Apocalypse Now Redux (2001)

Kriegsfilm | USA 1979/2001 | Kino: 202 DVD: 194 (=BD: 202) Minuten

Regie: Francis Ford Coppola

Neu geschnittene und um 49 zusätzliche Minuten mit bislang noch nie gezeigtem Material verlängerte Fassung von Francis Ford Coppolas Vietnam-Drama "Apocalypse Now" (1976-79), die den Intentionen des Regisseurs deutlicher als die vor mehr als 20 Jahren veröffentlichte Fassung entspricht. Basierend auf einem Roman von Joseph Conrad, wird die Grausamkeit des Krieges ebenso deutlich wie seine Sinnlosigkeit. Die überarbeitete Fassung, die vermeintlichen Nebenhandlungen größeren Raum zubilligt, setzt neue Maßstäbe und lässt noch eindeutiger in die Abgründe der menschlichen Seele blicken. (siehe auch unter: "Apocalypse Now" von 1979 sowie "Apocalypse Now Final Cut" von 2019) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
APOCALYPSE NOW REDUX
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1979/2001
Produktionsfirma
American Zoetrope
Regie
Francis Ford Coppola
Buch
John Milius · Francis Ford Coppola
Kamera
Vittorio Storaro
Musik
Carmine Coppola · Francis Ford Coppola
Schnitt
Walter Murch
Darsteller
Marlon Brando (Colonel Kurtz) · Robert Duvall (Kilgore) · Martin Sheen (Captain Willard) · Frederic Forrest (Chef) · Albert Hall (Chief)
Länge
Kino: 202 DVD: 194 (=BD: 202) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Kriegsfilm
Externe Links
TMDB

Heimkino

Informationen hierzu, siehe unter: "Apocalypse Now Final Cut".

Verleih DVD
BMG (16:9, 2.00:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Kinowelt (16:9, 2.35:1, dts-HDMA5.1, engl./dt.)
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Diskussion
Die neue Version von „Apocalypse Now“ (fd 22 192), so Francis Ford Coppola, „bringt nichts grundsätzlich anderes zur Aussage als die Alte. Sie sagt es nur besser, eindringlicher und in einer viel komplexeren Art und Weise. Die Thematik des Films tritt viel deutlicher hervor.“ Ohne dem Regisseur nach dem Munde zu reden, kann man sich dieser Aussage nur anschließen. Aufgrund eines durch Zeitungsschlagzeilen wie „Apocalypse When?“ geförderten immensen Drucks von außen entschloss sich Coppola 1979 nach Beendigung der dramatischen Dreharbeiten (u.a. erlitt Hauptdarsteller Martin Sheen am Set vor Erschöpfung einen Herzinfarkt, während ein Taifun die Philippinen heimsuchte und sämtliche Bauten und Dekorationen fortschwemmte), eine dem Massengeschmack wenigstens ansatzweise entgegenkommende „Kurzfassung“ der monumentalen Vietnam-Krieg-Auseinandersetzung zu erstellen. Das veranschlagte 16-Mio.-Dollar-Budget war nämlich um das Doppelte überzogen worden, sodass der Filmemacher all seinen Besitz verpfänden musste. Ein Misserfolg an der Kinokasse hätte für Coppola den finanziellen Ruin bedeutet. Bereits nach der mit der „Goldenen Palme“ ausgezeichneten „Work in progress“-Vorführung auf den Filmfestspielen in Cannes (1979) plante Coppola eine radikale Neubearbeitung der sehr freien Adaption von Joseph Conrads Roman „Heart of Darkness“. 22 Jahre später konnte er zusammen mit seinem Cutter Walter Murch und dem Produzenten Kim Aubry dieses Vorhaben endlich realisieren. Am 11. Mai 2001 stellte Coppola, wiederum in Cannes, eine komplett überarbeitete Schnittfassung vor, die 49 Minuten noch nie gezeigten Materials enthält. „Redux“ meint „Zurückgehen zu den Anfängen“. Coppola kommt mit der nun 203 Minuten langen Reise in die Abgründe der menschlichen Seele seiner ursprünglichen Intention sehr nahe: „Ich wollte einen Film machen, der ein Gefühl dafür vermittelt, wie es in Amerikas schmutzigsten Krieg wirklich zuging: roh, unmenschlich, moralisch verkommen und gleichzeitig unfassbar grotesk.“ Die Ausgangsposition bleibt unverändert: Captain Willard erhält 1969 im vietnamesischen Hauptquartier der CIA einen Spezialauftrag; er soll den hochdekorierten und einst allseits geachteten Oberst Kurtz, der im kambodschanischen Dschungel als grausamer Despot von buddaähnlicher Statur über einen primitiven Eingeborenenstamm herrscht und eine Art Privatkrieg führt, ausfindig machen und liquidieren. Willard macht sich mit einer Hand voll Soldaten in einem Patrouillen-Boot auf den Weg. Je länger die Fahrt durch die grüne Hölle dauert, desto mehr werden die Passagiere mit einer makabren Wirklichkeit konfrontiert, die sie fast den Verstand verlieren lässt. Trotz ungeteilter Anerkennung der zeitgenössischen Kritik, was die suggestive Bildgestaltung (Kamera: Vittorio Storaro) und die detailgenaue Ausstattung (Dean Tavoularis) angeht, wurde „Apocalypse Now“ häufig der Vorwurf der Kriegsverherrlichung bzw. der Mystifizierung realer Ereignisse gemacht. Nach Betrachten der verlängerten Version kann davon keine Rede mehr sein. In den zusätzlichen Sequenzen kommt die Sinnlosigkeit des (Vietnam-)Kriegs noch besser zum Ausdruck. In der seinerzeit der Schere zum Opfer gefallenen „Plantagen-Episode“ tauchen aus den Nebelschwaden des Flussufers die Überreste einer französischen Kolonie auf. Die Plantagenbesitzer laden Willard und seine Männer zu einem Diner ein, das sich im Verlauf des Abends zu einem ideologischen Disput zwischen Gastgebern und Gästen entwickelt. Unverhohlen kritisiert der Kolonialherr Hubert deMarais die Politik der USA in Vietnam: „Warum sind wir hier? Um unsere Familie zusammenzuhalten. Weil wir um das kämpfen wollen, was uns gehört. Ihr Amerikaner kämpft lediglich um das größte Nichts in der Geschichte der Menschheit.“ Die Szene ist erfüllt von nostalgischer Exotik, die zugleich einer Prophezeiung gleichkommt: Nach den Franzosen mit ihren verblassten Idealen und einem längst überkommenen, luxuriösen Lebensstil im ehemaligen Indochina werden auch die hemdsärmeligen US-Amerikaner in Vietnam scheitern. Während am Esstisch die Wogen verbal hochschlagen, begegnen sich immer wieder die stummen Blicke von Willard und der jungen Witwe Roxanne. Für die Beiden endet der Abend in zärtlicher Zuneigung. Es wird das letzte wahrhaft menschliche Antlitz sein, das Willard erblickt. Das Zusammenspiel von Aurore Clement und Martin Sheen ist von subtiler Sinnlichkeit geprägt und gehört – wie das von Hildegard Knef und Oskar Werner in „Entscheidung vor Morgengrauen“ (fd 2126) – zu den wenigen wirklich erotischen Szenen im Kriegsfilm-Genre. Zur romantischen Atmosphäre trägt paradoxer Weise der synthetische Soundtrack von Coppolas Vater Carmine bei – eine eigenwillig-verführerische Debussy-Verbeugung. In der Erweiterung der berüchtigten „Playmate“-Sequenz treffen drei bedauernswerte Schönheiten, die während ihrer Showdarbietung auf einer US-Militärbasis vor einer enthemmten Soldatenhorde mit dem Hubschrauber flüchten müssen, auf Willard und Co. Die lasziven Go-Go-Girls entpuppen sich als rührend unschuldige Geschöpfe. Ähnlich wie die Soldaten werden sie von der Gesellschaft benutzt und ausgebeutet. Während die Mädchen in der altbekannten Fassung als Abziehfolie männlicher Sexualfantasien regelrecht verheizt werden, verleiht ihnen Coppola in den zahlreichen Nahaufnahmen nun Charakter und Würde. Eine weitere Einstellung zeigt Willards Männer am Anfang ihres Himmelfahrtskommandos in gelöster Stimmung: Sie beschließen, das Surfbrett des kumpelhaften Colonel Kilgores zu verstecken. Wenig später wird genau jener Kilgore („Charlie surft nicht!“) mit seiner Hubschrauberstaffel ein vietnamesisches Dorf zu den Klängen von Richard Wagners „Walkürenritt“ ausradieren. Schließlich erfährt man in einer weiteren Szene mehr über die Denkweise von Colonel Kurtz, der den in einem Metallkäfig eingesperrten Willard seine Ansicht des Krieges darlegt. Es wird hierbei deutlich, dass weniger oft mehr ist: Brando stattet den größenwahnsinnigen Kurtz mit sehr sparsamer Gestik und Mimik aus, was ihn noch bedrohlicher wirken lässt. Alle neuen Sequenzen lassen den allmählich aufkeimenden Wahnsinn der Protagonisten und die Eskalation von Gewalt und Grauen („The Horror“, wie es im Original heißt) wesentlich plausibler und erschreckender erscheinen. In dieser Form ist es Coppolas definitives Meisterwerk. Cineasten werden beim genauen Hinsehen in zwei Hubschrauber-Innenaufnahmen übrigens Lee Ermey, den Marine-Ausbilder aus Stanley Kubricks „Full Metal Jacket“ (fd 26 400) erkennen. Kubrick verpflichtete für sein Vietnam-Epos noch einen anderen Mitstreiter Coppolas: Co-Drehbuchautor Michael Herr. „Apocalypse Now Redux“ setzt nicht nur inhaltlich, sondern auch bezüglich seiner Bild- und Tonqualität neue Maßstäbe: Neben der Neusynchronisation der hinzugefügten Szenen im Dolby SRD-Format garantieren die Dye-Transfer-Kopien noch sattere Farben.
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