Auf der Kippe (1997)

Dokumentarfilm | Deutschland 1997 | 79 Minuten

Regie: Andrei Schwartz

Dokumentarfilm über eine Zigeuner-Sippe am Rand der rumänischen Stadt Klausenburg, die auf und von einer Müllkippe lebt. Im Mittelpunkt stehen die agilen, lebensfrohen, vor Dreck starrenden Kinder, die nicht nur zum Überleben der Familien beitragen, sondern auch ihre schulischen Herausforderungen meistern. Ein engagierter Film, der nichts beschönigt, sondern eindrucksvoll ein Leben am Rande der Gesellschaft dokumentiert. Zugleich ein Zeugnis der Freundschaft des Regisseurs zu den Menschen, derer sich sein Film annimmt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1997
Produktionsfirma
Wüste Filmprod./ ZDF
Regie
Andrei Schwartz
Buch
Andrei Schwartz
Kamera
Gábor Medvigy
Musik
Costel Ciofu · Crina Lacatus
Schnitt
Zsuzsa Csákány · Teréz Losonci
Länge
79 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
„Auf der Kippe“ leben die Menschen im rumänischen Klausenburg, und von der Kippe leben sie, die Zigeuner, die sich dort illegal angesiedelt haben und hoffen, mit den kargen Einnahmen aus der Resteverwertung der Mülldeponie über die Runden zu kommen. Der rumänische Regisseur Andrej Schwartz, seit den 60er Jahren in Deutschland lebend, hat die 25 Familien besucht und ihr Schicksal dokumentiert, das irgendwo zwischen Dreck und Abfall festgeschrieben und vom Altpapier ebenso abhängig ist wie von den Aluminium-Dosen, deren Sammlung die Woche über so gerade 7000 Lei einbringt – umgerechnet knapp vier Mark, die das Überleben mehr schlecht als recht sichern. Es sind vor allem die Kinder, die es Schwartz angetan haben, sie beobachtet er, ihnen hört er zu. Sie sind die Hauptpersonen, die seinen Film über die „Dallas-Siedlung“ (benannt nach der US-Fernsehserie) prägen. Unglaublich schmutzig sind sie und ungemein lebenslustig. Trotz der harten Arbeit – auch sie grasen die Kippe nach verwertbaren Abfällen ab – können sie sich in der Schule durchsetzen und freuen sich wie alle Kinder über die kleinen Dinge des Lebens, sind jedoch über den Anforderungen des Alltags schon so früh erwachsen geworden, daß von einem wirklich kindgerechten Aufwachsen nicht die Rede sein kann. Da ist die 13jährige Ciula, die bald heiraten wird, zwischenzeitlich jedoch ihre Geschwister versorgt und sich ganz den Gegebenheiten des Clans unterordnen muß; da sind die Kinder, die ihren Spaß daran haben (müssen), mit Ratten zu spielen; da sind die gemeinsamen Kinobesuche, in deren Verlauf ein schmalziges indisches Melodram das eigene Leid vergessen machen läßt.

Schwartz gelang ein ebenso engagierter wie ausgeklügelter Dokumentarfilm, der von der Parteinahme seines Regisseurs zeugt, aber auch von zahlreichen Freundschaften, die während der halbjährigen Dreharbeiten entstanden. Zum Gelingen trägt nicht zuletzt auch die Kameraarbeit von Gabor Medvigy bei, dessen Fotografie schon Béla Tarrs „Satanstango“ (fd 30 808) zu eigenwilligem Reiz verhalf. Schwarz-weiße Sequenzen unterstreichen die Tristesse des Films und dokumentieren ein Leben am Rand des Existenzminimums ebenso wie farblich gedämpfte Szenen die Kindheit „auf der Kippe“ in einem wenig rosigen Licht erscheinen lassen. Ein beispielhafter Dokumentarfilm, der seinerseits jedoch auch seine Beispiele kennt: So scheut sich Schwartz nicht, Robert Flahertys mittlerweile ethnografisch fragwürdiges Eskimo-Epos „Nanuk der Eskimo“ (fd 2 051) zu zitieren, wenn er an Hand einer Schlafszene die triste Idylle der „Dallas“-Zigeuner beschreibt, die ihr Leben scheinbar selbstgenügsam angenommen haben, deren Bedürftigkeit jedoch in jeder Szene des Films zum Ausdruck kommt.
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