Die Regisseurin Nora Fingscheidt erzählt in „Systemsprenger“ von einem Mädchen, dessen
extremes Verhalten auch professionelle Betreuer der Jugendfürsorge
überfordert. Damit
gewann die Filmemacherin bei der „Berlinale“ 2019 den
„Silbernen Bären“; der Film ist auch als deutscher Beitrag für den
„Oscar“ nominiert. Ein Gespräch über extreme Zustände und was sie über die Gesellschaft verraten.
„Systemsprenger“ erzählt von einem Mädchen, das wegen
seiner Aggressivität von der Mutter zu Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtungen
und dann zu einer Pflegefamilie weitergereicht wird. Wie kamen Sie auf den Titel
„Systemsprenger“?
Nora Fingscheidt: Ich bin das erste Mal während der Dreharbeiten für
einen Dokumentarfilm in Stuttgart mit diesem Begriff konfrontiert worden. Da
haben wir ein Jahr lang ein Heim für wohnungslose Frauen begleitet. Eines Tages
zog dort ein 14-jähriges Mädchen ein, was mich total schockiert hat. Die Sozialarbeiterin
sagte nur: „Ach, die Systemsprenger! Die können wir an ihrem 14.
Geburtstag aufnehmen!“ Für mich ist das ein Wort, das extrem kraftvoll klingt
und gleichzeitig etwas wahnsinnig Tragisches beschreibt.