Menschen am Sonntag - Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“

Die „Rote Kapelle“ war eine Erfindung der Nazis. Nach dem Krieg wurden die hingerichteten Widerstandskämpfer aus Berlin im Osten wie im Westen weiter missbraucht. „In Liebe, Eure Hilde“ von Andreas Dresen entwirft jetzt jenseits schnarrender NS-Insignien am Beispiel von Hilde Coppi ein Bild von Menschen, die zwischen Recht und Unrecht noch unterscheiden konnten. Und dann handelten.

Das Gespräch führte Wolfgang Hamdorf

Gerechtigkeit für alle - Nachruf auf Norman Jewison

Der kanadische Regisseur Norman Jewison scheute Zeit seines Lebens nie vor „heißen Eisen“ zurück, die ihm am Herzen lagen. So wurde der Südstaaten-Krimi „In der Hitze der Nacht“ zu seinem berühmtesten Werk. Weitere Erfolge mit sozialen Themen waren das Musical „Anatevka“ oder die Science-Fiction-Dystopie „Rollerball“. Als profilierter Filmemacher setzte Jewison aber ebenso überzeugend auch Liebeskomödien wie „Mondsüchtig“ oder den Pokerfilm „Cincinnati Kid“ um.

Von Chris Schinke

Nur nicht aufgeben! - Katrin Rothe

In den 1930er-Jahren wurde der deutsche Grafiker John Heartfield mit seinen antifaschistischen Fotomontagen weltberühmt. In „Johnny & Me – Eine Zeitreise mit John Heartfield“ lässt ihn die Filmemacherin Katrin Rothe als Legetrick-Animation aus Pappkarton wiedererstehen. In seinem Schicksal verbinden sich politische Kunst, Widerstand und der lebenslange Kampf gegen Faschismus.

Das Gespräch führte Wolfgang Hamdorf

Das Verlangen entsteht im Kopf - Catherine Breillat

Die französische Regisseurin Catherine Breillat gilt als Provokateurin, die mit ihren freimütigen Darstellungen von weiblicher Sexualität und den Widersprüchen zwischen den Geschlechtern regelmäßig aneckt. Ihr neuer Film „Im letzten Sommer“ greift die Beziehung einer 50-jährigen Anwältin mit ihrem 17-jährigen Stiefsohn auf. Ein Gespräch über Tabus, Widerspruchsgeist und die Anreicherung einer fremden Vorlage mit eigenen Vorstellungen.

Das Gespräch führte Michael Ranze

Zum Tode von Tom Wilkinson (5.2.1948-30.12.2023)

Der britische Bühnendarsteller Tom Wilkinson wurde im mittleren Alter ein hochbegehrter Charaktermime im Kino, der nach seinem Auftritt als Amateur-Stripper in „Ganz oder gar nicht“ 25 Jahre lang in zahlreichen Filmrollen glänzte. Zuverlässig und vielseitig füllte er autoritäre Charaktere ebenso aus wie Sympathieträger und glänzte besonders dort, wo vermeintlich gefestigte Männer vor den Augen der Zuschauer von Schicksalsschlägen aus dem Gleichgewicht gebracht wurden.

Von Marius Nobach

Königinnen unter sich - Sofia Coppola

Rund 25 Jahre, nachdem sie mit „The Virgin Suicides“ erstmals von sich reden machte, sorgt Sofia Coppola derzeit mit ihrem neuen Film „Prisiclla“ für Aufsehen. Einmal mehr setzt sich die Filmemacherin darin mit einer weiblichen Coming-of-Age-Geschichte auseinander und blickt aus weiblicher Perspektive auf ein Stück Popkultur. Mit ihren Arbeiten ist sie zur Wegbereiterin für eine neue Generation von Filmemacherinnen mit eigenen Perspektiven, Visionen und Ausdrucksweisen geworden.

Von Sofia Glasl

Trotz allem mit Liebe filmen - Erinnerungen an Otar Iosseliani

Die Welt ist eigentlich zu hässlich, als dass sie die Zärtlichkeit und Zuneigung verdient hätte, mit der Otar Iosseliani auf sie geblickt hat. Obwohl er nicht an die Veränderbarkeit der Wirklichkeit glaubte, rückte er das Unscheinbare und Beiläufige ins Zentrum seiner Filme. Und auch wenn Aufbruch und Scheitern darin eng verwandt sind wie Komik und Tragik, dominierte stets der Wunsch, gut gelebt zu haben, bevor man stirbt. Nachruf auf einen heiteren Melancholiker.

Von Patrick Holzapfel

In Memoriam… 2023

Zu den Übergangsritualen ins neue Jahr gehört auch der Rückblick auf verstorbene Filmschaffende. Das ist mehr als eine pflichtschuldige Übung, die verdienstvollen Akteuren posthum Respekt zollt. Die kleinen Wort-Stelen halten vielmehr die bleibenden Verdienste der Künstlerinnen und Künstler fest, die sich auf ihre Weise ins Reich der bewegten Bilder eingeschrieben haben. Ohne sie würden die Leinwände weniger funkeln. Ihr Andenken öffnet zudem den Raum der Filmgeschichte, ohne deren Kontexte vieles Neue gar nicht denkbar wäre.

Von Marius Nobach