Birthday Girl (2023)

Thriller | Dänemark 2023 | 91 Minuten

Regie: Michael Noer

Eine geschiedene Mutter lädt ihre entfremdete Tochter, die bei ihrem Vater lebt, zum 18. Geburtstag zusammen mit einer Freundin zu einer Kreuzfahrt durch die Karibik ein. Doch schon in der ersten Nacht wird die junge Frau von einem Unbekannten vergewaltigt. Da die Tochter jede Mithilfe bei der Aufklärung verweigert und auch die Crew keine Hilfe ist, setzt die Mutter alles daran, selbst den Täter zu finden. In dem packenden Drama wird zunächst eine komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung beschrieben, um dann die Spannung auf die Tätersuche zu verlegen. Bemerkenswert ist vor allem die komplexe Darstellung der Mutter, die das Richtige will und das Falsche tut. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BIRTHDAY GIRL
Produktionsland
Dänemark
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Nordisk Film
Regie
Michael Noer
Buch
Michael Noer · Jesper Fink
Kamera
Adam Wallensten
Musik
Nils Martin Larsen
Schnitt
Jacob Thuesen
Darsteller
Trine Dyrholm (Nanna) · Flora Ofelia Hofmann Lindahl (Cille) · Herman Tømmeraas (Kevin) · Maja Ida Thiele (Lea) · Keith Eric Chappelle (Jerome)
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
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IMDb | TMDB

Drama um eine Frau, die nach der Vergewaltigung ihrer Tochter bei einer Kreuzfahrt durch die Karibik nach dem Täter sucht.

Diskussion

Es hätte eine schöne Reise werden sollen. Dazu hatte Nanna (Trine Dyrholm) ihre Tochter Cille (Flora Ofelia Hofmann Lindahl) und deren beste Freundin Lea (Maja Ida Thiele) auf eine Kreuzfahrt durch die Karibik eingeladen. Ein Geschenk zum 18. Geburtstag. Doch Cille kann sich darüber nicht so richtig freuen. Sie hat ihrer Mutter nie die Scheidung verziehen, seit der sie bei ihrem wohlhabenden Vater lebt. Nanna hingegen ist fest entschlossen, sich die Reise nicht durch Streitereien oder Spannungen verderben zu lassen. Sie überlässt ihrer Tochter sogar das Armband, mit dem Cille in den Bars und Discos des Schiffes Alkohol trinken darf. Das feierlustige Trio bandelt mit einer norwegischen Junggesellen-Truppe an, unter denen auch der gutaussehende Kevin (Herman Tømmeraas) ist. Doch dann kommt es doch zum Streit und Nanna zieht sich zurück, um mit einem Crew-Mitglied im Maschinenraum zu flirten und Gras zu rauchen.

Am nächsten Morgen findet sie, selbst völlig verkatert, ihre desorientierte Tochter auf dem Deck – mit zerrissenem Slip, geplagt von Schmerzen. Cille ist offensichtlich vergewaltigt worden. Doch beim Schiffsarzt verweigert sie die Untersuchung. Da sich das Schiff in internationalen Gewässern befindet, ist die Polizei nicht zuständig, und auch der Bord-Security sind die Hände gebunden. Cille hingegen hat die Ereignisse der Nacht verdrängt. Nur Nanna will wissen, was wirklich passiert ist.

Nicht zum Opfer machen lassen

Eine junge Frau will sich nicht zum Opfer machen lassen und verweigert die Mithilfe bei der Aufklärung ihrer Vergewaltigung. Das bleibt nicht ohne psychische Folgen, wie es Filme der jüngeren Zeit, etwa „Alles ist gut“ (2018) mit Aenne Schwarz, herausragend gezeigt haben. Doch im dänischen Thriller-Drama „Birthday Girl“ geht es um mehr: um das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Cille, introvertiert und schweigsam, leidet noch immer unter dem Zerfall der Familie, in der sie aufgewachsen ist. Sie gibt ihrer Mutter die Schuld. Nanna hingegen, im Umgang mit anderen egoistisch und herablassend, entdeckt viel zu spät ihre Beschützerinstinkte und versucht alles, um Versäumtes wiedergutzumachen.

Die Kamera von Adam Wallensten verfolgt sie, wie sie energisch durch die Schiffdecks marschiert, die schmalen Treppen rauf und runter eilt, in Bereiche eindringt, in denen sie nichts zu suchen hat, und herrisch verlangt, den Kapitän zu sprechen – ohne zu wissen, wie man vernünftig ermittelt.

Trine Dyrholm wird in diesen Szenen zum Zentrum des Films. Schon mit ihren langen, blonden Haaren zieht sie die Aufmerksamkeit auf sich – ein schöner Gegensatz zu dem frechen Bob, den sie in dem Drama „Königin“ (2019) getragen hat. Ständig geht sie einen Schritt zu weit, ständig verletzt sie Normen. Wenn sie Cille darum bittet, den übermäßigen Alkoholkonsum zu verschweigen, ahnt man, dass es ihr gar nicht so sehr um das Wohl der Tochter zu tun ist, sondern es primär um ihr eigenes Ansehen geht. Traurig und beklemmend ist jene Szene, in der sie sich dem Crew-Mitglied aufdrängt und zurückgewiesen wird. So wird diese Mutter zur komplexen Figur, die das Richtige will und doch das Falsche tut.

Das Schiff als einziger Handlungsort

Einziger Handlungsort ist das Schiff, das man nicht verlassen kann und das durch das internationale Seerecht keine Hilfe von außen gewährleistet. Wie ein autarker Mikrokosmos gleitet es über die Weltmeere. Ein schwimmender Vergnügungstempel, in dem für Sorgen, Probleme oder gar Gewalttaten kein Platz ist. Die Schiffscrew versucht darum, die „Angelegenheit“ unter den Tisch zu kehren und die drei Frauen mit einem Kabinen-Upgrade zu besänftigen. So steigert sich, wie in einem packenden Paranoia-Thriller, langsam die Spannung.

Allerdings überfrachten Regisseur Michael Noer und sein Co-Autor Jesper Fink ihr Drehbuch mit einer komplizierten moralischen Wendung, die sich falsch anfühlt. Doch dieses Manko machen sie mit einer anrührenden Szene wieder wett: Mutter und Tochter tanzen in der Kopfhörer-Disco eng angeschmiegt miteinander. Es ist keine Musik zu hören; die Umwelt scheint ausgeschlossen. Eine seltsam entrückte Atmosphäre legt sich über die Szene. Nanna und Cille haben wieder zusammengefunden.

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