder Szene deutlich, um den Fußball als womöglich einzige Weltsprache zu propagieren, die jeder versteht und die die unterschiedlichsten Menschen zusammen bringen kann.

Die Idee des „anderen Finals“ stößt sofort auf Begeisterung, sowohl auf der kleinen Karibikinsel Montserrat als auch im kaum größeren Himalaya-Königreich Bhutan. Wochen der Vorbereitung folgen – nicht etwa bloß logistischer Art, sondern auch sportlicher, denn beide Teams sehen das Spiel als große Herausforderung und stilisieren es zum wichtigsten Ereignis in der Verbandsgeschichte. Was es für die Völkerverständigung bedeutet, zeigt der Film immer wieder anhand eines weißen Fußballs, der durch europäische Straßen rollt, anschließend in den Himmel fliegt – und wahlweise in Montserrat oder in Bhutan aufkommt, wo er wiederum durch die Lande rollt. Tatsächlich unterscheiden sich Eifer und Begeisterung für den Fußball sowie die Träume, die er auslöst, an beiden Enden der Welt kaum voneinander: hier das von einem Vulkanausbruch geschundene Eiland, dessen Liga fünf Vereine umfasst, aber kein rechtes Stadion besitzt; dort die Bhutanesen, denen es an Ausrüstung, einem Trainer und sogar einem Schiedsrichter mangelt. Hier wie dort melden sich offizielle Persönlichkeiten zu Wort, in Bhutan sogar der Premierminister, die dem Fußball im Allgemeinen und dem „Endspiel“ im Besonderen eine Bedeutung von nationalem Interesse zubilligen. Beider Zielsetzungen sind ehrgeizig. Montserrat will vom letzten Listenplatz weg, und Bhutan will zeigen, dass der asiatische Fußball besser ist als sein Ruf, weniger steif und militärisch, was zur selben Zeit auch die Mannschaften von Japan und Südkorea vorführten.

Der Film zeigt beide Schauplätze parallel, in schnellen, mit viel Musik unterlegten Montagen und zahllosen, sorgfältig komponierten Impressionen. Aber er versucht nicht anzugleichen, was sich grundlegend unterscheidet, etwa die Lebensweisen: karibisches „Easy Living“ auf der einen Seite und ein Leben in Kargheit im Schatten des buddhistischen Klosters auf der anderen. Wobei man auch dort zu feiern weiß, wie sich herausstellt, als die Montserrater endlich in Bhutan, dem Schauplatz des Finales, ankommen. Die riesigen schwarzen Männer und die weitaus kleineren Bhutanesen freunden sich an und begehen gemeinsam ein rauschendes Fest, bei dem vor allem Liedgut ausgetauscht und vorgetragen wird. Fußball und Musik – da braucht es fast keinen Übersetzer mehr. Diese Qualität des „anderen Finales“, des Zusammenfindens von Völkern ohne weltmeisterliche Ambitionen, haben zahlreiche Zeitungen und Fernsehsender rechtzeitig erkannt, was dazu führte, dass das Spiel weltweite Beachtung fand, fast wie das große Vorbild. Der Film versteht es, mit Witz und Ironie die Anstrengungen beider Seiten ins Bild zu setzen, Weltfußball zu spielen, ohne dass er sich darüber lustig macht. Es bleibt dem Zuschauer überlassen, zu beurteilen, ob ein solches Spiel demütigend oder aufbauend, erheiternd oder erhebend ist. Ein wenig von allem ist in Johan Kramers schönem Dokumentarfilm, dem es vielleicht auch gelungen ist, die einst so geschundene niederländische Fußballseele zu trösten.

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